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Das Traumtor (German Edition)

Das Traumtor (German Edition)

Titel: Das Traumtor (German Edition)
Autoren: Gabriel Galen
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lange schlanke Hand auf meinen Scheitel. „Mögen auch in deiner Welt die Götter dich begleiten!“ murmelte er. „Leb wohl, Athama! Verzeiht mir, daß ich dir nicht so helfen konnte, wie ich es gern gewollt hätte.“
    Plötzlich erfüllten mich Ehrfurcht und Liebe für diesen alterslosen Greis. Ich ergriff seine Hand und führte sie an die Lippen. Dann wandte ich mich abrupt um und hastete den Pfad hinunter.
    Rowin lag noch genauso, wie ich ihn verlassen hatte. Schnell untersuchte ich seinen Kopf. Ich konnte jedoch nicht feststellen, wo ihn mein Hieb mit dem Schwertknauf getroffen hatte. Tustron hatte sein Wort gehalten. Ich fragte mich nur, wann Rowin wieder erwachen würde. Doch da schlug er auch schon die Augen auf und wickelte sich aus den Decken. Er setzte sich auf und sagte unvermittelt:
    „Ach komm, Athama! Laß uns nicht lange hier herumsitzen, sondern lieber das Zelt aufstellen. Wir haben unser Ziel erreicht, du weißt nun, daß du nicht länger eine Gefangene in dieser Welt bist. Auch für mich ist es ein gutes Gefühl, daß du nicht nur bei mir bist, weil du keine andere Wahl hast, sondern freiwillig und weil du mich liebst.“
    Erst schaute ich ihn verblüfft an, obwohl ich so etwas ja nach Tustrons Worten hatte erwarten müssen, aber dann schossen mir die Tränen in die Augen und ich warf mich an seine Brust.
    „Ja, ich liebe dich, Rowin!“ schluchzte ich. „Und vielleicht wirst du eines Tages erfahren, wie groß meine Liebe zu dir ist.“
    Rowin hielt mich fest in seinen Armen. „Weine ruhig!“ sagte er weich. „Das tut gut, wenn Angst und Sorgen der Erleichterung weichen müssen. Die Tränen schwemmen den Kummer mit sich fort. Auch mein Herz ist nun leicht, da Tustron so ein gütiger Weiser ist und uns nichts zu Leide tat. Ich spürte deutlich, daß er sehr wohl die Macht dazu hätte. Doch nun ist alles gut, und wir können uns morgen wieder auf den Heimweg machen. Ich muß sagen, so schön die Reise mit dir auch ist, ich freue mich doch darauf, wieder nach Varnhag zurückzukommen.“
    Oh Rowin! Ich aber wünschte, unsere Reise würde niemals enden!
    Eine Weile noch wiegte er mich wie ein Kind in den Armen, dann aber sprang er auf und zog mich mit sich hoch. Er stemmte mich hoch in die Luft, drehte sich wie ein Kreisel und rief:
    „Athama, ich liebe dich! Ich liebe das Leben! Ich liebe diese wolkenverhangene Nacht! Ich liebe diesen öden Flecken Erde hier, den widerlichen Wind, der mir fast die Ohren abreißt – ich liebe einfach alles, alles! Denn du bist alles und alles ist du!“ Er stellte mich auf den Boden, hob die Hände an den Mund und schrie, den heftig gewordenen Wind übertönend: „Höre, Meer! Höre, Fels! Ich liebe Athama! Wind, trag es in alle Welt hinaus: Ich liebe Athama! Hört, ihr Götter, die ihr die Geschicke der Menschen lenkt: Ich liebe Athama!“ Er breitete die Arme aus. „Danke euch, ihr Götter, die ihr diese Frau zu mir gesandt habt!“
    Er ergriff mich bei der Hand und kletterte mit mir durch die Felsen an den Sandstrand hinunter, der unterhalb der steilen Klippe mit Tustrons Turm in schmalem Streifen Küste säumte. Unten angekommen rannte er los, mich ungestüm mit sich fortziehend. Seine überschäumende Lebensfreude war so zwingend, daß ich mich ihrer Wirkung nicht entziehen konnte und davon angesteckt wurde. Wie zwei Kinder tollten wir über den weichen Sand, bis ich mich erschöpft hinfallen ließ.
    „Schäm dich, Rowin von Valamin!“ rief ich lachend und ganz außer Atem. „Benimmt sich so ein König?“
    „Wo ist hier ein König?“ fragte er und ließ sich neben mir in den Sand sinken. „Hier ist nur Rowin, und der ist nichts anderes als ein Mann, der verliebt ist die wunderbarste Frau der Welt.“ Er beugte sich über mich, und sein Kuß schmeckte nach Meer und Wind.
    „Hör auf, Kindskopf!“ schimpfte ich atemlos und vor Lachen fast erstickt. „Soll ich mir hier im feuchten Sand in der Kälte den Tod holen, weil du wieder eine deiner verrückten Ideen hast?“
    Sofort sprang er auf und machte eine höfische Verbeugung vor mir. „Verzeiht einem Liebestollen, edle Herrin! Die Sänfte steht bereit, Euch in Euren Palast zu bringen.“
    Er hob mich auf und trug mich zu der Stelle, an der wir durch die Felsen zum Strand hinuntergeklettert waren. Kurze Zeit später standen wir wieder bei den Pferden. Während ich die Tiere absattelte, hatte er in Windeseile das Zelt aufgebaut.
    Und dann sangen Wind und Meer uns das uralte Liebeslied, das uns
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