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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
Autoren: William R. Forstchen
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Kopf.«
    O’Donald rieb sich die Kopfhaut und lächelte.
    »Hat mich von hinten geschlagen, mit einem Stuhlbein.«
    »Nie im Leben – es war mein guter Trinkkrug, und an Ihrem dicken Schädel ist er zerbrochen!«
    »Gentlemen, Achtung!«, knurrte Andrew.
    Er blickte zum Zug und salutierte.
    Kalencka – Präsident Kal, wie ihn alle liebevoll nannten -blickte mit breitem Grinsen von der Wagenplattform zu ihnen herab, obwohl man sah, dass er von der langen Zugfahrt immer noch ein bisschen unsicher auf den Beinen war.
    Andrew fiel es schwer, sich ein Lächeln über Kals Erscheinung zu verkneifen. Das nahezu mythische Ansehen Abraham Lincolns bei den Männern der Unionsarmee hatte auf die Rus abgefärbt, vernahmen sie doch endlose Anekdoten über die Weisheit und das Mitgefühl des geliebten Präsidenten sowie seinen Stil, der Verständnis für die einfachen Menschen verriet, aus deren Reihen er selbst stammte. Wie Kal nun vor den anderen stand, trug er den berühmten Kinnbart Lincolns, zu dem er den traditionellen, fließenden Bart der Rus zurückgestutzt hatte. Er hatte sich sogar den zerknitterten schwarzen Mantel zugelegt und diese Hose, das weiße Hemd und den Zylinder – was, wie Andrew vermutete, nun für immer die angemessene Uniform eines Präsidenten in der Vorstellung der Rus bleiben würde. Alles in allem war das ein wenig alberner Anblick an Kals rundlicher, einsfünfundsechzig großer Gestalt, und doch konnte sich Andrew nicht des Gefühls erwehren: sollte der echte Abe einmal auf diese seltsame Welt verschlagen werden, könnten er und Kal mühelos zusammensitzen und bis tief in die Nacht geistreiche Bemerkungen austauschen.
    Andrew ertappte sich dabei, wie seine Gedanken zu dem Tag zurückwanderten, an dem Lincoln neben seinem Krankenhausbett stand und so freundlich und mit solch aufrichtiger Sorge plauderte, nachdem er ihm für sein Handeln bei Gettysburg die Ehrenmedaille verliehen hatte. Geistesabwesend fasste Andrew an den leeren linken Ärmel, das immer gegenwärtige Andenken an jenen Tag bei Gettysburg; gleichzeitig blickte er zu Kal hinauf, dessen rechter Ärmeln ebenfalls leer war.
    Der Eindruck von Lincoln hatte sich bei Kal verfestigt während jenes Wahlkampfes im vergangenen Sommer, als er gegen Andrew um die Präsidentschaft kämpfte. Andrew wusste damals, dass die Entscheidung schon feststand; er beteiligte sich nur, weil seine Männer darauf bestanden hatten, aber ihm war von Anfang an klar, dass er nicht den Schatten einer Chance hatte gegen den Lieblingssohn Suzdals. Falls überhaupt etwas, dann diente seine Beteiligung mehr als staatsbürgerliche Lektion in einem Mehrparteiensystem für die jüngst befreiten Rus und weniger einer ernsthaften Bemühung um einen Job, den er gar nicht übernehmen wollte. Er hatte sogar gehofft – törichterweise, wie er wusste –, dass er sich aus dem Militär zurückziehen und die Position des Präsidenten an dem kleinen College übernehmen konnte, das die Männer gegründet hatten, damit dort Technik, Landwirtschaft, Medizin und Metallurgie gelehrt würden. Kal bestand jedoch darauf, dass Andrew das Amt des Vizepräsidenten übernahm und dazu das Kriegsministerium. Vollständig wurde das Kabinett durch etliche weitere Männer aus Maine: Bill Webster, der Banker, leitete das Ressort für Finanzen; Emil übernahm das Ministerium für Medizin und öffentliches Gesundheitswesen; Bob Fletcher, Erbauer der ersten Kornmühle, war heute für die Landwirtschaft zuständig; und Mina war Industrieminister.
    »Rührt euch, meine Freunde«, flüsterte Kal befangen, während er von der Plattform stieg. »Ihr wisst doch alle, dass ich diese dummen Zeremonien nicht ertrage.«
    Noch während er redete, startete die versammelte Musikgruppe ungleichmäßig eine dissonante Wiedergabe von »Hail to the Chief«, ein weiterer Import aus der Welt, die sie zurückgelassen hatten. Das 5. Suzdalische – inzwischen ungeachtet von Vincents Protesten liebevoll als Hawthornes Garde bezeichnet – stand in Doppelreihe hinter Vincent; die Männer nahmen beim ersten Ton zackig Haltung an, senkten ihre ausgefranste Gefechtsstandarte zu Boden und hielten das neue Emblem der Rus-Republik hoch in die Luft.
    »Wir müssen die andere Seite beeindrucken«, flüsterte Andrew und beugte sich zu Kal vor, als dieser von dem Wagen stieg. »Sie geben viel auf solche Sachen.«
    Kal nickte und wartete befangen ab, während die letzten Klänge des Stücks ertönten. Er wollte gerade vortreten, als
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