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Das spanische Medaillon

Das spanische Medaillon

Titel: Das spanische Medaillon
Autoren: Tom Wolf
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der Adjutant des Königs, geschrieben: »Der König lebt, die Schlacht ist verloren.« Luise war am Boden zerstört. Als wir in Berlin waren, stand es gedruckt an allen Anschlagbrettern: »Der König hat eine Bataille verlohren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht. Ich fordere die Einwohner Berlins dazu auf. Der König und seine Brüder leben! Berlin, den 17. Oktober 1806, Graf v. d. Schulenburg.« Die Königin sagte daraufhin zu Doktor Hufeland: »Es ist alles verloren! Ich muss mit meinen Kindern fliehen.« Der Berliner Stadtkommandant von der Schulenburg war so verantwortungslos, das Kommando seinem Schwiegersohn zu überantworten und mit den verbleibenden Truppen der Stadt der Königin zu folgen. 40 000 Gewehre ließ er im Zeughaus zurück, sie fielen so den Franzosen in die Hände. Hätte sich wenigstens die Königin Napoleon in Potsdam oder Berlin gestellt, hätte ihn dort wohl als Besiegte, aber doch standhaft empfangen – vieles wäre anders gekommen. Ihre ungebrochene Erscheinung hätte mäßigend auf den Schrecklichen eingewirkt. Ist es nicht das beste Mittel, einen überlegenen Angreifer zu entwaffnen, ihm unerschrocken und unbeeindruckt gegenüberzutreten? Indem König und Königin ihr Land links liegen ließen, gaben sie es der Verdammnis preis.
    Ferdinand von Schill
    Zwei deutsche Waghälse schlugen eigenmächtig los, um das französische Joch von den Schultern der Deutschen abzuschütteln und des Königs Zaudern mit Gewalt zu brechen: Wilhelm Caspar Ferdinand Freiherr von Dörnberg marschierte mit einem stattlichen Bauernhaufen, der Knüppel, Sensen und alte Flinten als Waffen trug, am 22. April 1809 von Homberg an der Efze aus gen Kassel. An der »Knallhütte« bei Rengershausen gerieten sie ins Gewehrfeuer der Franzosen, woraufhin sich alle, bis auf die Liegengebliebenen, schnell in die Wälder davonmachten. Husarenoberst Ferdinand von Schill dagegen, der gefeierte Verteidiger Kolbergs, den der König schon im Januar 1807 per Kabinettsordre zur Aufstellung eines Freicorps ermächtigt hatte, setzte am 28. April 1809 sein frisches Husarenregiment von Berlin aus in Marsch – angeblich zu Übungszwecken. In Wahrheit war er aufgebrochen, um Frankreich in eigener Regie zu bekämpfen. Vor der Truppe erklärte er, die Königin habe ihm Briefschaften gesandt, die geheime Order enthielten. Schill ließ seine Mannen in Potsdam bewaffnen, biwakierte bei Baumgartenbrück, passierte, von Niemegk kommend, Wittenberg und überschritt mit seinem Corps die Elbe. In Dessau (das er besetzte) ließ er ein Pamphlet drucken, in dem er jedermann aufforderte, im Befreiungskampf gegen Napoleons Bruder Jérôme, den König des Fantasiereiches Westphalen, die Waffen zu ergreifen – Waffen allerdings, über die er noch gar nicht verfügte:
    »An die Deutschen. Meine in den Ketten eines fremden Volkes schmachtenden Brüder! Der Augenblick ist erschienen, wo Ihr die Fesseln abwerfen und eine Verfassung wieder erhalten könnt, unter welcher Ihr seit Jahrtausenden glücklich lebtet, bis der unbegrenzte Ehrgeiz eines kühnen Eroberers unermeßliches Elend über das Vaterland verbreitete. Ermannt Euch, folgt meinem Winke, und wir sind, was wir ehemals waren! Ziehet die Sturmglocken! Dieses schreckliche Zeichen des Brandes fache in Eurem Herzen die reine Flamme der Vaterlandsliebe an und sei für Eure Unterdrücker ein Zeichen des Unterganges. Alles greife zu den Waffen; – Sensen und Pieken mögen die Stelle der Gewehre vertreten. Bald werden englische Waffen sie ersetzen, die schon angekommen sind. Mit kräftiger Hand geführt, wird auch die friedliche Sense zur tötenden Waffe. Jeder greife zu den Waffen, nehme Theil an dem Ruhme der Befreiung des Vaterlandes, erkämpfe für sich und seine Enkel Ruhe und Zufriedenheit! Wer feige genugt ist, sich der ehrenvollen Aufforderung zu entziehen, den treffe Schmach und Verachtung, der sei zeitlebens gebrandmarkt: ein edles deutsches Mädchen reiche nie die Hand einem solchen Verräther! Fasset Muth! Gott ist mit uns und unserer gerechten Sache. Das Gebet der Greise möge Segen für uns erflehen. Siegreich rücken Österreichs Heere vor, trotz der großprahlerischen Versicherungen Frankreichs; die Tyroler haben schon rühmlich die Fesseln zerbrochen; die braven Hessen haben sich gesammelt; an der Spitze geprüfter, im Kampfe geübter Krieger eile ich zu Euch. Bald wird die gerechte Sache siegen, der alte Ruhm des Vaterlandes wieder hergestellt sein. Auf, zu den Waffen! Schill.«
    Der
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