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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer
Autoren: Elizabeth Hunter
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sehr wohl in der Lage sein, Dr. Vecchio.«
    Er spürte sein Lächeln im Gesicht. »Ich wollte nicht unhöflich sein … Verzeihung, wie hießen Sie gleich?«
    »Nennen Sie mich einfach B«, sagte sie und blickte rasch auf einige handgeschriebene Notizen.
    Von seinem Platz aus erkannte Giovanni die vertraute Handschrift von Mrs Martin.
    »B? Wie der zweite Buchstabe des lateinischen Alphabets?« Er trat näher an den Schreibtisch.
    »Nein, wie der im etruskischen Alphabet«, brummte sie und sah auf. »Und Mrs Martin hat hier unten noch eine kleine Notiz hinterlassen.«
    »Nämlich?« Er wartete gespannt, was die Bibliothekarin ihrer Nachfolgerin gegenüber für erwähnenswert hielt.
    »Hmm, hier steht bloß: ›Er kommt jede Woche. Nur zu.‹« Der Blick des Mädchens wanderte von seinen handgefertigten Schuhen über die groß gewachsene Gestalt bis hoch zu den umwerfend blaugrünen Augen. »Vielen Dank, Char, wirklich«, sagte sie lächelnd.
    Der beifällige Blick ließ ihn schmunzeln. Ihr kleines, rubinrotes Nasenpiercing reflektierte die Neonbeleuchtung. Ihre Augen waren mit schwarzem Eyeliner geschminkt, ihre Haut war sehr hell, und obwohl sie kein im klassischen Sinne schönes Gesicht hatte, hatte er ihre Züge schon von fern auffällig gefunden.
    »Ich hab Sie am Freitagabend gesehen!«, stieß sie hervor. »Als ich eine Freundin nach ihrer Schicht abholen wollte, kamen Sie aus der Bibliothek.«
    Er wandte den Blick von ihr ab auf die Tür und strich sich die schwarzen Locken zur Seite, die ihm wieder einmal in die Stirn gefallen waren. »Möglich. Ich arbeite hier gern abends.«
    Sie zuckte die Achseln. »Offensichtlich.«
    »Wieso? Warum offensichtlich?«
    Sie hob die Brauen. »Vielleicht weil Sie jetzt erst gekommen sind? Und nicht schon mittags?«
    Er blinzelte. »Natürlich.«
    »Und was machen Sie so?«
    »Ich?«
    Das Mädchen schnaubte und blickte sich in dem leeren Saal um. »Ja.«
    Er öffnete den Mund und hätte ihr beinahe die Wahrheit gesagt, um die Reaktion des ungewöhnlichen Geschöpfs zu erleben.
    »Ich … forsche.«
    Sie stand auf und schien damit zu rechnen, dass er fortfuhr. Als er das nicht tat, lächelte sie höflich und streckte ihm die Hand hin. »Nun, sehr schön, Sie kennenzulernen.«
    Er zögerte kurz, ehe er ihre Hand ergriff.
    »Ebenso …« Er runzelte die Stirn ein wenig. »Und wie heißen Sie wirklich?«
    »Warum?«
    »Ich …« Giovanni wusste nicht, warum er das wissen wollte – vielleicht nur, weil sie es ihm anscheinend nicht sagen wollte. Also warf er ihr sein charmantestes Lächeln zu und jubelte innerlich, als er ihr Herz schneller schlagen hörte.
    Sie verdrehte die Augen. »Mein›wirklicher‹Name ist Beatrice, aber den hasse ich. Nennen Sie mich also bitte bloß B – alle anderen tun das auch, sogar Dr. Christiansen«, setzte sie hinzu und meinte damit den sehr förmlichen Direktor der Sondersammlungen.
    »Natürlich«, erwiderte er mit einem matten Lächeln. »Ich war bloß neugierig. Allerdings möchte ich Ihnen sagen, dass ich Beatrice für einen schönen Namen halte.« Er achtete darauf, ihn italienisch auszusprechen.
    Sie verdrehte erneut die Augen und versuchte, sich ein Lächeln zu verkneifen. »Gut, danke. Was kann ich Ihnen heute Abend bringen, Dr. Vecchio?«
    »Das tibetische Manuskript, bitte.«
    »Sofort.« Sie gab ihm ein kleines Bestellformular und zog Seidenhandschuhe aus der Schublade, wie sie für die Arbeit mit den alten Dokumenten der Sammlung erforderlich waren.
    Er nahm an einem Tisch des fensterlosen Raumes Platz und breitete seine Notizbücher, eine Schachtel Stifte und einige in Mandarin beschriebene Blätter für Tenzin aus. Nach ein paar Minuten kam Beatrice aus dem Magazin, stellte die graue Pappschachtel mit dem tibetischen Buch aus dem fünfzehnten Jahrhundert behutsam auf den Tresen und vergewisserte sich, dass die Tür zum klimatisierten Lager geschlossen und abgesperrt war, ehe sie um den Tresen herum zu Giovanni trat.
    »Es gibt ein Buch, das du für mich kopieren musst«, hatte Tenzin gebeten.
    »Warum brauchst du eine Kopie? Gibt es denn keine Übersetzung davon?«
    »Nein, ich will dieses Exemplar. Es befindet sich in Houston. Bist du nicht neulich dorthin gezogen?«
    Er runzelte die Stirn. »Ich bin nicht hierher gezogen, um Bücher für dich zu kopieren, Vogelmädchen.«
    »Woher willst du das wissen? Vielleicht war genau das der Grund für deinen Umzug.«
    »Zehn –«
    »Ich muss fliegen. Sei ein guter Schreiber und kopiere es
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