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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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der Politik herausgerissen. Zweiunddreißig, ebenmäßiges, ernstes Gesicht, dunkelhaarig, eher attraktiv als schön. Kämpferisch, streitbar, immer elegant. Heute trug sie ein enganliegendes grünes Kostüm. Teuer. Die Frisur schien sie von dem Foto auf Hartmanns Schreibtisch übernommen zu haben. Jackie Kennedy um 1963, das lange Haar um den schlanken Hals geschwungen, scheinbar lässig, obwohl keine Strähne je aus der Reihe tanzte.
    »Präsidentenbegräbnisfrisur« nannte Weber es, wenn auch nur hinter ihrem Rücken. Anfangs hatte Rie Skovgaard nicht so ausgesehen.
    Morten Weber war der Sohn eines Lehrers aus Aarhus. Skovgaard verfügte über bessere Beziehungen. Ihr Vater war ein einflussreicher Hinterbank-Abgeordneter. Bevor sie zu den Liberalen wechselte, war sie Account Executive der Kopenhagener Niederlassung einer New Yorker Werbeagentur gewesen. Jetzt pushte sie Hartmann, sein Image, seine Ideen, ganz ähnlich, wie sie früher Lebensversicherungen und Supermarktketten verkauft hatte.
    Ein ungleiches Team, schwierig manchmal. War sie eifersüchtig auf Weber? Darauf, dass er ihr zwei Jahrzehnte voraushatte, sich im Parteisekretariat der Liberalen hochgearbeitet hatte, der Mann im Hintergrund, während Hartmanns nettes Lächeln und sein einnehmendes Wesen Publicity und Stimmen brachten? Rie Skovgaard war dagegen die Newcomerin, sie witterte Chancen, Ideologien langweilten sie.
    »Die Diskussion heute Mittag. Wir brauchen Plakate vor der Schule«, sagte sie in ruhigem, professionellem Ton. »Wir brauchen …«
    »Schon erledigt«, sagte Weber und zeigte auf den Bildschirm.
    Es war ein trüber Tag. Regen und Wolken. Aus den Fenstern sah man auf die Fassade des Palace Hotel. Nachts warf die blaue Neonschrift ein eigenartiges Licht in den Raum.
    »Ich hab heute Morgen gleich einen Wagen hingeschickt.«
    Sie verschränkte ihre dünnen Arme.
    »Du denkst wirklich an alles, Morten.«
    »Das muss ich auch.«
    »Was soll das heißen?«
    »Bremer.« Es klang wie ein Schimpfwort. »Die Stadt gehört schließlich nicht zufällig ihm.«
    »Nicht mehr lange«, schaltete sich Hartmann ein.
    »Hast du die neuesten Umfragewerte gesehen?«, fragte Skovgaard.
    Hartmann nickte. »Sehen gut aus. Besser als erhofft.«
    Morten Weber schüttelte den Kopf.
    »Die hat Bremer auch gesehen. Und der wird nicht auf seinem bequemen Arsch sitzen bleiben und sich sein Reich wegnehmen lassen. Das Rededuell heute Mittag, Troels. In einer Schule. Das wird ein Heimspiel. Da kommen die Medien.«
    »Apropos Schulen«, unterbrach Skovgaard. »Letztes Jahr haben wir zusätzliche Mittel für mehr Computer beantragt. Einen besseren Netzzugang. Aber Bremer hat das abgeblockt. Seitdem ist der Krankenstand an den Schulen um zwanzig Prozent gestiegen. Damit können wir ihn konfrontieren …«
    »Er hat das persönlich abgeblockt?«, fragte Hartmann. »Weißt du das genau?«
    Ein leises, spitzbübisches Lächeln.
    »Ich hab ein paar vertrauliche Protokolle ergattert.«
    Wie eine schuldbewusste Schülerin schwenkte Skovgaard die zarten Hände über den Papieren, die vor ihr auf dem Tisch lagen.
    »Da steht’s, schwarz auf weiß. Ich kann was davon durchsickern lassen, wenn es sein muss. Da findet sich auch sonst jede Menge, womit wir ihn konfrontieren können.«
    »Können wir den Scheiß bitte lassen?«, giftete Weber. »Die Leute erwarten etwas Besseres von uns.«
    »Die Leute erwarten, dass wir verlieren, Morten«, antwortete Skovgaard prompt. »Und das will ich ändern.«
    »Rie…«
    »Wir werden’s schaffen«, unterbrach Hartmann. »Und zwar auf saubere Art. Ich hab mich zum Frühstück mit Kirsten Eller getroffen. Ich glaube, die wollen das Spiel mit uns machen.«
    Die beiden anderen schwiegen. Dann fragte Skovgaard: »Die sind an einem Wahlbündnis interessiert?«
    »Ein Bündnis mit Kirsten Eller?«, knurrte Weber. »O Gott. Ein Pakt mit dem Teufel …«
    Hartmann lehnte sich zurück und schloss die Augen, glücklich wie seit Tagen nicht mehr.
    »Die Zeiten haben sich geändert, Morten. Poul Bremer verliert an Rückhalt. Wenn Kirsten sich mit ihrem nicht unerheblichen Gewicht für uns starkmacht …«
    »Dann haben wir eine Koalitionsmehrheit«, ergänzte Skovgaard strahlend.
    »Das will gut überlegt sein«, sagte Weber.
    Sein Handy klingelte, und er ging damit ans Fenster.
    Troels Hartmann überflog die Unterlagen, die Skovgaard für ihn vorbereitet hatte, ein Briefing für das Duell.
    Sie rückte ihren Stuhl neben seinen, um mitlesen zu
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