Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
wenn wir ihn einfach grußlos vorbeilaufen lassen?«
    »Er geht schließlich auf den Topf...« »Man kann ja wohl trotzdem hallo sagen, oder?« Harris verzieht sein Gesicht und deutet auf LaRue, der den Fernseher lauter stellt. Was auch immer Harris sagen will, er möchte es anscheinend nicht hören. »Matthew, ich sage es dir nicht gern, aber du wirfst ihm nur deshalb kein freundliches Hi, Mister Kongreßabgeordneter hin, weil du seine Haltung zur Umwelt für Mist hältst.«
    Dagegen ist schwerlich etwas zu sagen. Letztes Jahr war Enemark der Empfänger Nummer eins von Geldern der Holz-, Öl- und der Kernenergieindustrie. Er würde ganz Oregon abholzen, Werbetafeln im Grand Canyon aufhängen und seinen eigenen Garten mit Babyseehundefellen auskleiden lassen, wenn er der Meinung wäre, das brächte ihm Spendengelder ein. »Trotzdem, mit zweiundzwanzig und frisch vom College hätte ich meine Hand gehoben und: Hi, Kongreßabgeordneter gerufen. Ich sage dir, Harris, acht Jahre sind genug. Der Spaß ist schon lange vorbei.«
    Harris steht immer noch regungslos am Pissoir. Er kneift die grünen Augen zusammen und mustert mich mit demselben mutwilligen Blick, der mich einmal auf den Rücksitz eines Streifenwagens gebracht hat, als wir noch Studenten an der Duke University waren. »Komm schon, Matthew, wir sind in Washington, D. C. - Spaß und Spiele gibt's woanders«, spöttelt er. »Du mußt nur wissen, wo.«
    Bevor ich reagieren kann, schnappt er mir den Lorax-Anstecker vom Revers. Er wirft einen kurzen Blick zu LaRue und sieht dann auf das Jackett des Kongreßabgeordneten.
    »Was hast du vor?«
    »Ich will dich ein bißchen aufheitern«, verspricht er. »Vertrau mir, es wird dir gefallen. Ungelogen.«
    Ungelogen. Harris Lieblingsphrase und das erste Alarmsignal für garantierten Ärger.
    Ich drücke die Wasserspülung mit dem Ellbogen. Harris nimmt dafür die Finger. Er hatte noch nie Angst, sich die Hände schmutzig zu machen. »Wieviel läßt du springen, wenn ich es an sein Revers stecke?« flüstert er mir zu, hält den Lorax-Anstecker hoch und geht zu Enemarks Jackett.
    »Harris ... nicht!« zische ich. »Dafür bringt er dich um.«
    »Willst du wetten?«
    Aus dem Verschlag kommt das dumpfe Rumpeln des Toilettenpapiers. Enemark ist fast fertig.
    Harris grinst mich an, und ich will seinen Arm festhalten Er weicht mir mit seiner typischen Eleganz aus. So führt er auch seine politischen Kämpfe. Hat er sich erst einmal auf ein Ziel eingeschossen, kann ihn nichts mehr aufhalten.
    »Ich bin der Lorax, Matthew. Ich spreche für die Bäume!« Er lacht, als er das sagt. Ich muß auch lachen, während ich zusehe, wie er auf Zehenspitzen zu Enemarks Jackett schleicht. Es ist nur ein alberner Streich, aber wenn er es schafft...
    Was rede ich? Harris scheitert nie. Deshalb war er mit neunundzwanzig einer der jüngsten Bürochefs, die je von einem Senator angeheuert worden sind. Aus demselben Grund können ihm jetzt, mit fünfunddreißig, nicht einmal die Dienstälteren Burschen am Zeug flik- ken. Für einige seiner Sprüche könnte er sogar Honorar verlangen. Die alten Collegefreunde, wie ich Glückspilz, kriegen sie umsonst.
    »Wie ist die Wetterlage, LaRue?« ruft Harris Mr. Schuhglanz zu, der von seinem niedrigen Sitz dicht über den Fliesen einen besseren Blick auf die Geschehnisse in der Kabine hat.
    Wäre es jemand anders, würde LaRue kneifen. Nur ist es niemand anders. Es ist Harris. »Heiter und sonnig«, sagt LaRue, während er sich tief bückt und unter den Wänden hindurchspäht. »Allerdings zieht rasend schnell ein Sturm auf...«
    Harris nickt und glättet seinen roten Schlips. Er hat ihn bei einem der Händler erstanden, die sie an der Sub-way-Haltestelle verscherbeln. Als Bürochef von Senator Paul Stevens sollte Harris eigentlich etwas Besseres tragen, doch Harris hat es nicht nötig, jemanden zu beeindrucken. »Übrigens, LaRue, was ist mit deinem Schnurrbart passiert?«
    »Er gefiel meiner Frau nicht. Sie meint, ich ähnele damit zu sehr Burt Reynolds.«
    »Ich habe dir gleich gesagt, du kannst nicht beides haben, Schnurrbart und TransAm. Entweder ... oder«, legt Harris nach.
    LaRue lacht, und ich schüttele den Kopf. Als die Gründerväter die Regierung geschaffen haben, teilten sie die Legislative in zwei Abteilungen: das Repräsentantenhaus und den Senat. Ich arbeite im Repräsentantenhaus in der südlichen Hälfte des Capitols. Harris im Senat, im Norden. Es ist eine vollkommen andere Welt da drüben,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher