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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute
Autoren: Christian Mähr
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übliche Weise nicht gut wie andere Menschen, in deren Gärten er auf Mäuse lauerte; sie klangen anders, wenn sie ihn verjagten. An diesem anderen Menschen stimmte etwas nicht. Denn er hatte Angst. Vor Sami.
    Wie konnte das sein? Ein Mensch kann keine Angst haben vor Sami oder einer anderen Katze. Nur umgekehrt war das möglich, das war die Grundordnung des Daseins. Ein Mensch, der Angst vor Sami hatte, fiel aus dem Rahmen, mit dem stimmte etwas nicht, vielleicht war er krank.
    Sami zog sich in einen Bereich des großen Hauses zurück, wohin ihm der neue Mensch nicht folgen konnte. Dort wartete er ab. Die Geräusche des kranken Wesens verstummten, Sami schlich hinunter, verließ das Haus. Er brauchte jemanden.
    Wie alle Katzen besaß Sami ein untrügliches Gespür dafür, ob etwas lebendig oder tot war. Sein Mensch, den er kannte, seit er auf der Welt war, dieser Mensch war tot. Für einen Kater ist der Tod seines Menschen wie für einen Menschen der Tod seines Gottes, eine bedrohliche Erfahrung, die alles in den Grundfesten erschüttert. Da aber ein Kater in einem Universum mit vielen Menschen lebt, der Mensch aber in einem mit nur einem Gott, ist der Kater im Vorteil, denn er kann sich einen neuen Menschen wählen, einen neuen Gott. (Der Mensch versucht das natürlich auch, es geht aber immer schief.)

    Stimmen 1

    »Wieso bist du überhaupt dort rein?«
    »Der Kater ist schuld …«
    »Der weiße von der Leupold, hinten ist er so gelb gefleckt?«
    »Nein, ein anderer. Das ist ja der Skandal, jetzt hat sie schon zwei von den verdammten Viechern …«
    »Hab ich noch nie gesehen, ich kenn nur den mit dem geringelten Schwanz, der uns immer in den Garten …?«
    »Ja, das ist der alte. Sami heißt er.«
    »Woher weißt du das?«
    »Hab ich gehört, wie sie ihn gerufen hat.«
    »Komischer Name.«
    »War ja auch eine komische Frau …«
    »Wieso war?«
    »Lass mich halt erst einmal fertig erzählen! Von vorne weg …«
    »Also, bitte …«
    »Ich trag grad den Müll raus, da seh ich dieses Vieh, wie es versucht, in unseren Garten zu scheißen. Es langt ja, dass es der alte Kater von der Leupold immer wieder versucht, und jetzt hat sie noch einen …
    »Woher weißt du, dass es ein anderer war?«
    »Sah ganz anderes aus, viel mehr gefärbt, der Rücken so schmutzig gelb – da hab ich so eine Wut gekriegt, ich sofort hinterher …«
    »Das machst du doch immer so, nur genutzt hat es nie was.«
    »Eben! Aber diesmal war da noch was anderes … wie soll ich sagen … der neue hat mich so angesehen dabei … gegrinst.«
    »Der Kater?«
    »Wenn ich doch sage! Die reine Provokation.«
    »Das heißt also, der Kater hat … provozierend geschissen, nicht einfach nur so, sondern provozierend.«
    »Mach dich nur lustig! Du hast es nicht gesehen! Es klingt blöd, weiß ich selber. Aber es ist da was dran, glaub mir. Als ich auf ihn los bin, bleibt er bis zum letzten Moment sitzen, bis ich ihn schon fast erwischt hatte! Der andere rennt immer gleich davon, wenn er mich sieht. Aber dieser gelbe … wie um mich zu frotzeln, versteht du?«
    »Allmählich – und das hat dich so wütend gemacht …«
    »… dass ich hinter ihm her bin übers Grundstück raus. Mach ich ja sonst nie. Ich renn ihm also nach über die Wiese auf die Leupold-Villa zu …«
    »Hast du ihn erwischt?«
    »Ach woher denn! Eine Katze kannst du nicht einholen, ausgeschlossen …«
    »Trotzdem bist du hinterher, warum?«
    »Ich wollte die Sache klären, ein für alle Mal! Mit der Leupold reden …«
    »Streiten heißt das …«
    »Und wenn schon. Ich hatte von dem Katzendreck die Nase voll. Du kannst nicht immer nur alles in dich reinfressen, einmal istSchluss! Ich hab das deutlich gespürt, jetzt kommt alles auf den Tisch!«
    »Hast du geklingelt?«
    »War nicht nötig. Die Hintertür war offen.«
    »Du bist einfach so ins Haus rein?«
    »Warum denn nicht? Ich hab auch gleich gerufen. Frau Leupold, sind Sie da? , oder so, gehört hab ich nichts. Die Katze vor mir die Treppe rauf, ich hinterher …«
    »Und? Kam Antwort?«
    »Ja, sie hat auch was gerufen, glaub ich, aber gleich drauf dieser Krach, ein Splittern, dann war es still. Ich weiter rauf. Im ersten Stock liegt sie im großen Zimmer, das Speisezimmer oder Salon oder was das war, liegt auf dem Rücken am Boden. Neben dem Tisch.«
    »Tot?«
    »Hab ich gleich gesehen. Kein Puls am Hals, eine Pupille weiter als die andere, keine Chance mehr …«
    »Und die
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