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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers
Autoren: Daniel Loy
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Begleitern zu verstehen, dass sie sich zurückziehen wolle, und ein größerer Tross setzte sich in Bewegung. Der alte Ritter und ein gutes halbes Dutzend seiner Männer geleiteten die junge Herrin nach oben zu ihrem Zimmer. Sie kamen an Dauras’ Tisch vorbei, und er bemerkte eine verstohlene Geste. Die Dame streifte mit den Fingern über die Tischplatte und ließ einen kleinen zusammengeknüllten Zettel darauf zurück.
    Dauras nahm das Papier an und strich es glatt, während der Rest der Schar an ihm vorüberging. Er schnaubte belustigt, und mit einem Mal war ihm danach, die Dinge ein wenig in Bewegung zu bringen.
    Er hielt das Papier in die Höhe. »He«, rief er. »Ich glaube, die Dame hat etwas verloren.«
    Der Zug hielt inne. Dauras spürte, wie die junge Dame zwischen den Männern zusammenzuckte, erschrocken, verlegen, fassungslos. Ihr Herz pochte rascher, und das Blut schoss ihr ins Gesicht.
    Dauras genoss den Augenblick, der mehr Unterhaltung versprach als die üblichen tumben Kopfgeldjäger.
    »Was willst du, Bauer?« Der Knappe am Ende der Schar wandte sich um. Er konnte kaum dem Knabenalter entwachsen sein, aber dem Auftreten nach hielt er sich für einen Mann, und zwar für einen großen.
    »Gib her, den Fetzen. Und wenn du uns belästigen willst   …«
    Der Jüngling streckte die Hand aus, doch Dauras zog das Blatt zurück. Er reichte es dem Wirt, der eifrig zu den Herrschaften hinlief.
    »Hier, Wirt   …« Er konnte sich den Namen des Mannes einfach nicht merken, obwohl er schon seit einem halben Jahr unter dessen Dach logierte. »Lies vor!«
    »Herr   …«, stammelte der Wirt. Er warf einen entschuldigenden Seitenblick zu den anderen Gästen, aber Dauras wusste, dass der Mann es nicht wagen würde, sich seinem Befehl zu widersetzen.
    Der junge Knappe wandte sich an seinen Anführer. »Dieser Herumtreiber hat eine Tracht Prügel verdient, was meint Ihr, Herr?«
    Der alte Ritter antwortete nicht. Sein Blick glitt von der Dame zu dem Wirt und weiter zu Dauras, der sich unter seinem schäbigen Kapuzenumhang verbarg. Dauras wusste, der erfahrene Krieger fing etwas auf, was dessen Aufmerksamkeit weckte. Er war klug genug, die Sache ernst zu nehmen, auch wenn er nicht wusste, was er davon halten sollte.
    »Hier steht   …«, stammelte der Wirt und verstummte.
    »Was ist, Mann?«, herrschte Dauras ihn an. »Erzähl mir nicht, dass du plötzlich das Lesen verlernt hast.«
    »Hier steht   …«, fuhr der Wirt tonlos fort. »Helft mir. Ich werde entführt.«
    Die Zeit schien so träge zu fließen wie das Abwasser aus den Kloaken der Hauptstadt.
    »Was bedeutet das?« Die Stimme des Knappen drang durch die Stille. Er riss dem Wirt das Papier aus der Hand, warfaber keinen Blick darauf. Vermutlich konnte der Jüngling genauso wenig lesen wie Dauras selbst. »Ist das eins von diesen Spielen bei Hofe, von denen man so viel hört? Oder will der Landstreicher die hohe Dame in Verlegenheit bringen?«
    Dauras spannte sich an. Es war an der Zeit, die Sache zu beenden, wenn er sich nicht in etwas hineinziehen lassen wollte. Konnte er die Sache überhaupt noch beenden, ohne in etwas hineingezogen zu werden?
    Bislang hatte keiner der fremden Krieger eine Waffe gezogen. Sie mochten zornig sein, verwirrt, aber sie waren unentschlossen und fühlten sich nicht bedroht. Sie vertrauten auf ihre Zahl und auf ihre Waffen.
    Dauras entschied, dass er eine bessere Gelegenheit nicht mehr bekommen würde.
    Sein Schwert lehnte neben ihm an der Bank. Er griff danach und sprang auf. Er riss die Klinge in einem Bogen hoch. Sie fuhr dem Knappen in den Oberschenkel und ging durch bis auf den Knochen.
    Dauras stand im Gang und schob den Jüngling zur Seite. Schmatzend glitt der Stahl aus dem Fleisch. Dauras trat dem nächsten Mann kraftvoll gegen das Schienbein, und das Knie sprang aus dem Gelenk. Dem Mann daneben trieb er die blutverschmierte Klinge ins Bein und durch die Arterie. Er tat einen Satz über die stürzenden und blutenden Krieger hinweg und zog dem einen im Vorübergehen einen Dolch aus dem Gürtel.
    Erst jetzt fand der Knappe, der zuerst verletzt worden war, die Zeit für einen Schrei.
    Dauras’ Gegner trugen Kettenhemden. Die Rüstung hätte seine Schwertklinge behindert. Aber der Dolch in seiner Hand war schmal genug, und Dauras stieß seinem vierten Gegner die Klinge durch die Eisenringe hindurch ins Herz. Dem nächsten Gegner stach er das Schwert so kraftvoll durchdie Kehle, dass er den Mann dahinter noch ins Auge
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