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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme
Autoren: Boris Koch
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Hatte der eine Schwarzhändler nicht gesagt, Finta würde morgen herkommen? Dem würden sie entgegengehen und eine böse Überraschung bereiten.
    Finta zu überraschen, war einfacher als gedacht. Er kam allein zu Pferd und verließ die Straße von Rhaconia dort, wo der Trampelpfad zur noch mehrere Meilen entfernten Ruine abzweigte. Der Pfad, der wohl ehedem eine Straße gewesen war.
    Aiphyron und Ben brachen aus dem Gebüsch hervor, die anderen stürzten vom Himmel herab und hatten Finta eingekreist, bevor er auch nur reagieren konnte.
    Fintas Pferd scheute, doch er hielt sich geschickt im Sattel.
    »Du?«, stieß er hervor, als er Ben erkannte, und erbleichte.
»Ich dachte, du bist tot.« Dann verzog er das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Aber es ist schön, dich am Leben zu …«
    »Warum?«, unterbrach ihn Ben barsch.
    »Wie kannst du das fragen? Weil du mein Freund bist.«
    »Warum hast du es getan?«, schrie Ben und deutete auf Aiphyrons Schulterknubbel. So fest hatte er sich vorgenommen, kalt und überlegen zu sein, doch vor Wut und Enttäuschung konnte er nicht ruhig bleiben. Hatte er sich wirklich einen Moment lang gewünscht, dieser Mann könnte sein Vater sein? Fortan konnten ihm alle Väter der Welt gestohlen bleiben!
    »Ich …« Finta blickte reihum und erkannte in den abweisenden Gesichtern, dass sie es wussten. In diesem Moment musste ihm klar geworden sein, dass Leugnen nichts nützte.
    »Für meine Familie«, murmelte er. Dann räusperte er sich und sprach lauter weiter, trotzig. »Für meine kleine Mircah, damit ich sie noch nicht verheiraten muss. Nicht so früh und nicht an den Sohn von Herrn Xabon, nur weil ich meine Schulden bei ihm nicht zurückzahlen kann! Damit ich etwas Geld hereinbekomme, bevor mir mein ganzer Besitz von den Gläubigern genommen wird. Nur wegen des Sturms! Was kann ich denn dafür?«
    »Aber wir haben dich gerettet!«
    »Deshalb habe ich auch keinen von euch verraten!« Finta sah ihn nachdrücklich an. »Nicht einen Moment habe ich daran gedacht, euer Kopfgeld zu kassieren. Ich wollte nicht, dass der Orden dich fängt. Und Mircah habe ich lange erklärt, dass sie nicht sauer sein darf auf dich. Dass du kein Verräter bist, wie sie glaubt, sondern wirklich mein Retter.«
    »Es geht nicht um mich! Es geht um Aiphyron!«, brüllte Ben. Wie konnte Finta glauben, dass Mircahs Meinung über
ihn hier eine Rolle spielte? Dass es ihn interessierte, was sie zu sagen hatte?
    »Ich brauchte Geld, verdammt!«, fuhr Finta auf. »Wisst ihr eigentlich, wie viel so ein schöner großer Drache einbringt? Vielleicht war es nicht ganz richtig, was ich getan habe, aber ihr hattet doch noch mehr Drachen …«
    »Was?«, schrie Ben. Er hörte, wie die anderen ebenfalls aufschrien, derb fluchten oder mit den gewaltigen Zähnen knirschten, doch sie hatten versprochen, ihn reden zu lassen, und hielten sich zurück. »Du hast ihm die Flügel abgeschlagen! «
    »Ja, aber doch nur, weil du es mir gesagt hattest. Du sagtest, auf ihnen liegt kein Fluch, aber wer einen Drachen unterwerfen will, muss ihm die Flügel abschlagen. Ich wusste doch nicht, warum sie euch vieren auch mit den Flügeln gehorchen, das hast du mir nicht verraten. Außerdem hätte ich ihn mit Flügeln nicht verkaufen können, wegen der Lügen des Ordens über den angeblichen Fluch Samoths. Lügen, die wir beide nicht glauben. Wir stehen doch beide gegen den verbrecherischen Orden, der die Drachen alle fälschlicherweise für sich beansprucht. Dabei sollte jeder ein Recht auf einen Drachen haben, auch ein Waisenjunge wie du. Gemeinsam gegen den Orden, ja?« Hoffnungsvoll blickte Finta ihn an.
    »Aber du arbeitest mit dem Orden zusammen! Ich habe den roten Umhang in der Bucht gefunden.«
    »Umhang?« Finta hob fragend die Hände, doch in seinen Mundwinkeln zuckte es.
    Ben begriff. Der Umhang hatte nur dazu gedient, sie auf eine falsche Spur zu bringen. Und er war natürlich wie ein Trottel darauf reingefallen. »Vergiss es. Aber versteh endlich, die Drachen gehorchen uns nicht, sie sind unsere Freunde!«

    Hatte Finta wirklich so wenig begriffen? Nichts, rein gar nichts. Niemand hatte ein Recht auf einen Drachen! Mit seiner elenden Krämerseele hatte er sich die Wahrheit so zurechtgebogen, dass eine Möglichkeit übrig blieb, Geld zu verdienen. Alles, was Ben neben seinem Zorn noch empfinden konnte, war Verachtung.
    »Meinetwegen, Freunde. Wie ein treuer Hund oder mein Pferd hier. Aber es sind doch keine Menschen, oder? Es sind
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