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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute
Autoren: Christian Mähr
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Katze?«
    »Weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Nur ihr alter Kater, dieser Sami, hat sich blicken lassen, ist aber gleich wieder verschwunden.«
    »War sonst noch wer da?«
    »Interessant, dass du das fragst … aber das sah nicht nach Fremdverschulden aus, verstehst du, die ist vom Tisch gefallen … sah so aus, als ob sie versucht hat, eine Birne auszuwechseln, und dabei gestürzt ist. So sah das aus …«
    »Ich unterbreche nur ungern, aber kommen wir noch zu irgendeiner Pointe? Hast du nicht die Polizei gerufen?«
    »Hatte ich ja vor! Aber erst … hab ich mich umgesehen.«
    »Rumspioniert.«
    »Wie du willst. Hätt ich gleich die Polizei gerufen, hättest du mir doch Vorwürfe gemacht, dass ich nicht die Gelegenheit nutze …«
    »Ja, hätte ich. Garantiert. War ja auch keine Vorwurf. Ich erwarte, dass du mir eine haarkleine Schilderung …«
    »Daraus wird nichts. Ich musste dort möglichst schnell wieder raus …«
    »Warum denn?«
    »Die Hintertür war offen.«
    »Was? Die hast du offen gelassen?«
    »Was denn sonst? Hat ja kein Schlüssel gesteckt. Hätt ich was unter die Klinke klemmen sollen – nur zum Spionieren?«
    »Also schön – du bist rausgerannt. War das alles?«
    »Nicht ganz. Im Keller hab ich mich schon ein bisschen umgesehen. Da hatte sie so ein Labor eingerichtet …«
    »Sie war ja Chemikerin …«
    »Ja doch! Wir wissen beide, dass sie Chemikerin war. Du brauchst nicht alles zu kommentieren!«
    »Schon gut, reg dich wieder ab …«
    »Jedenfalls lag auf dem Tisch eine Tasche mit einem Haufen Geld …«
    »Hast du gezählt?«
    »Hab mich nicht getraut – wenn jetzt wer reingekommen wäre …«
    »Wer soll den reinkommen?«
    »Keine Ahnung. Außerdem: Ich konnte doch nichts anfassen wegen der Fingerabdrücke.«
    »Ist doch lächerlich! Wer soll denn Fingerabdrücke suchen? Die Frau ist vom Tisch gefallen, weil sie eine Glühbirne auswechseln wollte. Unfall, kein Fremdverschulden. Kann sogar unsere Polizei feststellen …«
    »Ja, red du nur! Ich hätte dich sehen wollen in der Situation!«
    »Zu blöd. Das hätt ich mir wirklich gern angeschaut …«
    »Du hättest ja nicht allein einkaufen gehen müssen.«
    »So ein Blödsinn! Das ist nur, weil du immer so im Garten rumtrödelst, es war eh schon spät; die guten Landjäger sind dann beim Scheyer weg …«
    »Dann hätten wir halt andere genommen.«
    »Ich will aber die Speziallandjäger aus dem Bregenzerwald, die hathalt nur der Scheyer. Und wenn ich ausnahmsweise einmal besser drauf bin, geh ich halt … ist ja jetzt auch nicht zu ändern. Wie lang ist das jetzt her?«
    »Eine halbe Stunde vielleicht.«
    »Und? War noch irgendwas?«
    »Ich hab nichts gesehen. Ist niemand zum Haus gekommen.«
    »Schön. Dann warte ich, bis es dunkel ist.«
    »Und dann?«
    »Geh ich rüber.«
    »Wozu denn?«
    »Um mich umzusehen, darum.«
    »Und du traust dir das zu heute …?«
    »Ja, ich spür nichts, keine Angst, es geht mir gut.«
    »Wär nur blöd, wenn du dort drüben umfällst.«
    »Ach was, das letzte Mal ist Monate her …«

2

    Schott mochte keine Katzen. Nicht nur keine Katzen im Speziellen, er mochte überhaupt keine Tiere; halt: Das ist zu allgemein und missverständlich, das rückt ihn gleich in ein schiefes Licht. Schott war kein Tierhasser oder so … nur in einem tierlosen Elternhaus aufgewachsen, Vater Finanzbeamter, Mutter Sekretärin bei der Handelskammer, eine jüngere Schwester, alle vier in einer Vierzimmerwohnung einer staatlichen Siedlungsgesellschaft, Haustiere waren nicht explizit verboten, aber ihre Haltung mit so vielen Auflagen verbunden, dass es einem Verbot gleichkam, wenn man sich nicht auf Kanarienvögel oder Goldhamster beschränkte. Nach der Ansicht von Schotts Vater war Haustierhaltung sowieso eine Tierquälerei, dagegen konnte man schwer etwas sagen, beide Eltern chlorophyllgrün, wie Schott das später nannte, Tiere nur in freier Wildbahn und so weiter; ein Pony bei ökologisch korrekter Haltung in einer tieradäquaten Anlage wäre durchgegangen, aber Schotts waren keine Familie, wo die Tochter eines zum vierzehnten Geburtstag bekommt, dafür fehlte das Geld, obwohl nicht einmal ein Auto vorhanden war. Aber der Traum vom eigenen Haus und eine familientypische Verbissenheit, dieses Traumziel zu erreichen. Es wurde dann auch erreicht, Hilde, die sich natürlich ein Pony gewünscht hätte, wie sie ihrem Bruder viel später gestand, verzichtete wie jeder andere in der Familie von
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