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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm
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oszillierte. »Was wollen Sie mich fragen?«
    »Darf ich mich setzen?«
    Sie deutete wortlos auf einen der sichtlich abgenutzten Sessel und nahm mir gegenüber Platz. In den Lücken des Kaftans hatte ihre synthetische Haut einen unechten Rosaton. Ich sah sie eine Weile an und fragte mich, ob ich mein Vorhaben wirklich durchziehen wollte.
    »Nun?« Sie stieß nervös eine Hand in meine Richtung. »Was wollen Sie mich fragen? Wenn Sie mich nach der Nachtschicht aus dem Schlaf reißen, sollten Sie einen verdammt triftigen Grund dafür haben.«
    »Am Dienstag, den 14. August, betraten sie die Sleeve-Kammer der Familie Bancroft und injizierten einem von Laurens’ Klonen eine Substanz in hoher Dosis. Ich würde gerne wissen, worum es sich handelte, Sheryl.«
    Die Wirkung meiner Frage fiel dramatischer aus, als ich für möglich gehalten hätte. Sheryl Bostocks künstliche Gesichtszüge zuckten heftig, und sie schrak zurück, als hätte ich sie mit einem Knüppel bedroht.
    »Das gehört zu meinen üblichen Pflichten«, rief sie mit schriller Stimme. »Ich bin befugt, die Klone mit chemischem Input zu versorgen.«
    Es gefiel mir nicht, was sie sagte. Es klang, als hätte jemand ihr befohlen, es auswendig zu lernen.
    »War es Synamorphesteron?«, fragte ich ruhig.
    Billige Synths konnten nicht erröten oder erbleichen, aber ihr Gesichtsausdruck übermittelte die Botschaft genauso effektiv. Sie sah wie ein eingeschüchtertes Haustier aus, das sich von seinem Besitzer verraten fühlte.
    »Woher wissen Sie das? Wer hat es Ihnen gesagt?« Ihre Stimme glitt in ein schrilles Schluchzen ab. »Das können Sie nicht wissen! Sie hat gesagt, niemand würde davon erfahren!«
    Sie brach weinend auf dem Sofa zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Daryl tauchte aus einem anderen Zimmer auf, als er seine Mutter hörte, blieb zögernd im Türrahmen stehen und schien zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass er nichts tun konnte oder sollte. Er sah mich mit ängstlicher Miene an. Ich stieß einen kurzen Seufzer aus und nickte ihm zu, wobei ich versuchte, so wenig bedrohlich wie möglich zu wirken. Dann ging er vorsichtig zum Sofa und legte seiner Mutter eine Hand auf die Schulter. Sie zuckte zusammen, als hätte man sie geschlagen. Erinnerungen regten sich in mir, und ich spürte, wie mein Gesichtsausdruck kalt und verbittert wurde. Ich versuchte, die beiden anzulächeln, aber meine Freundlichkeit geriet zur Farce.
    Ich räusperte mich. »Ich bin nicht hier, um Ihnen etwas anzutun«, sagte ich. »Das Einzige, was ich möchte, sind Antworten.«
    Es dauerte etwa eine Minute, bis meine Worte durch die Spinnweben des Schreckens bis zu Sheryl Bostocks Bewusstsein vorgedrungen waren. Dann dauerte es noch etwas länger, bis sie zu weinen aufgehört hatte und mich wieder ansah. Neben ihr stand Daryl und streichelte zweifelnd ihr Haar. Ich knirschte mit den Zähnen und versuchte die Erinnerungen an mich als Elfjährigen zu unterdrücken. Ich wartete.
    »Sie war es«, sagte sie schließlich.
     
    Curtis fing mich ab, als ich hinter dem meerseitigen Flügel des Suntouch House hervorkam. Seine Miene war vor Wut verfinstert, und seine Hände waren zu Fäusten geballt.
    »Sie will nicht mit Ihnen reden«, knurrte er mich an.
    »Gehen Sie mir aus dem Weg, Curtis«, sagte ich gelassen. »Sonst könnte es sehr wehtun.«
    Seine Arme schnellten hoch und nahmen eine Karate-Abwehrhaltung ein. »Ich sagte, sie will nicht…«
    In diesem Moment trat ich ihm gegen das Knie, worauf er zu meinen Füßen zusammenbrach. Ein zweiter Tritt ließ ihn mehrere Meter den Abhang hinunterrollen, auf die Tennisplätze zu. Als er seinen Sturz abgebremst hatte, war ich bereits über ihm. Ich rammte ein Knie in seinen Rücken und zog seinen Kopf an den Haaren hoch.
    »Ich habe heute keinen besonders guten Tag«, erklärte ich ihm geduldig. »Und Sie scheinen ihn mir gründlich vermiesen zu wollen. Ich werde jetzt ins Haus gehen und mich mit Ihrer Chefin unterhalten. Es wird etwa zehn Minuten dauern, dann verschwinde ich wieder. Wenn Sie klug sind, gehen Sie mir in dieser Zeit aus dem Weg.«
    »Sie verdammter…«
    Ich bog seinen Kopf etwas weiter zurück, und er schrie auf. »Wenn Sie mir folgen, Curtis, werde ich Ihnen Schmerzen zufügen. Große Schmerzen. Haben Sie mich verstanden? Ich bin heute nicht in der Stimmung, mich mit dreckigen kleinen Gaunern wie Ihnen herumzuärgern.«
    »Lassen Sie ihn in Ruhe, Mr. Kovacs. Waren Sie nie neunzehn Jahre alt?«
    Ich blickte mich um
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