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Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John Grisham
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Vandemeer. »Der Prozeß hat noch nicht einmal angefangen. Ich bin sicher, daß wir von unseren eigenen Anwälten die Nase voll haben werden, bevor wir von hier abreisen.«
    »Ja, aber dieser Prozeß ist anders. Das wissen wir alle.«
    Jankle verstummte und hob sein Glas. Er hatte ein Alkoholproblem, als einziger von den vieren. Sein Konzern hatte ihn vor sechs Monaten in aller Stille ausgetrocknet, aber der Druck des Prozesses war zu groß. Fitch, der früher selbst ein Trinker gewesen war, wußte, daß Jankle in Schwierigkeiten steckte. In ein paar Wochen würde er gezwungen sein, vor Gericht auszusagen.
    Als ob Fitch nicht ohnehin schon genügend Probleme gehabt hätte, stand er nun auch noch vor der Aufgabe, D. Martin Jankle bis dahin nüchtern zu halten. Fitch haßte ihn wegen seiner Schwäche.
    »Ich nehme an, die Vertreter der Klägerin sind bereit«, fragte ein anderer Generaldirektor.
    »Vermutlich«, sagte Fitch mit einem Achselzucken. »Es sind genügend von ihnen da.«
    Acht nach der letzten Zählung. Acht der größten auf Haftungsfälle spezialisierten Kanzleien des Landes, von denen angeblich jede zur Finanzierung dieses entscheidenden Schlags gegen die Tabakindustrie eine Million Dollar beigesteuert hatte. Sie hatten die Klägerin ausgesucht, die Witwe eines Mannes namens Jacob L. Wood. Sie hatten das Forum ausgesucht, die Golfküste von Mississippi, weil der Staat prächtige Haftungsgesetze hatte und weil Jurys in Biloxi gelegentlich großzügig sein konnten. Den Richter hatten sie sich nicht ausgesucht, aber sie hätten nicht mehr Glück haben können. Der ehrenwerte Frederick Harkin war Klageanwalt gewesen, bis eine Herzattacke ihn aufs Richterpodium befördert hatte.
    Es war kein gewöhnlicher Tabakfall, und alle im Zimmer Anwesenden wußten es.
    »Wieviel haben sie ausgegeben?«
    »Über diese Information verfüge ich nicht«, sagte Fitch. »Wir haben Gerüchte gehört, denen zufolge ihre Kriegskasse vielleicht nicht ganz so gut gefüllt ist, wie sie behaupten. Möglicherweise machen ein paar der beteiligten Anwälte Schwierigkeiten beim Leisten der Vorauszahlung. Aber sie haben Millionen ausgegeben. Und ein Dutzend Verbrauchergruppen steht in den Startlöchern und wartet nur darauf, gute Ratschläge zu erteilen.«
    Jankle ließ die Eiswürfel klirren, dann leerte er sein Glas bis auf den letzten Tropfen. Es war sein vierter Drink. Im Zimmer herrschte einen Moment Stille, während Fitch wartend dastand und die Generaldirektoren den Teppich betrachteten.
    »Wie lange wird es dauern?« fragte Jankle schließlich.
    »Vier bis sechs Wochen. Die Auswahl der Geschworenen geht hier schnell. Wahrscheinlich werden wir am Mittwoch eine Jury haben.«
    »Allentown hat drei Monate gedauert«, sagte Jankle.
    »Wir sind hier nicht in Kansas. Wünschen Sie sich einen Dreimonats-Prozeß?«
    »Nein, ich wollte nur, also…« Jankle verstummte kläglich.
    »Wie lange sollen wir hierbleiben?« fragte Vandemeer, instinktiv auf die Uhr schauend.
    »Das ist mir egal. Sie können gleich abreisen oder auch warten, bis die Geschworenen ausgewählt sind. Sie haben ja alle so einen großen Jet. Wenn ich Sie brauche, weiß ich, wo ich Sie finden kann.« Fitch stellte sein Mineralwasser auf den Kaminsims und sah sich im Zimmer um. Er war plötzlich wieder bereit zum Aufbruch. »Sonst noch etwas?«
    Kein Wort.
    »Gut.«
    Er sagte etwas zu José, der ihm die Haustür öffnete, dann war er verschwunden. Sie starrten stumm auf den teuren Teppich, machten sich Sorgen wegen Montag, machten sich Sorgen wegen einer Menge Dinge.
    Schließlich zündete sich Jankle mit zitternden Händen eine Zigarette an.
    Wendall Rohr hatte sein erstes Vermögen im Verklagespiel gemacht, als zwei Ölarbeiter auf einer Offshore-Plattform von Shell im Golf schwere Verbrennungen erlitten. Sein Anteil betrug fast zwei Millionen, und er hielt sich rasch für einen Prozeßanwalt, mit dem man zu rechnen hatte. Er gab sein Geld mit vollen Händen aus, übernahm weitere Fälle, und im Alter von vierzig Jahren hatte er eine aggressive Kanzlei und einen beachtlichen Ruf als gewiefter Prozeßanwalt. Dann ruinierten Drogen, eine Scheidung und ein paar schlechte Investitionen sein Leben für eine Weile, und im Alter von fünfzig Jahren überprüfte er Rechtstitel und verteidigte Ladendiebe wie eine Million anderer Anwälte auch. Als eine Welle von Asbest-Prozessen über die Golfküste hinwegbrandete, war Rohr wieder am rechten Ort. Er machte sein zweites Vermögen
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