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Das Vamperl

Das Vamperl

Titel: Das Vamperl
Autoren: Renate Welsh
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schrie Frau Anna.
    »Lassen wir erst den Flocki hinaus!«, schrie Frau Lizzi. »Sonst wird noch das ganze Haus verrückt von dem Krach!«
    Frau Anna sperrte Flocki in ihrer Wohnung ein. Dann kam sie zurück und stellte sich mit verschränkten Armen vor die Tür.
    »Das ist doch ein Vampir!«, sagte sie streng.
    »Genau das habe ich auch gedacht«, sagte Frau Lizzi.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Das weiß ich eben noch nicht!«
    Der kleine Vampir nuckelte an seinem Vampirdaumen.
    Frau Anna schüttelte sich. »Werfen wir ihn ins Klo! Und fest nachspülen!« Sie wollte nach dem Tuch greifen.
    Frau Lizzi fiel ihr in den Arm. »Nein, also das nicht! Er ist doch noch so winzig.«
    Frau Anna musterte Frau Lizzi von oben bis unten. Dann schüttelte sie den Kopf. »Dann werfen Sie ihn eben in den Müll, wenn
     Sie schon ein so weiches Herz haben. Aber beeilen Sie sich, die Müllabfuhr kommt gleich. Und ich würde ihn nicht hineinwerfen,
     wenn die Tonne leer ist. Man kann nie wissen. Am Ende klettert er wieder heraus.«
    »Nein«, sagte da Frau Lizzi. »Das wärenicht recht. Was kann denn ein Vampir dafür, dass er ein Vampir ist? Zuerst bin ich ja auch erschrocken. Aber sehen Sie sich
     doch nur seine winzigen Hände an!«
    Frau Anna wollte weder die winzigen Hände noch sonst etwas sehen. »Ich bitte Sie, Frau Lizzi! Ein Vampir in unserem Haus!
     Nicht auszudenken ist das. Stellen Sie sich nur vor: Sie schlafen und er kommt und saugt Ihnen das Blut aus – bis auf den
     letzten Tropfen. Wenn Sie aufwachen, sind Sie längst tot!«
    Je mehr Frau Anna auf sie einredete, umso entschlossener wurde Frau Lizzi den kleinen Vampir weder in die Mülltonne noch in
     das Klo zu werfen. Es tat ihr Leid, dass sie überhaupt etwas gesagt hatte. Sie dachte nur noch daran, wie sie ihre Nachbarin
     loswerden könnte.
    »Ich mache es für Sie«, bot Frau Anna an. »Die Spinnen muss auch immer ich wegtun, weil es meinem Mann sograust. Sie können das doch gar nicht verantworten. Wenn Sie schon nicht an sich denken, dann wenigstens an die anderen Mieter!
     Außerdem sind Sie doch so beliebt im ganzen Haus. Es wäre uns allen leid um Sie. Und die Kränze sind furchtbar teuer um diese
     Jahreszeit.«
    Frau Lizzi warf einen Blick auf den kleinen Vampir. Er verzog im Schlaf die Schnauze. Es sah fast aus, als lächelte er. »Wenn
     Sie mich jetzt entschuldigen, Frau Anna«, sagte sie. »Ich bin müde von der Reise. Der Arzt hat gesagt, ich muss mich unbedingt
     hinlegen, wenn ich müde bin.«
    Frau Anna ging kopfschüttelnd weg.
    Sie war überzeugt davon, dass Frau Lizzi nicht mehr richtig im Kopf sein konnte. Sie holte Flocki, der immer noch winselte,
     und drehte mit ihm eine Runde. Dann fasste sie einen Entschluss. Sie klingelte an der Wohnungstür ihrer anderen Nachbarin,
     der Frau Maringer.
    Frau Lizzi hatte inzwischen scharf nachgedacht.
    Der Vampir, hatte sie gedacht, ist ja noch winzig. Der weiß noch nicht, wie Blut schmeckt. Wenn ich ihn mit Milch aufziehe,
     kommt er erst gar nicht auf den Geschmack. Meine Großmutter selig hat schon immer gesagt: Wie man in den Wald ruft, so schallt
     es zurück.
    Frau Lizzi deckte den kleinen Vampir mit einem Taschentuch zu, lief hinunter und kaufte eine Flasche Milch. Dann kaufte sie
     in der Spielzeughandlung eine Puppenflasche.
    Daheim wärmte sie die Milch mit etwas Zucker und füllte sie in die Puppenflasche.
    Der kleine Vampir wachte eben auf.
    Sein spitzes Mäulchen verzog sich. Er fiepte leise.
    Frau Lizzi nahm ihn behutsam in die linke Hand. Mit der rechten steckte sie ihm den Sauger in den Mund.
    Der kleine Vampir schluckte und lächelteund schluckte und lächelte. So oft er schluckte, strampelte er mit seinen dünnen, haarigen Beinchen. Das kitzelte Frau Lizzi
     in der Hand.
    Als die Flasche leer war, rülpste der kleine Vampir. Dann rollte er sich in Frau Lizzis Hand zusammen und schlief wieder ein.
    Sie überlegte, wie sie ihm ein Bettchen machen konnte.
    Sie nahm die Silberkette aus der Schmuckschachtel und legte den kleinen Vampir auf die himmelblaue Watte. Sie deckte ihn mit
     dem Taschentuch zu und stellte ihn auf das Fensterbrett im Zimmer, wo die Sonne hinfiel.

Keine Ruhe zum Kaffee
    Frau Lizzi freute sich auf ihren Kaffee. Sie nahm eine Tasse aus dem Schrank und stellte die Zuckerdose auf den Küchentisch.
     In diesem Augenblick klopfte es.
    Frau Anna und Frau Maringer kamen herein.
    »Ich habe Kaffee gekocht«, sagte Frau Lizzi. »Wollen Sie einen Schluck mit mir
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