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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind
Autoren: Sandra Luepkes
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Sender zu wechseln. Wie ging das überhaupt? Ein Hupen riss ihn aus der Unachtsamkeit, und er trat hektisch auf die Bremse. Vor ihm war ein Auto eingeschert, und er stoppte nur um Haaresbreite vor dessen Stoßstange.
    «Ja, ja, schon gut», quittierte er den bösen Blick des Vordermannes. «Hab den Führerschein noch nicht so lange wie du, alter Sack!»
    Die kurvige Autobahnzufahrt nahm er schnell, der Junge kippte seitlich um und erwachte kurz. «Penn weiter, Kleiner. Wir sind noch ’ne Weile unterwegs.»
    Jakob hielt die Arme durchgedrückt und blickte auf die Straße.
    «Was meinst du, Kumpel? Bremen oder Münster? Wohin sollen wir beide mit unserem Rennauto? Sag mal!»
    Der Junge schlief wieder. Die Kommissarin hatte zwar eine alte Karre, aber es kam beachtlich viel, wenn man auf das Pedal drückte. Jakob kannte sich eigentlich nur mit dem schlappen Japaner seiner Mutter aus, und auch mit dem war er nur selten unterwegs gewesen. Er fuhr jetzt hundertsechzig. So schnell war er noch nie gefahren.
    Jetzt nur noch die richtige Musik, dachte er. Wie wechselt man denn nur den Sender?

B 210 kurz vor Emden noch fünf Minuten bis zur Autobahn
    «Vor zwanzig Minuten war er in der Bank, Axel. Und Anivia war nicht dabei. Er hatte meinen Emil auf dem Arm. Hat was von Autokauf gefaselt. Und dann ist er los. Zwanzig Minuten. Axel, du musst das schaffen …»
    «Mein Auto hat ein paar mehr PS als deine Rübe. Ich tu, was ich kann.»
    Wencke spürte die Kraft, mit dem sie in den Ledersitz gedrückt wurde.
    «Mein Gott, ich will nicht daran denken … Er ist erst neunzehn. Er ist so ein typischer Fahranfänger, der sich selbst überschätzt. Er wird Emil bestimmt nicht richtig angeschnallt haben. Er wird …»
    «Wencke, reiß dich zusammen. Ich habe ja auch Angst. Aber wenn ich nervös werde, sind es vielleicht wir, die im nächsten Graben landen.»
    «Warum hast du denn Angst? Du hast doch eben noch gesagt, ich male den Teufel an die Wand, ich leide unter typischen Mutterängsten, alles übertrieben, alles nur auf die Instinkte zurückzuführen …»
    «Und was glaubst du denn? Dass mir Emil egal ist? Dass ich mir keine Sorgen um den kleinen Kerl mache? Immerhin wohnen wir zusammen.»
    Wencke blickte in Sanders’ Gesicht. Er war aschfahl, der dünne Schweiß auf seiner Stirn glänzte. Doch er war konzentriert, behielt die Nerven, schaute stur geradeaus, schaltete wie ein Berserker die Gänge rauf und runter und schlängelte sich durch den Emder Verkehr. Sie war so froh, dass er neben ihr saß.
    «Statt mich verrückt zu machen, könntest du den Kollegen doch die Fahndungsmeldung durchgeben, Wencke.»
    Sie griff nach dem Funkgerät und gab ihre Daten an die Zentrale durch. «Wencke hier. Wir suchen dringend nach Jakob Mangold, unterwegs mit meinem silbernen Passat Baujahr 98. Kennzeichen AUR-WT 71»
    «Du musst sagen, wo wir ihn vermuten», half Sanders ihr auf die Sprünge.
    «Ähm, wahrscheinlich fährt er auf der A 31 von Emden in Richtung Leer.»
    «Und wohin?», hakte Sanders nach.
    «Ich weiß nicht, wohin er will. Keine Ahnung. Ganz weit weg, hat er gesagt. Also …»
    «Flugplatz Bremen», sagte Sanders.
    «Nein. Der fährt eher nach Münster.»
    «Woher weißt du das?»
    «Woher wohl …»
    «Intui…»
    «Er kommt aus der Gegend. Er wird den Weg zum Flugplatz leichter finden. Darum.»
    «Dann sag es den Kollegen», forderte Sanders sie auf. Sie bogen gerade in die enge Kurve, die auf die Autobahn führte. Wencke klebte fast an der Tür.
    «Hallo? Zentrale? Wir vermuten, er will zum Flughafen Münster, es könnte aber auch sein, dass er nach Bremen fährt.»
    Das Funkgerät in der Hand gab ihr ein kleines bisschen das Gefühl, Herrin der Lage zu sein. Aber hatte sie es tatsächlich im Griff? Tat sie alles, was in ihrer Macht stand, um Emil zu helfen? Hätte sie es nicht von vornherein verbieten müssen, dass Anivia sich mit Emil im Schlepptau in den Fall eingemischt hatte? War das verantwortungslos von ihr gewesen?
    «Wencke, nun komm mal wieder zu dir. Du musst die Ruftaste loslassen, damit die Zentrale deine Fahndung bestätigen kann.»
    Ihre feuchte Hand ließ das Funkgerät in den Schoß fallen.
    Gleich kam die Meldung aus dem Gerät: «Verstanden, Wencke. Wir geben die Sache weiter. Wie sollen die Kollegen verfahren, wenn sie das Objekt im Visier haben? Verfolgen?»
    «Was?» Wenckes Gedanken rasten. Sanders schüttelte langsam den Kopf. Sie drückte wieder auf die Sprechtaste. «Auf keinen Fall verfolgen. Die
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