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Das Tor des Suedens

Das Tor des Suedens

Titel: Das Tor des Suedens
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stehen.
    »Bis zum heutigen Tag habe ich nur den Wein vermisst«, sagte Duprel breit grinsend. »Aber nun habe ich festgestellt, dass die Gruden einen Tee kennen, den sie aus den getrockneten Blättern der wilden Kletterblume gewinnen, der leicht berauschend ist und wie saurer Landwein schmeckt. Koste.«
    Mit einem Becher langte er in den Bottich hinein und holte ihn gefüllt hervor.
    Sadagar beäugte die graue Flüssigkeit argwöhnisch. Er trank einen Schluck und begann zu husten. »Bei meinem Nadomir!« keuchte er und verdrehte die Augen. »Der Tee ist so sauer, dass sich die Zunge verknotet.«
    Duprel lachte dröhnend. »Der erste Schluck schmeckt scheußlich, aber trink erst einmal drei Becher, dann beginnt er richtig zu munden.«
    »Nicht mein Geschmack, Duprel. Hast du Nottr gesehen?«
    Der Schmied zwinkerte ihm wissend zu. »Er verschwand vor einiger Zeit mit Olinga in einer Hütte.«
    *
    Es war bereits dunkel, als Wanto erwachte. Vorsichtig öffnete er die Augen und starrte in den sternenklaren Himmel. Langsam bewegte er seine Glieder und wunderte sich, dass er noch lebte. Sein Mund war trocken, und als er sich aufrichtete, begann sich alles vor seinen Augen zu drehen. Er kämpfte die Schwäche nieder und erhob sich schwerfällig. Die bleierne Schwere seiner Glieder ließ ihn taumeln, und die rasenden Kopfschmerzen ließen ihn wimmern.
    Im fahlen Licht des Mondes konnte er deutlich seine Umgebung wahrnehmen. Er befand sich noch immer im kleinen Tal, in dem die tentakelartigen Arme nach ihm gegriffen hatten. Die Wände schimmerten silbern, und kein Laut war zu hören.
    *
    Wanto torkelte wie ein Betrunkener hin und her. Immer wieder stieß er gegen die Wand, verlor das Gleichgewicht und ging in die Knie. Mühevoll stemmte er sich wieder hoch und taumelte weiter. Dann stolperte er wieder und blieb einfach keuchend liegen.
    Sein Körper glühte. Fieberschauer rasten über seine Haut, und nun wurde ihm sein Durst bewusst. Mit beiden Händen kratzte er Schneebrocken vom Boden und schob sie gierig in den Mund. Aber sein Durst wurde immer schlimmer. Er befand sich in einem Zustand zwischen Schlaf und Ohnmacht.
    Irgendwann taumelte er schließlich weiter und entdeckte seine Steinaxt, die er sich in den Gürtel schob.
    Nur in jenen seltenen Augenblicken, da er klar denken konnte, erinnerte er sich an seine verschwundene Gefährtin, an den Eisdrachen und die fünf entsetzlichen Eismonster, die ihn verfolgt hatten. Aber meist war sein Hirn leer, und seine Bewegungen vollführte er, ohne zu denken.
    Erleichtert atmete er auf, als er die Hochebene erreichte. Wieder schob er sich ein paar Schneebrocken in den Mund und lutschte daran. Langsam ließen die Fieberschauer nach, die ihn gequält hatten.
    Seine Schritte hallten seltsam, als er weiterging. Nun hatten sich seine Augen an das diffuse Licht gewöhnt, und weit vor sich glaubte er einen gewaltigen Eisblock zu erkennen. Eine dunkle Wolkenbank schob sich vor den Mond, und die Finsternis legte sich wie ein dunkles Tuch über die Ebene. Ein leichter Wind kam auf, der Schnee und Eis über den gefrorenen Boden trieb.
    Vorsichtig ging Wanto weiter. Er glaubte flüsternde Stimmen zu hören, die der Wind zu ihm hertrug. Dann war es ihm, als höre er Patta nach ihm rufen. »Wanto!«
    Ja, das war ihre Stimme, da gab es keinen Zweifel, oder spielten ihm seine Sinne einen Streich?
    »Wanto!« Da war wieder der Schrei, und unverkennbar war es Pattas Stimme. »Wanto!«
    »Ich komme!« schrie er und stürmte vorwärts, nicht darauf achtend, dass er nichts sehen konnte.
    Die Wolkenbank zog am Mond vorbei, und der Wind erstarb mit einem winselnden Laut. Nun war es wieder unwirklich still. Das bleiche Mondlicht fiel auf einen doppelt mannshohen Eisblock, einen viereckigen Brocken, dessen Flächen völlig glatt waren und bläulich schimmerten.
    »Wanto! Komm und hilf mir, Wanto!«
    Laut schreiend rannte er auf den schimmernden Block zu, doch nach wenigen Schritten blieb er entsetzt stehen. Seine Haare stellten sich auf, und seine Augen wurden vor Grauen und Überraschung groß. Ein gurgelnder Laut kam über seine Lippen. »Patta«, krächzte er mit versagender Stimme. »Patta.«
    Zitternd kam er näher. Es musste ein Traum sein, versuchte er sich zu beruhigen, nichts als ein Alptraum… Doch als er schließlich fünf Schritt vor dem Eisbrocken stehenblieb, wusste er, dass es kein Traum, sondern die Wirklichkeit war. Patta war im Eisblock gefangen! Sie war völlig nackt, und es war, als
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