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Das Unsterblichkeitsprinzip

Titel: Das Unsterblichkeitsprinzip
Autoren: Jeffrey Lang
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das Kom-Modul vom Ohr zu lösen.
      Er stieß mit dem Knie gegen einen kleinen Vorsprung und glaubte, ein Knacken zu hören. Schmerz spürte er nicht, zumindest jetzt noch nicht – vermutlich setzte er mit einer Verzögerung von mehreren Sekunden ein. Das Seil glitt ihm durch die Hände – noch schützten ihn die Handschuhe vor der Reibungshitze –, aber er schien nicht langsamer zu werden.
      Vielleicht war das Seil nass.
      Und dann der Aufprall, der die Beine jäh nach oben zu pressen schien. So mussten sich Eiszapfen fühlen, wenn sie ihren Halt an Dachvorsprüngen verloren, fielen und auf dem Pflaster zerbrachen. Die gesamte Wahrnehmung Soongs trübte sich und er begriff, dass er das Bewusstsein zu verlieren drohte. O nein, das ist eine verdammt schlechte Idee, dachte er und konzentrierte sich ganz darauf, wach zu bleiben. Alles unterhalb seiner Taille schien in Flammen zu stehen und er sah ein helles Licht. Hat Ira schon damit begonnen, zu mir herabzuklettern?, fragte er sich. Dann begriff er, dass er in den Lichtschein seiner eigenen Lampe blickte. Sie hatte sich vom Gürtel gelöst und lag auf dem Boden. Nein, nicht auf dem Boden… Auf einem Sims.
      Soong kämpfte gegen die Panik an, tastete mit einer Hand nach dem Rand des Simses und fand ihn. Er schätzte die Breite auf einen Meter und weiter links schien der Sims noch etwas breiter zu sein. Vorsichtig verlagerte Soong sein Gewicht, rollte sich herum und brachte sich in eine sitzende Position.
      Die Hose war aufgerissen und Blut zeigte sich an den Stofffetzen, aber er konnte die Beine bewegen – es war also nichts gebrochen. Er holte die Medo-Tasche hervor, entnahm ihr ein anästhetisches Pflaster und drückte es auf den Oberschenkel. Fast sofort verschaffte es ihm Erleichterung, verwandelte den stechenden Schmerz in ein dumpfes Pochen.
      Eine kurze Sondierung mit dem medizinischen Tricorder bestätigte seine Vermutungen: einige tiefe Kratzer und starke Quetschungen, aber nichts Lebensgefährliches. Rasch flickte er sich selbst so gut wie möglich zusammen – es konnte fatale Folgen haben, an einem kalten Ort viel Blut zu verlieren.
      Soong bemerkte ein Brummen und tastete umher, bis er das Kom-Modul fand. »Graves?«, brachte er hervor, nachdem er das Gerät aktiviert hatte. »Ira? Bitte hören Sie auf, mich zu rufen. Ich bin abgestürzt, aber halbwegs in Ordnung.«
      Das Summen wurde leiser, und Soong identifizierte eine Stimme. Waslowick sprach.
      »Noonien? Was ist los?«
      »Ich sitze auf einem Sims etwa vierzig Meter unter Ihnen, Dr.
      Waslowick. Ich bin verletzt, aber nicht schwer. Bitte haben Sie etwas Geduld, während ich mich verbinde.«
      »In Ordnung, Noonien. Stellen Sie Ihren Strukturverstärker auf, falls es notwendig werden sollte. Dann beamen wir Sie zum Schiff.«
      Soong spürte, wie sich ein Teil seiner Sorge legte. Er konnte diesen Ort auf jeden Fall verlassen – vorausgesetzt natürlich, der Strukturverstärker hatte den Sturz unbeschadet überstanden. Er wollte den Rucksack abnehmen und nachsehen, entschied sich dann aber dagegen. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, bevor er in der Kälte ganz die Kraft verlor.
      Die Umstände verlangten, dass er sich auf seine Aufgabe konzentrierte.
      Soong zog die Lampe heran und versuchte, sie so aufstellen, dass er seine Beine in ihrem Licht untersuchen konnte. Aber sie wollte einfach nicht aufrecht stehen bleiben. Der Sims war uneben und Soong hielt vergeblich nach einem Riss Ausschau, in den er die Lampe hineinzwängen konnte. Er griff nach seinem Kletterhammer, um eine kleine Mulde ins Felsgestein zu hauen, holte damit aus und schlug zu. Erstaunt stellte er fest, dass der Hammer ungewöhnlich hart abprallte, und außerdem erklang dabei ein unerwartet dumpfes Geräusch. Er richtete den Lichtschein der Lampe auf die betreffende Stelle und beugte sich vor, um sie aus der Nähe zu betrachten. Nicht einmal ein Kratzer zeigte sich dort. Doch der Hammer wies eine kleine Delle auf.
      Was hat das denn zu bedeuten?
      Zuerst dachte Soong, dass es sich vielleicht um die versteinerte Wurzel einer Pflanze handelte, aber als er genauer hinsah, stellte er fest, dass es unmöglich eine Pflanze sein konnte. Später – viel später – begriff er, dass ihn die Finger so sehr verwirrt hatten. Sie waren ungewöhnlich lang, wirkten wie geschmolzen und anschließend in die Länge gezogen.
      Auch Arm und Oberkörper erweckten den Eindruck, gedehnt zu sein. Mehr ließ sich kaum
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