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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers
Autoren: Daniel Loy
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und einen großen Teil ihres Gepäcks, aber das war ein geringer Preis. Dauras war froh, dass die Stadt hinter ihnen lag. Er hatte bewiesen, dass er wieder ein Schwert führen konnte. Trotzdem war er nicht mehr der Krieger, der er einmal gewesen war.
    Jetzt stand er neben Meris auf der Straße am Fluss und schaute sie an. Er kannte ihr Gesicht so gut wie kaum ein anderes, und doch fiel es ihm schwer, die Züge darin zu deuten. Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie nahm seine Finger und hielt sie fest, eine Daumenbreite vor ihrem Gesicht.
    »Wie geht es dir, Meris?«, fragte er.
    »Wir haben gewonnen«, antwortete Meris. «Wir haben uns gerächt. Wir haben das Beste erreicht, was wir erreichen konnten.«
    «Und jetzt ist es vorbei?«
    »Es ist nie vorbei«, sagte Meris. »Das Leben geht weiter.«
    »Stimmt«, antwortete Dauras. Er fühlte Bitterkeit auf der Zunge. »Ich erinnere mich an deine Worte. Nicht immer gibt es eine richtige Entscheidung. Man kann nicht erwarten, dass man ohne Schläge davonkommt. Man nimmt sie hin und macht weiter. Ich habe nie gelernt, das zu akzeptieren.«
    Meris schnaubte. »Es klingt so ernst, wenn du das sagst. Ich freue mich durchaus über unseren Erfolg, trotz allem   …«
    »Trotz allem, was du verloren hast«, sagte Dauras.
    Meris zögerte. »Ja«, sagte sie. »Trotz allem.«
    »Dennoch kannst du es nicht aussprechen. Ich glaube nicht, dass du so ein Opfer bringen kannst und es einfach abschüttelst.«
    »Meine Güte!« Meris schob seine Hand weg. »Du findest meine Haltung trist, aber hör dich mal an. Ich kann zumindest ruhen lassen, was gewesen ist. Was wirst du als Nächstes anfangen?«, fragte sie unvermittelt.
    »Was ich anfangen werde   …? Ich werde nach Sir-en-Kreigen zurückkehren.«
    »Zurück ins Kloster?«, fragte sie überrascht.
    »Warum nicht«, sagte er. »Ich will dich nicht im Stich lassen. Nicht, wenn du mich noch brauchst. Aber ich bin ein Mönch des Schwertes.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Meris. »Nein. Ich brauche keinen Trost. Und keinen geistlichen Beistand. Ich kehre in die Hauptstadt zurück. Ich denke, die Kaiserin braucht jede Hilfe, die sie bekommen kann   …«
    »Wünsche Aruda Glück«, sagte Dauras. »Ich hoffe, dass sie ihren Weg findet.«
    »Du willst ihr nicht mehr dabei helfen?«
    Dauras schüttelte den Kopf. »Ich war nie eine gute Hilfe, fürchte ich. Zumindest nicht, nachdem wir den Palast erreicht hatten. Ich war nicht der, den sie dort gebraucht hätte. Ich hoffe, sie wählt in Zukunft ihre Freunde sorgfältiger aus.«
    Meris schaute den großen Strom hinauf nach Norden. »Also gehst du zurück in den Tempel, und ich in den Palast.Merkwürdig. Vor drei Monaten hätte ich nicht geglaubt, dass irgendeiner von uns an diese Orte gehört.«
    »Immerhin können wir ein Stück gemeinsam reisen«, meinte Dauras.
    »Bis   … Sir-en-Kreigen«, sagte Meris.
    Dauras nickte. Sie nahmen sich an der Hand. Langsam folgten sie dem Weg. »Ich brauche keinen geistlichen Beistand«, fuhr Meris fort. Die Worte fielen ihr schwer. »Aber ich hatte das Gefühl, wir haben uns gut zusammengerauft. Wir   … haben gut zusammen gekämpft.«
    »Ja«, sagte Dauras. »Überraschend gut. Gemeinsam kämpfen war nie meine Stärke. Vielleicht kann ich doch noch ein brauchbarer Schwertmönch werden. Es wäre schade, wenn ich nach all den lehrreichen Erfahrungen nur dazu tauge, im Tempel den Boden zu fegen.«
    »Ich hätte nicht gedacht   …« Meris stockte. »Ich hätte nicht gedacht, dass du je dorthin zurückkehren möchtest. Du warst so lange fort. Und jetzt   … ist alles anders, als es war. Du bist nicht mehr der Mönch, der damals den Tempel des Schwertes verlassen hat.«
    »Nein«, erwiderte Dauras. »Das war wohl der Sinn dieser Pilgerreise. Ich nehme an, deswegen hat Abt Thurid mich fortgeschickt. Ich hoffe, meine Erfahrungen reichen aus, um endlich ein Priester zu werden.«
    »Ich muss zugeben«, sagte Meris nachdenklich, »was ich über dein Leben gehört habe, hat wenig mönchischen Geist verraten.«
    »Ich sollte in der Welt etwas erfahren«, erklärte Dauras, »und das habe ich jetzt. Weißt du, Meris, mein Abt wollte einmal von mir wissen, was wohl von meiner Kampfkunst bliebe, wenn man alles fortnähme, was ich von Geburt an besitze. Das weiß ich jetzt. Ich musste erst schwach werden, damit ich an meinen Schwächen arbeiten kann, und ich musste meine Stärke verlieren, um sie wiederfinden zu können. Also ist es an der Zeit, Meris, dass ich
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