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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Brad Meltzer
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mein blasses Gesicht zu entschlüsseln.
    »Mit all dem toten Rindvieh in meinem Bauch? Absolut«, erwidere ich und klopfe mir den Bauch. »Ist Trish schon da?«
    »Im Konferenzraum«, erwidert Roxanne. »Aber bevor Sie verschwinden ... Es wartet jemand an Ihrem Schreibtisch.«
    Verwirrt durchquere ich das geräumige Büro, in dem unsere vier Schreibtische stehen. Roxanne kennt die Regeln. Es liegen viele brisante Dokumente herum, deshalb darf niemand allein nach hinten gehen, schon gar nicht kurz vor einer Konferenz. Also ist derjenige, der hinten wartet, entweder ein großes Tier ...
    »Matthew?« Die Stimme hat einen unverkennbaren North-Carolina-Akzent.
    ... oder jemand, den ich kenne.
    »Nimm deinen Lieblings-Lobbyisten in die Arme.« Barry Holcomb sitzt auf dem Stuhl neben meinem Schreibtisch. Wie immer sitzt sein blondes Haar ebenso perfekt wie sein Nadelstreifenanzug. Beides verdankt er einigen hochkarätigen Klienten der Musikindustrie, den großen Telefon-Jungs und, wenn ich mich recht entsinne, dem Fleischverband.
    »Ich rieche Hotdogs«, neckt mich Barry. »Ich sage dir, ein kostenloser Lunch wirkt immer noch Wunder.«
    In der Welt vom Capitol Hill trifft man auf zwei Arten von Lobbyisten: diejenigen, die von oben hereinschweben, und die, welche sich von unten hereinwühlen. Die von oben genießen beste Beziehungen zu den Abgeordneten. Die Wühlmäuse pflegen Kontakte zu den Mitarbeitern. Oder sind, wie in Barrys Fall, auf dasselbe College gegangen, haben die beiden letzten Geburtstage zusammen gefeiert und neigen dazu, wenigstens einmal im Monat ein Bier zu trinken. Allerdings ist er ein paar Jahre älter als ich und mehr mit Harris befreundet als mit mir. Also ist sein Besuch eher geschäftlicher als sozialer Natur.
    »Wie läuft's?« fragt er mich. Da haben wir's. Als Lobbyist bei Pasternak & Partner weiß er genau, was er seinen Klienten anbieten kann: Zugang und Informationen. Ersteres hat ihm den Zutritt ermöglicht, und jetzt konzentriert er sich auf letzteres.
    »Alles in Ordnung«, erwidere ich.
    »Weißt du schon, wann die Gesetzesvorlage fertig ist?«
    Mein Blick streift rasch die drei anderen Schreibtische im Raum. Sie sind leer. Das ist auch gut so. Meine Bürokollegen haben bereits genug Grund, mich zu hassen. Seit Cordeil den Vorsitz des Unterausschusses für Innere Angelegenheiten übernommen und ihren ehemaligen Kollegen durch mich ersetzt hat, bin ich hier der Paria. Ich muß das nicht noch verschärfen, indem ich mich hier mit einem Lobbyisten erwischen lasse. Allerdings drücken sie bei Barry vielleicht ein Auge zu.
    Barry sitzt direkt unter der Lithographie vom Grand Canyon, der an meiner Wand hängt, und stützt seinen Ellbogen auf meinen Schreibtisch, auf dem hochbrisante Dokumente liegen, einschließlich meiner Konferenznotizen von allen Projekten, die wir bisher genehmigt haben. Barrys Klienten würden dafür Tausende, wenn nicht sogar Millionen bezahlen. Sie liegen kaum zehn Zentimeter von seinem Arm entfernt.
    Barry sieht sie trotzdem nicht. Er sieht gar nichts. Ju-stitia ist blind. Wegen seines angeborenen grünen Stars ist das auch Barry, einer der bekanntesten Lobbyisten auf dem Hügel.
    Als ich an meinen Schreibtisch trete, starren Barrys leere blaue Augen in die Ferne, aber er verfolgt meine Schritte mit einer Wendung seines Kopfes. Er ist seit seiner Geburt darauf trainiert, Geräusche zu absorbieren. Das Schwingen der Arme an meinem Körper. Meine Atmung. Selbst das leise Geräusch meiner Sohlen auf dem Teppich. Im College bediente er sich eines Golden Retrievers namens Reagan, der sich großartig dafür eignete, Mädchen anzubaggern. Auf dem Hügel ging Barry rasch neue Wege, nachdem ihn ständig Besucher aufgehalten hatten, die unbedingt den Hund streicheln wollten. Er wäre nur ein weiterer Typ in einem schicken Anzug, wenn die weiße Krücke nicht wäre. Oder, wie Barry es gern formuliert: Politischer Durchblick hat nichts mit Augenlicht zu tun.
    »Wir hoffen auf den ersten Oktober«, erwidere ich. »Wir sind fast fertig mit dem Park Service.«
    »Was ist mit deinen Bürokollegen? Machen die fröhlich mit?«
    Er will wissen, ob die Verhandlungen genauso gut laufen. Barry ist kein Idiot. Wir vier hier in diesem Büro teilen alle Konten oder Abschnitte der Gesetzesvorlage des Inneren. Jeder hat sein Spezialgebiet. Bei der letzten Zählung hatte die Vorlage einen Umfang von einundzwanzig Milliarden Dollar. Teilt man das durch vier, trägt jeder von uns die Verantwortung
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