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Das verlorene Gesicht

Das verlorene Gesicht

Titel: Das verlorene Gesicht
Autoren: Iris Johansen
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Sie
müssen mir dafür nur zwei Wochen Ihrer Zeit zur
Verfügung stellen.«
»Woher wissen Sie, dass das Haus gemietet ist?« »Andere Leute waren weniger loyal als Ihre Freunde bei
der Polizei.« Er musterte ihren Gesichtsausdruck. »Sie
mögen es nicht, wenn über Sie Nachforschungen
angestellt werden.«
»Da haben Sie verdammt Recht.«
»Ich kann es Ihnen nicht verübeln. Mir würde es
genauso gehen.«
»Aber Sie haben es dennoch gemacht.«
Er wiederholte das Wort, das sie ihm gegenüber benutzt
hatte. »Notwendigkeit. Ich musste wissen, mit wem ich es
zu tun habe.«
»Dann haben Sie sich vergeblich bemüht. Sie haben
nichts mit mir zu tun.«
»Das Geld reizt Sie nicht?«
»Halten Sie mich für verrückt? Natürlich reizt es mich.
Ich bin arm wie eine Kirchenmaus aufgewachsen. Aber
mein Leben dreht sich nicht um Geld. Ich kann mir meine
Aufträge aussuchen und Ihren will ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Er interessiert mich nicht.«
»Weil es nicht ein Kind betrifft?«
»Teilweise.«
»Es gibt noch andere Opfer als Kinder.«
»Aber nicht so hilflose.« Sie überlegte. »Ist Ihr Mann ein
Opfer?«
»Möglich.«
»Mord?«
Er schwieg einen Moment. »Wahrscheinlich.« »Und Sie sitzen hier und bitten mich, Sie an den
Schauplatz eines Mordes zu begleiten? Was soll mich
davon abhalten, die Polizei anzurufen und denen zu
erzählen, dass John Logan in einen Mord verwickelt ist?« Er lächelte schwach. »Ich würde es leugnen. Ich würde
ihnen erzählen, dass ich davon ausging, die Knochen von
dem Naziverbrecher, dessen Grab in Bolivien gefunden
wurde, von Ihnen untersuchen zu lassen.« Er ließ einige Augenblicke verstreichen. »Und dann würde ich alle Hebel in Bewegung setzen, Ihre Freunde bei der Kripo Atlanta als
Trottel dastehen zu lassen oder sogar als Kriminelle.« »Sie sagten doch, denen könnte man keinen Vorwurf
machen.«
»Aber das war, bevor ich gemerkt habe, wie sehr Sie die
Sache beunruhigt. Sie sehen, die Loyalität kann
verschiedene Wege gehen. Jeder benutzt die Waffen, die
ihm zur Verfügung stehen.«
Ja, das würde er tun, dachte sie. Selbst während er sich
mit ihr unterhielt, hatte er sie beobachtet und jede ihrer
Fragen und Antworten abgewägt.
»Aber ich habe kein Bedürfnis, das zu tun«, fuhr er fort.
»Ich bemühe mich, Ihnen gegenüber so ehrlich zu sein,
wie ich kann. Ich hätte Sie belügen können.«
»Man kann auch lügen durch Weglassen und im Grunde
erzählen Sie mir gar nichts.« Sie starrte ihm direkt in die
Augen. »Ich traue Ihnen nicht, Mr Logan. Glauben Sie
etwa, Sie sind der Erste, der zu mir kommt, um ein Skelett
identifizieren zu lassen? Vergangenes Jahr besuchte mich
ein Mr Damaro. Er bot mir einen Haufen Geld dafür, nach
Florida zu fahren und ein Gesicht an einem Schädel zu
rekonstruieren, der sich angeblich zufällig in seinem
Besitz befand. Er behauptete, ein Freund habe ihm den
Schädel aus Neuguinea geschickt. Als ich die Kripo in
Atlanta anrief, stellte sich heraus, dass Mr Damaro in
Wirklichkeit Juan Camez hieß und ein Drogendealer aus
Miami war. Sein Bruder war zwei Jahre vorher
verschwunden und es wurde vermutet, dass er von einer
rivalisierenden Organisation getötet wurde. Der Schädel
war Camez als Warnung geschickt worden.«
»Ergreifend. Vermutlich haben auch Drogendealer
Gefühle für ihre Familienangehörigen.«
»Ich finde das überhaupt nicht lustig. Erzählen Sie das
mal den Jugendlichen, die sie süchtig machen.«
»Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Aber ich
versichere Ihnen, dass ich keinerlei Verbindungen zum
organisierten Verbrechen habe.« Er verzog das Gesicht.
»Na ja, hin und wieder habe ich auch schon einen
Buchmacher aufgesucht.«
»Soll mich das entwaffnen?«
»Um Sie zu entwaffnen, bedürfte es wahrscheinlich
eines weltweiten Abkommens.« Er erhob sich. »Meine
zehn Minuten sind vorüber und ich möchte nicht
aufdringlich sein. Sie können sich mein Angebot durch
den Kopf gehen lassen, ich werde Sie demnächst anrufen.« »Ich habe schon darüber nachgedacht. Die Antwort
lautet nein.«
»Wir haben ja erst mit den Verhandlungen begonnen.
Wenn Sie nicht darüber nachdenken wollen, ich werde es
tun. Es muss etwas geben, das ich Ihnen anbieten kann
und das Ihnen den Job schmackhaft macht.« Er sah sie mit
zusammengekniffenen Augen an. »Irgendwas an mir geht
Ihnen gegen den Strich. Was ist es?«
»Nichts. Außer der Tatsache, dass Sie eine Leiche
haben, von der kein anderer etwas wissen soll.«
»Keiner außer Ihnen. Sie sollen sehr wohl davon
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