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Das Sterben in Wychwood

Das Sterben in Wychwood

Titel: Das Sterben in Wychwood
Autoren: Agatha Christie
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erstarrte.

24
     
    « A ber ich verstehe nicht», sagte Lord Whitfield, «ich verstehe nicht.»
    Er bemühte sich, seine Würde aufrechtzuerhalten. Aber unter den hochtrabenden Äußerungen wurde eine recht klägliche Verwirrung bemerkbar. Er konnte die außerordentlichen Dinge, die ihm erzählt wurden, kaum glauben.
    «Die Sache ist so, Lord Whitfield», sagte Battle geduldig. «Also erstens ist das nicht der erste Fall von Wahnsinn in der Familie, das haben wir jetzt entdeckt; kommt bei diesen alten Familien öfter vor. Ich möchte sagen, sie hatte die Anlage dazu. Außerdem war sie eine ehrgeizige Person – und alles ging schief, erst ihre beruflichen Pläne und dann ihre Liebesgeschichte.» Er hustete. «Ich höre, Sie waren es, der sie sitzenließ?»
    Lord Whitfield sagte steif:
    «Der Ausdruck ‹sitzenließ› gefällt mir nicht.»
    Superintendent Battle verbesserte sich.
    «Sie waren es, der die Verlobung auflöste?»
    «Nun – ja.»
    «Sag uns, warum, Gordon», forderte Bridget ihn auf.
    Lord Whitfield wurde etwas rot.
    «Na, schön, wenn es denn sein muss. Honoria hatte einen Kanarienvogel, den sie sehr liebte. Er pflegte sogar Zucker von ihren Lippen zu picken. Eines Tages jedoch hackte er sie statt dessen heftig mit dem Schnabel. Sie wurde zornig, nahm ihn auf – und – drehte ihm den Hals um! Seitdem konnte ich nicht mehr dasselbe Gefühl für sie aufbringen. Ich sagte ihr, ich glaubte, wir hätten uns beide geirrt.»
    Battle nickte.
    «Das war der Anfang! Wie sie Miss Conway sagte, wandte sie nun alle ihre Gedanken und ihre unzweifelhaft vorhandenen geistigen Fähigkeiten einem Ziel und Zweck zu.»
    Lord Whitfield fragte ungläubig:
    «Mich als Mörder verurteilt zu sehen? Ich kann es nicht glauben.»
    Bridget sagte: «Es ist wahr, Gordon. Du weißt, du warst selbst überrascht, wie jeder, der dich erzürnt hatte, sofort vernichtet wurde.»
    «Das hatte seinen Grund.»
    «Honoria Waynflete war der Grund», sagte Bridget. «Begreife doch endlich, Gordon, dass es nicht die Vorsehung war, die Tommy Pierce aus dem Fenster stieß und alle übrigen umbrachte. Es war Honoria.»
    Lord Whitfield schüttelte den Kopf.
    «Es scheint mir alles ganz unglaublich.»
    Battle fragte:
    «Sie sagten, Sie erhielten heute vormittag eine telefonische Nachricht?»
    «Ja – ungefähr um zwölf Uhr. Ich wurde gebeten, sofort ins Wäldchen zu kommen, da du, Bridget, mir etwas zu sagen habest. Ich sollte nicht das Auto nehmen, sondern zu Fuß gehen.»
    Battle nickte.
    «Richtig. Das wäre das Ende gewesen. Miss Conway wäre mit durchschnittenem Hals gefunden worden, und neben ihr Ihr Messer mit Ihren Fingerabdrücken! Sie hätten nicht das geringste ausrichten können. Jede Jury der Welt hätte Sie verurteilt.»
    «Mich?» sagte Lord Whitfield, erschrocken und entsetzt. «Jemand hätte so etwas von mir glauben können?»
    Bridget meinte sanft:
    «Ich nicht, Gordon. Ich glaubte das Ganze nie.»
    Lord Whitfield sah sie kalt an, dann sagte er steif:
    «In Anbetracht meines Charakters und meiner Stellung in der Grafschaft glaube ich nicht, dass irgend jemand auch nur einen Augenblick so eine ungeheuerliche Beschuldigung hätte glauben können!»
    Er ging würdevoll hinaus und schloss die Tür hinter sich. Luke sagte:
    «Er wird nie begreifen, dass er wirklich in Gefahr war!»
    Dann sagte er:
    «Also nun, Bridget, erzähle, wie du dazu kamst, die Waynflete in Verdacht zu haben.»
    Bridget erklärte:
    «Damals, als du mir sagtest, dass Gordon der Mörder sei – das konnte ich einfach nicht glauben. Weißt du, ich kannte ihn so gut. Ich bin zwei Jahre seine Sekretärin gewesen! Ich kannte ihn in- und auswendig! Ich wusste, dass er hochtrabend und kleinlich und ganz von sich eingenommen ist, doch ich wusste auch, dass er ein gütiger Mensch und fast lächerlich weichherzig ist. Es tat ihm leid, auch nur eine Wespe zu töten. Jene Geschichte, dass er Miss Waynfletes Kanarienvogel getötet haben soll – die musste falsch sein. Das konnte er einfach nicht getan haben. Er hatte mir einmal erzählt, dass er sie sitzengelassen habe. Und du behauptest jetzt, dass es umgekehrt war. Nun, das konnte noch sein; sein Stolz mochte ihm nicht erlaubt haben, zuzugeben, dass sie ihm den Laufpass gegeben hatte. Aber die Vogelgeschichte nicht! So war Gordon einfach nicht! Er ging nicht einmal auf die Jagd, weil er es nicht ertragen konnte, zu sehen, wie man Tiere tötet.
    Also wusste ich bestimmt, dass jener Teil der Geschichte nicht wahr sein
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