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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm
Autoren: authors_sort
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hatte, erstarrt, doch während wir durch die kalte Dunkelheit fielen, zog ich meine rechte Hand heran und drückte die zweite Granate gegen Kawaharas Genick. Ich erhaschte einen verwirrenden Blick auf den Ozean tief unter uns, auf den Siebenten Himmel, der sich rasend schnell von uns entfernte, und auf Reileen Kawaharas Gesicht, das sich zu einer wahnsinnigen Fratze verzerrt hatte. Etwas schrie, aber ich wusste nicht mehr, ob dieser Laut von innen oder außen kam. Meine Wahrnehmung wurde im schrillen Pfeifen der Luft davongeweht, und ich fand nicht mehr den Rückweg zum kleinen Fenster meiner individuellen Perspektive. Der Sturz war so verführerisch wie Schlaf.
    Mit dem, was von meinem Willen noch übrig war, drückte ich Granate und Schädel gegen meinen Brustkorb, kräftig genug, damit der Sprengsatz explodierte.
    Mein letzter Gedanke war die Hoffnung, dass Davidson seinen Monitor nicht verlassen hatte.

 
42
     
     
    Die Adresse lag ironischerweise in Licktown. Ich ließ das Autotaxi zwei Blocks entfernt in nördlicher Richtung landen und lief den Rest des Weges. Ich konnte das unheimliche Gefühl der Synthese nicht abschütteln, als würde die Maschinerie des Kosmos plötzlich durch das Gewebe der Realität schimmern.
    Das Apartment, nach dem ich suchte, gehörte zu einem U-förmigen Komplex mit einem Landeplatz im Zentrum, der aus zersprungenem, von Unkraut überwuchertem Beton bestand. Zwischen der Ansammlung armseliger Boden- und Luftfahrzeuge entdeckte ich sofort den Mikropter. Obwohl ihm jemand vor kurzem einen Anstrich in Violett mit roten Zierleisten verpasst hatte, hing er schief auf den Triebwerksblöcken. Doch an der Nase und am Heck waren nagelneue, sehr kostspielig aussehende Instrumente angebracht. Ich nickte stumm und stieg über eine externe Treppe zum zweiten Stock der Anlage hinauf.
    Die Tür zur Nummer siebzehn wurde von einem elfjährigen Jungen geöffnet, der mich mit unverhohlener Feindseligkeit anstarrte.
    »Ja?«
    »Ich würde gerne mit Sheryl Bostock sprechen.«
    »Ja. Aber sie ist nicht hier.«
    Ich seufzte und rieb mir die Narbe unter dem Auge. »Ich glaube, dass das nicht stimmt. Ihr Kopter steht im Hof, du bist ihr Sohn Daryl, und sie kam vor etwa drei Stunden von ihrer Nachtschicht nach Hause. Könntest du ihr sagen, dass jemand mit ihr über den Bancroft-Sleeve sprechen möchte?«
    »Sind Sie von der Sia?«
    »Nein, ich will nur mit ihr reden. Wenn sie mir helfen kann, könnte für sie etwas Geld herausspringen.«
    Der Junge starrte mich noch ein paar Sekunden lang an, dann schloss er ohne ein Wort die Tür. Ich hörte, wie er nach seiner Mutter rief. Ich wartete und kämpfte gegen das Bedürfnis an, mir eine Zigarette zu genehmigen.
    Fünf Minuten später öffnete Sheryl Bostock die Tür, in einen weiten Kaftan gekleidet. Das Gesicht ihres synthetischen Sleeves war sogar noch ausdrucksleerer als das ihres Sohnes, aber es war eher eine Schlaffheit der Muskeln, die nichts mit genereller Gleichgültigkeit zu tun hatte. Bei den billigeren Synth-Modellen brauchten kleinere Muskelgruppen etwas länger, um sich nach dem Schlaf zu erwärmen, und dies war eindeutig ein Modell der unteren Preisklasse.
    »Sie wollen mit mir reden?«, fragte die Synth-Stimme ungleichmäßig. »Worüber?«
    »Ich bin Privatdetektiv und arbeite für Laurens Bancroft«, sagte ich so behutsam, wie ich konnte. »Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen über Ihre Arbeit bei PsychaSec stellen. Darf ich hereinkommen?«
    Sie stieß ein leises Schnaufen aus, das mich auf den Gedanken brachte, dass sie möglicherweise schon häufiger erfolglos versucht hatte, Männern die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
    »Es wird nicht lange dauern.«
    Sie zuckte die Achseln und öffnete mir die Tür. Ich betrat ein ordentliches, aber karg ausgestattetes Zimmer, dessen bedeutendster Einrichtungsgegenstand eine schlanke schwarze Unterhaltungsanlage war. Das System erhob sich in der gegenüberliegenden Ecke vom Teppich, wie das Götzenbild eines obskuren Maschinengottes, und das übrige Mobiliar war ehrfürchtig rundherum angeordnet. Wie der Anstrich des Mikropters sah die Anlage neu aus.
    Daryl hatte sich aus dem Staub gemacht.
    »Nette Anlage«, sagte ich und ging hinüber, um die schräge Displayfläche zu mustern. »Wann haben Sie sie bekommen?«
    »Vor einer Weile.« Sheryl Bostock schloss die Tür und trat unsicher in die Mitte des Raums. Allmählich wachte ihr Gesicht auf, dessen Ausdruck nun zwischen Schläfrigkeit und Misstrauen
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