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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer
Autoren: Elizabeth Hunter
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Genuss der warmen Luft hin. Dann tauchte er an den Grund des Beckens, setzte sich dort eine Stunde lang hin und sah zu, wie der Mond langsam über den Nachthimmel zog.

1
    Houston, Texas
    September 2003
    Als Giovanni Vecchio erwachte, schien der ungewöhnliche Traum von den Wänden seines kleinen Zimmers widerzuhallen. Er setzte sich auf, betrachtete das Foto von Florenz an der Wand gegenüber und hatte den Eindruck, die im gleißenden Licht liegenden Läden der alten Brücke würden ihn verhöhnen.
    »Wo bist du zu Hause?«
    »Ubi bene, ibi patria.
Wo es mir gut geht, ist mein Vaterland.«
    »Denk daran: Nichts währt ewig – außer uns und den Elementen.«
    Er stand auf, schloss die Stahltür auf, trat in den begehbaren Kleiderschrank und zog sich ein weißes Oxford-Hemd und eine enge schwarze Hose an. Aus dem Augenwinkel entdeckte er die graue Katze.
    »Guten Abend, Doyle.«
    Das Tier wandte dem Mann, der mit ihm sprach, seinen durchdringenden, kupferfarbenen Blick zu.
    »Womit hat Caspar dich heute Abend wieder bestochen, hmm? Mit Lachs? Oder mit frischen Sardellen? Mit Kaviar womöglich?«
    Die Katze maunzte nur kurz, schritt in das luxuriöse Schlafzimmer jenseits des Schranks und machte es sich auf dem Doppelbett bequem. Giovannis Gedanken kreisten noch um den dunklen Traum, und im Hinterkopf plagte ihn eine schwache Erinnerung.
    »
Erzähl mir vom Tod

    »Der Philosoph sagte, der Tod, den die Menschen als schlimmstes Übel fürchten, kann auch die größte Wohltat sein
.
«
    »Aber wir fürchten den Tod nicht, oder?«
    Trotz des stundenlangen Schlafs war er müde. Er griff nach seiner grauen Lieblingsjacke und verließ das Zimmer.
    »Caspar«, rief er, als er in die Küche kam und den Kragen zurechtrückte, »fahr mich heute Abend bitte zur Bibliothek.«
    Der Angesprochene sah ihn neugierig an und legte seine Zeitung beiseite.
    »Selbstverständlich. Ich hole den Wagen.«
    Giovanni nahm seine Umhängetasche und folgte Caspar durch die Küche. Sie gingen über den kleinen Hof, wo es stark nach Geißblatt duftete und die einsetzende Abenddämmerung noch immer den plätschernden Brunnen erhellte.
    »Finde dein Gleichgewicht, mein Sohn, und lerne, Maß zu halten – sonst wirst du sterben!«
    Er hielt kurz inne und sah zu, wie das Wasser die Steine im Brunnenbecken umfloss. Da fuhr ein Windstoß herab und lenkte ihm den kalten Strahl ins Gesicht. Er ließ seine Hitze bis an die Haut dringen, und Dampf trieb durch die feuchte Abendluft.
    »Nein – Char hat nicht gelogen.«
    Giovanni strich sich das Haar aus der Stirn, sah von seinem Notizbuch auf und hielt im Eingang zum Sonderlesesaal der Universitätsbibliothek Houston in die Richtung Ausschau, aus der die ruhige Frauenstimme gekommen sein mochte.
    »Verzeihung?«, fragte er das Mädchen am Schalter verwirrt.
    Die Schwarzhaarige lächelte, und ihm fiel auf, dass ihre helle Haut etwas errötete.
    »Nichts«, erwiderte sie mit raschem Lächeln. »Gar nichts. Herzlich willkommen im Sonderlesesaal. Sie müssen Dr. Vecchio sein.«
    Stirnrunzelnd steckte Giovanni das Notizbuch in seine Umhängetasche. »So ist es. Ist Mrs Martin heute Abend nicht im Haus?« Er taxierte die junge Frau an der Aufsichtstheke im vierten Stock der Bibliothek. Seit die Abteilung vor einem Jahr eine wöchentliche Abendöffnung eingeführt hatte, war ihm immer nur die Leseratte Charlotte Martin am Tresen des kleinen, fensterlosen Saals begegnet, in dem seltene Bücher und Handschriften sowie Archivmaterial aufbewahrt wurden.
    »Sie kann die Abendschicht wegen ihrer Kinder nicht länger übernehmen. Ich bin B, ihre Assistentin.« Der Stimme fehlte der texanische Singsang, doch die flache Intonation mit nur schwachem Akzent war unter gebürtigen Houstonern verbreitet, besonders in der jüngeren Generation. »Sie hat notiert, woran Sie arbeiten – ich bin also vollauf in der Lage, Sie bei Ihren Forschungen zu unterstützen.«
    Trotz ihres gängigen Akzents verriet ihm etwas kaum Hörbares, dass zumindest ein Elternteil im spanischen Sprachraum groß geworden war. Ihr üppiges Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, und sie trug eine schwarze Button-down-Bluse und einen engen Rock. Er lächelte, als er sah, dass ihre Doc-Martens-Stiefel beinahe an ihre Knie stießen.
    »Sind Sie Studentin?«, fragte er.
    Ihr Kinn reckte sich kaum merklich, und ihre Augen blitzten auf. »Ich arbeite seit fast drei Jahren hier und dürfte zu einer raschen PC -Recherche oder zum Heranschaffen von Dokumenten
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