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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer
Autoren: Elizabeth Hunter
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Neugier.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich fange nicht an zu weinen, falls Sie das befürchten. Das alles ist schon lange her.«
    »Trotzdem möchte ich mich entschuldigen. Guten Abend, Beatrice.« Er verließ den Saal und huschte fast lautlos über den dunklen Flur.
    Im muffigen Treppenhaus atmete er die feuchte Luft tief ein, um herauszufinden, wer sonst noch zugegen war. Zufrieden damit, allein zu sein, stieg er schnell ins Erdgeschoss hinab und durchquerte den noch immer vollen Hauptlesesaal. Als er sich dem gläsernen Eingang näherte, sah er Beatrice in der Spiegelung der getönten Scheibe neben dem Aufzug in der Eingangshalle stehen und ihn mit offenem Mund anstarren. Ohne sich umzudrehen, trat er in den dunklen Abend hinaus und schlenderte zum Parkplatz neben der Bibliothek.
    Dort lehnte Caspar mit glimmender Zigarette am schwarzen Mercedes.
    »War es ein guter Abend, Gio?«
    Giovanni sah seinen alten Freund stirnrunzelnd an, schnippte ihm die Zigarette aus dem Mund, pflanzte sich vor ihm auf und blickte beim Reden auf ihn herab.
    »Ich mag keine Zigaretten. Ich dachte, du hättest das Rauchen aufgegeben?«
    Caspar sah mit boshaftem Lächeln auf. »Falls ich nur achtzig Jahre lebe, will ich sie genießen.«
    Giovanni schien etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber den Kopf, glitt ins Dunkel der nahezu fabrikneuen Limousine, zog Lederhandschuhe aus seiner Umhängetasche, streifte sie über und verschränkte die Arme, während sein Freund sich ans Steuer setzte.
    »Wünsche?« Caspar fummelte an der Stereoanlage herum, während Giovanni den dunklen Parkplatz musterte.
    »Sind die Fugen von Bach noch drin?«
    »Allerdings.«
    Caspar schaltete den CD -Player an, und schon erfüllten mal lebhafte, mal melancholische Klaviertöne den Wagen. Giovanni saß reglos da und lauschte verzückt der modernen Aufnahme eines seiner liebsten Musikstücke.
    »Mrs Martin war heute Abend nicht in der Bibliothek«, sagte er leise und mit überraschend starkem Akzent.
    »Ach? Sonst alles in Ordnung?«
    Er zuckte die Achseln. »Geh der Sache morgen nach. Ruf an und finde heraus, warum sie ihre Dienststunden gewechselt hat. Falls es sich bloß um eine Familienangelegenheit handelt, ist es für uns nicht von Belang.«
    »Selbstverständlich.«
    Der Wagen hielt praktisch geräuschlos auf den Buffalo Bayou zu.
    »Aber gib mir Bescheid, falls mehr dahintersteckt.«
    »Ich kümmere mich darum.«
    Schon hielten sie am Tor, und die schmiedeeisernen Flügel öffneten sich. Giovanni zog seinen Stift heraus, ließ damit das Fenster herunter und genoss den Fahrtwind auf der letzten Strecke bis zum Haus. An diesem Abend lag der schwere Geruch von Clematis und Rosen in der Luft, und es roch intensiv nach gemähtem Gras.
    »Die Gärtner sind früh gekommen«, bemerkte er.
    Caspar nickte. »Stimmt. Es soll heute Abend regnen.«
    »An der Aufsichtstheke ist eine neue Angestellte.«
    »Ach ja?« Caspar hielt am Hintereingang, damit sein Chef aussteigen konnte, ehe er den Wagen in die Garage fuhr.
    »Ein Mädchen. Eine Studentin. Beatrice De Novo. Überprüf sie auch.«
    »Natürlich. Willst du etwas Spezielles wissen?«
    Er öffnete die Tür, nahm seine Umhängetasche und stieg aus. »Da ist was mit dem Vater. Er kam vor zehn Jahren in Italien ums Leben. Sag mir Bescheid, falls dir daran etwas seltsam erscheint.«
    »Ich kümmere mich darum.«
    Giovanni stieg aus, legte die Hand auf die Tür und beugte sich noch einmal zu seinem Freund hinunter.
    »Ich schwimme ein bisschen und bin den Rest des Abends im Musikzimmer. Ich brauche nichts mehr. Schlaf gut.«
    Damit richtete er sich auf, schlug die Beifahrertür zu, überquerte den Hof mit seinem plätschernden Springbrunnen und betrat das dunkle Haus.
    Caspar parkte den Wagen in der Garage, stieg aber nicht aus, sondern strich gedankenverloren über das Lenkrad.
    »Er wird besser, Liebling. Diesmal hätte er fast den Türpfosten erwischt, aber das ist ihm natürlich nicht aufgefallen.«
    Mit leisem Lachen stieg er aus, schloss die Garage ab, ging ins Haus, schaltete alle Lichter in der Küche ein, ging rasch die Post durch, trennte die Rechnungen von der umfangreichen Korrespondenz seines Arbeitgebers, löschte dann alle Lichter bis auf eines und begab sich zur Bibliothek im zweiten Stock.
    Dort schenkte er sich einen Brandy ein und machte es sich mit der Erstausgabe von
Eine Studie in Scharlachrot
gemütlich, einem Geschenk von Giovanni zum sechzigsten Geburtstag. Um auf ein Kaminfeuer zu
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