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Das spanische Medaillon

Das spanische Medaillon

Titel: Das spanische Medaillon
Autoren: Tom Wolf
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Zeit spektakulären Geräuschen und Flugerscheinungen (Flugkurven, Rauchspuren und Feuerschweifen) war ihre eigentliche Wirkung eine psychologische: Sie machte dem Feind Angst und zermürbte die Moral. Erste Einsätze in Görde und Wittenburg brachten den Durchbruch: »[D]ie englische Artillerie und das Raketenkorps verdienen die höchsten Loblieder ... unter der sehr fähigen Leitung des englischen Kapitän Bogue«, heißt es in einem zeitgenössischen Bericht, hier wiedergegeben nach der sehr informativen Website www.rocket-troop.org. In der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 konnte die Truppe erst loslegen, nachdem Bogue sich vehement dagegen verwehrt hatte, in der Reserve gehalten zu werden: »Kapitän Bogue wendete sich an General Winzingerode, Kommandeur der militärischen Vorhut des Kronprinzen [Bernadotte], gab seinem Wunsch Ausdruck, den Feind zu treffen, und bat um Erlaubnis, einzugreifen. Der General, ein Mann von viel Ritterlichkeit und Anspruchsgeist, erlaubte ihm, als Beschützer einer Schwadron Dragoner, zu folgen. Kapitän Bogue verlor keine Zeit mit dem Angriff auf das Dorf Paunsdorf, das im Besitz von fünf feindlichen Armeen war, um vor der gesamten Einheit ein höchst zerstörerisches Feuer zu eröffnen. Das wurde mit Musketen erwidert und für einige Zeit folgte ein lebhafter Kampf, bis die Feinde außerstande waren, das gut gezielte Feuer von der Brigade des Kapitäns Richard Bogue zu ertragen, [sie fielen] daraufhin in Verwirrung und begannen, sich zurückzuziehen. Kapitän Bogue nutzte den Moment und wechselte an die Spitze des Dragonergeschwaders und der Feind, der angsterfüllt seine Annäherung bemerkte, drehte um. Die Brigade bestand aus zwei- bis dreitausend Mann, die vor der Raketentruppe kapitulierten, obwohl diese nicht einmal zweihundert Mann zählte. Die Information über diesen Erfolg wurde dem Prinzen übermittelt. Er schickte seinen Dank an Kapitän Bogue für seinen bedeutenden Dienst und forderte zugleich, diese Aktivitäten fortzusetzen.« Der russische General Wittgenstein soll über die Raketen gesagt haben: »Sie sehen aus, als wurden sie in der Hölle gemacht und sind bestimmt des Teufels eigene Artillerie.« Ein weiterer Augenzeuge berichtete: »Ihre Wirkung [war] wahrhaft erstaunlich und erzeugte beim bleiben Eindruck von etwas Übernatürlichen [...].« Richard Bogue indes fiel durch eine Gewehrkugel.
    Rückreise der Königin von Auerstedt nach Berlin
    Gerardine erinnert sich an die Reise mit der Königin 1806 (Fortsetzung): Das Gefecht bei Saalfeld lag gerade vier Tage zurück, als wir auf allerhöchste Anordnung hin vor Auerstedt kehrtmachten. Die Rückreise nach Berlin war der reinste Totenzug. In Braunschweig trat uns der ganze Hof in tiefer Trauer entgegen, die schon für den Prinzen Louis Ferdinand angelegt war. Der hellste Stern am preußischen Firmament, hell zumindest für all die Frauenzimmer, die ihm nicht so nahegekommen waren wie ich einmal, hatte bei Saalfeld sein hitziges Leben ausgehaucht. Er hatte den üblichen Fehler unserer Großen gemacht: Sie wollten immer in der vordersten Linie stehen. Der Prinz starb, wie er gelebt: toll und draufgängerisch, eine schillernde Motte im Licht. Er hatte ohne Not einen Kampf herbeigezwungen, weil es ihm zu langweilig wurde. Mir sieht es fast so aus, als hätte er es darauf angelegt zu sterben. Napoleon soll demjenigen, der ihn erstach, einen Orden verliehen und gesagt haben: »Ein lebend gefangener Prinz wäre mehr wert gewesen – ich hätte es mit Beförderung belohnt!« Dem Herzog von Braunschweig war es nicht viel besser ergangen. Er lebte noch, war aber blind. Ein Gewehrschütze hatte ihn, der unablässig ungeschützt seine Fronten inspizieren musste, statt in sicherer Entfernung zu bleiben, von der Seite durch beide Augen geschossen. Warum hatte der König das Heft nicht endlich selbst ergriffen? Er hätte das Blatt wenden, er hätte diesen ungleichen Kampf gewinnen können, ja gewinnen müssen! Nach Braunschweigs Ausscheiden war die Armee führerlos dem Untergang geweiht. Eines der schlimmsten und für unser Land demütigendsten Worte Napoleons ist für mich das, in dem er sagte: »Es war eine überragende Leistung der preußischen Heeresführung, diese Schlacht zu verlieren!« Damals konnten wir lange Zeit nichts Bestimmtes über den letztlichen Verlauf bei Auerstedt erfahren. Ebenso spät erst erfuhren wir von der Tragödie bei Jena. Endlich in Brandenburg erreichte uns ein Brief, den Köckeritz,
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