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Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John Grisham
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quetschte sie fest zwischen seine dicken Finger.
    José fuhr an den Bordstein, in einem funkelnden, gemieteten Suburban mit dunklen Scheiben. Fitch ließ sich auf seinem gewohnten Platz auf dem Beifahrersitz nieder. Auch José schaute zu den Fenstern des Feindes hinauf, als sie vorbeifuhren, aber er sagte nichts, weil sein Boß Gerede nicht ausstehen konnte. Sie fuhren am Gerichtsgebäude von Biloxi vorbei und dann an einem halb aufgegebenen Billigladen, in dem Fitch und seine Mitarbeiter eine versteckte Suite von Büros unterhielten, mit frischem Sägemehl auf dem Boden und billigen, gemieteten Möbeln.
    Am Strand bogen sie nach Westen auf den Highway 90 ab und quälten sich durch dichten Verkehr. Es war Freitagabend, und die Kasinos waren voll von Leuten, die ihr Haushaltsgeld verspielten, fest entschlossen, es morgen wieder zurückzugewinnen. Sie gelangten langsam aus Biloxi heraus und fuhren dann durch Gulfport, Long Beach und Pass Christian. Dann bogen sie von der Küste ab und passierten bald darauf eine Sicherheitskontrolle in der Nähe einer Lagune.
2
    D as Strandhaus war modern und weitläufig, ließ aber den Vorzug eines Strandes vermissen. Eine Pier aus weißgestrichenen Brettern erstreckte sich in das stille und von Pflanzen überwucherte Wasser der Bucht, doch der nächste Sandstrand war zwei Meilen entfernt. An der Pier war ein sechs Meter langes Fischerboot verankert. Das Haus war von einem Ölmann aus New Orleans gemietet worden - für drei Monate, Bargeld, keine Fragen. Zur Zeit wurde es von einigen sehr wichtigen Leuten als Refugium benutzt, als Versteck und als Schlafplatz.
    Auf einer Terrasse hoch oberhalb des Wassers genossen vier Herren ihre Drinks und schafften es, sich über belanglose Dinge zu unterhalten, während sie auf einen Besucher warteten. Obwohl ihre Geschäfte normalerweise von ihnen verlangten, erbitterte Feinde zu sein, hatten sie an diesem Nachmittag gemeinsam achtzehn Löcher Golf gespielt und dann Shrimps und Austern vom Grill gegessen. Jetzt tranken sie und schauten in das schwarze Wasser hinunter. Sie haßten es, hier an der Golfküste zu sein, an einem Freitagabend, weit weg von ihren Familien.
    Aber es ging ums Geschäft, wichtige Angelegenheiten, die einen Waffenstillstand erforderten und das Golfspiel fast erfreulich gemacht hatten. Jeder der vier war Generaldirektor eines großen Konzerns. Jeder dieser Konzerne gehörte zu der Liste der fünfhundert ertragreichsten Firmen in Fortune, ihre Aktien wurden an der New Yorker Börse gehandelt. Der kleinste hatte im Vorjahr einen Umsatz von sechshundert Millionen gehabt, der größte einen von vier Milliarden. Alle hatten Rekordprofite, hohe Dividenden, glückliche Aktionäre und Generaldirektoren, die Millionen für ihre Leistungen verdienten.
    Jeder dieser Konzerne war ein Konglomerat verschiedener Unternehmen mit einer Vielzahl von Produkten, fetten Werbeetats und nichtssagenden Namen wie Trellco oder Smith Greer, Namen, die von der Tatsache ablenken sollten, daß sie im Grunde nichts anderes waren als Tabakfirmen. Die Geschichte von allen vieren, in Finanzkreisen allgemein die Großen Vier genannt, konnte ohne sonderliche Mühe bis zu den Tabakmaklern des neunzehnten Jahrhunderts in den Carolinas und in Virginia zurückverfolgt werden. Sie produzierten Zigaretten - zusammen achtundneunzig Prozent aller Zigaretten, die in den Vereinigten Staaten und Kanada verkauft wurden. Sie produzierten auch andere Dinge wie Brecheisen und Maisflocken und Haarfarbemittel, aber man brauchte nur bis dicht unter die Oberfläche zu graben, um festzustellen, daß der wirkliche Profit mit Zigaretten gemacht wurde. Es hatte Fusionen gegeben und Namensänderungen und eine Reihe von kosmetischen Bemühungen, um in der Öffentlichkeit besser dazustehen, aber die Großen Vier waren von Verbrauchergruppen, Ärzten und sogar Politikern gründlich isoliert und an den Pranger gestellt worden.
    Und jetzt saßen ihnen die Anwälte im Genick. Die Hinterbliebenen von toten Leuten da draußen hatten sie verklagt und forderten riesige Geldbeträge, weil, wie sie behaupteten, Zigaretten Lungenkrebs verursachten. Sechzehn Prozesse bisher, und Big Tobacco hatte alle gewonnen. Aber der Druck stieg. Und sobald eine Jury zum ersten Mal einer Witwe ein paar Millionen zugesprochen hatte, würde die Hölle los sein. Die Prozeßanwälte würden sich überschlagen, Tag und Nacht für sich Reklame machen und Raucher und die Hinterbliebenen von Rauchern anflehen, sie
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