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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer
Autoren: Elizabeth Hunter
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Bucht an und eilte zur ersten Stunde.
    Eigentlich hatte Beatrice den ganzen Tag das Gefühl zu hetzen, und als sie um vier in die Bibliothek kam, war sie fix und fertig. Sie nahm den störungsanfälligen Aufzug in den vierten Stock und deponierte ihre Bücher in dem kleinen Büro, das sie mit ihrer Vorgesetzten teilte.
    »B?«, hörte sie Charlotte aus dem Kopierraum rufen.
    »Ja, Char. Entschuldige, dass ich so spät dran bin, aber –«
    »Ach, mach dir darüber keine Sorgen«, sagte Charlotte Martin auf dem Weg zur Aufsichtstheke, wo Beatrice den Computer hochfuhr und sich in das Bibliothekssystem einloggte. »Heute ist Mittwoch«, setzte sie grinsend hinzu.
    »Stimmt.«
    »Und das heißt, du musst heute lange arbeiten.«
    »Nein!« Beatrice schnappte nach Luft. »Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Lügnerin.« Charlotte machte eine Kunstpause. »Und – hattest du etwas Glück mit dem geheimnisvollen Dr. Vecchio?«
    »Was? Warum fragt mich heute jeder nach ihm? Hast du dich mit meiner Großmutter verabredet?«
    Charlotte lachte. »Nein! Ich bin bloß neugierig. Du siehst ihn nun seit … seit drei Wochen? Ich möchte wissen, was du denkst. Er ist nämlich ein ziemliches Rätsel für die gesamte Bibliothek.«
    »Bibliothekare haben eine blühende Fantasie und viel zu viel Zeit. Ich schätze, er ist nur ein Historiker oder so.«
    »Ein echt heißer italienischer Historiker mit süßem, aber nicht unverständlichem Akzent«, erwiderte Charlotte mit tänzelnden Brauen. »Und du bist eine großartige ledige Beinahe-Bibliothekarin. Ich sehe da Möglichkeiten.«
    »Du und meine Großmutter, ihr seid viel zu interessiert an meinem nicht vorhandenen Liebesleben. Aber danke, dass du mich ›großartig‹ genannt hast.«
    »Du bist großartig«, gab Charlotte seufzend zurück. »Du hast eine perfekte Haut. Ich hasse dich geradezu.«
    »Und du hast den perfekten Ehemann und zwei perfekte Kinder – also hast du wohl gewonnen. Genießt Jeff es, dich jeden Abend daheim zu haben?«
    Charlotte nickte lächelnd. »Aber ganz im Ernst: Danke, dass du die Abendschicht übernimmst. Das ist jetzt, da die Jungs so vielen Interessen nachgehen, eine echte Hilfe.«
    »Kein Problem. Ich kann Geld immer brauchen.«
    »Apropos – habe ich dir erzählt, dass ein schwerreicher und wirklich großzügiger Mensch der Bibliothek gerade einige Briefe aus der italienischen Renaissance geschenkt hat? Wir dürften sie in den nächsten Wochen bekommen.«
    »Briefe? Worum geht es da?«
    Charlotte zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht genau. Ich hab sie ja noch nicht gesehen. Es sind wohl Briefe eines Florentiner Dichters an einen befreundeten Philosophen. Aus dem späten fünfzehnten Jahrhundert, angeblich sehr gut erhalten. Ich müsste mich eigentlich an die Namen erinnern, aber sie fallen mir nicht ein. Nach allem, was ich hörte, stammen sie aus einer Privatsammlung. Ich habe – ehrlich gesagt – keine Ahnung, warum die Uni sie bekommt.«
    »Hm.« Beatrice runzelte die Stirn. »Aus dieser Epoche besitzen wir fast nichts. Unsere italienischen Bestände sind überwiegend aus dem Spätmittelalter.«
    »Ich weiß«, Charlotte zuckte erneut die Achseln, »aber es ist ein Geschenk. Da wird sich niemand beklagen.«
    »Wann kommen sie?«
    »In drei, vier Wochen.« Charlotte lachte. »Ich dachte, Christiansen macht sich in die Hose, so aufgeregt war er, als er davon erzählte.«
    »Na ja«, sagte Beatrice. »Ich werde jetzt mal eben die Luftentfeuchter im Magazin überprüfen. Bin gleich wieder da.«
    Sie schüttelte noch immer schmunzelnd den Kopf, als sie den Handschriftenlesesaal wieder betrat und über ihre zu Scherzen aufgelegte Vorgesetzte nachdachte. Charlotte Martins Begeisterung für Bücher und für Informationen war der Grund dafür, dass die junge Frau beschlossen hatte, ihren Master in Bibliothekswissenschaft zu machen. Beatrice hatte entdeckt, dass die meisten Bibliothekare gar nicht langweilig waren, sondern Brutstätten für Gerüchte und Intrigen. Intrigen, die sie gern beobachtete, zugleich aber zu meiden suchte, indem sie sich in ihrer kleinen Abteilung versteckte.
    Sie überprüfte die Luftfeuchtigkeit, programmierte das Gerät für die nächsten vierundzwanzig Stunden und leerte den Plastikbehälter, in dem sich die Nässe der schwülen Luft von Südtexas gesammelt hatte, damit die empfindlichen Bewohner des Handschriftenmagazins keinen Schaden nahmen.
    Nachdem sie ihre Pflichten im Magazin erfüllt hatte, zog sie eines ihrer
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