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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers
Autoren: Daniel Loy
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Leutnants redeten durcheinander. Rhyl an Garren wandte sich direkt an Carelian. »Ich dachte, Dauras sei tot? Der Kanzler habe ihn ermordet   … Oder geheilt, je nachdem welchen Gerüchten man glauben darf.«
    Carelian zuckte die Achseln. »Das war kurz vor dem Fest der Freude. Da war ich schon längst nicht mehr in der Hauptstadt. Aber war dieser Mann nicht der Leibwächter derKaiserin? Warum sollte er uns hier in den Rücken fallen? Wir erobern gerade Meerbergen für seine Herrin zurück!«
    »Dauras der Seher kennt keine Herren«, gab an Garren zurück. »Glaubt mir das, Carelian. Ich kenne den Mann gut genug.« Er zog seine Axt aus dem Tisch.
    »Ihr wollt selbst in die Kämpfe eingreifen?«, fragte Carelian.
    »Ich beende die Kämpfe.« Rhyl wandte sich an die beiden Boten. »Ruft mein Fähnlein zusammen. Und den Rest der Männer, die noch nicht in irgendwelche Kämpfe verwickelt sind. Wir ziehen uns zum Hafen zurück. Wenn der Kanzler bis jetzt nicht zu uns gestoßen ist, dann muss ihm etwas passiert sein. Und langsam ahne ich, was das sein könnte.
    »Ihr könnt nicht davonlaufen, nur weil angeblich irgendwer aufgetaucht ist!«, rief Carelian.
    »Ich ziehe mich zurück, weil wir verloren haben, Carelian«, erwiderte an Garren. »Und wenn Ihr schlau seid, dann kommt Ihr mit.«
    »Und was ist mit unserer Ehre?«, beharrte Carelian. »Wir können uns nicht zurückziehen, ohne dass wir uns vergewissert haben, was mit dem Kanzler geschehen ist.«
    Rhyl an Garren lachte trocken. Er schob mit der Axt einen Leutnant beiseite, der sich neben Kranzbogen gestellt hatte.
    »Ihr könnt meine Ehre haben«, sagte er. »Ich nehme dafür Euer Schiff.«
    Lacan und seine Begleiter durchstreiften die Gassen rings um den Festspielplatz. Vor der Pforte, die unmittelbar zu den Logen der Patrizier führte, sahen sie verkohlte Leichen auf den Straßen. Lacan beugte sich zu einem der Toten hinunter.
    »Was bei Gotor ist denn hier passiert?«
    Nessa stand wachsam hinter ihm. Sie hatte sich auf demTurniergelände noch einen Brustpanzer besorgt, von einem gefallenen Söldner, und Arm- und Beinschienen. Die Rüstungsteile saßen nicht richtig, aber Lacan fühlte sich ein wenig beruhigter.
    Sie blickte die Straße hinunter. »Sieht so aus, als wären das alles fremde Söldner.«
    »Nicht alle!« Sobrun wies auf eine Gestalt in einem blutdurchtränkten Fischkostüm, die in einem offenen Hauseingang lag. Er drehte den leblosen Körper herum. Ein Armbrustbolzen steckte in der Brust, und am Kopf war eine klaffende Schnittwunde.
    Sie zählten ein halbes Dutzend Tote auf dem schmalen Weg neben der Umfriedung des Festspielplatzes. Weitere Körper lagen vor der Pforte. Waffen und Ausrüstung waren verstreut, Schilde und Schwerter, Spieße und Armbrüste. Es gab mehr Waffen als Tote.
    Lacan richtete sich wieder auf. »Anscheinend ist der Rest von den Kerlen abgehauen   …« Er brach ab. Er hatte etwas entdeckt, was nicht ins Bild passte, einen rundlichen Leib in einer Tunika aus hellgrauem Leinen. Das war kein Söldner   …
    Lacan lief hin und beugte sich hinunter. Valdar! »Bponur, hilf!«, entfuhr es ihm.
    Sein Mentor sah aus, als wäre er um Jahrzehnte gealtert. Das weiße Haar war dünn geworden und brach, als Lacan es berührte. Lacan kniete sich hin und hob Valdars Kopf an. Der graue Bart des Gelehrten wirkte strähnig, die Wangen waren eingefallen. Die Augen lagen so tief in den Höhlen, dass das Gesicht an einen Totenkopf erinnerte.
    »Valdar«, murmelte Lacan. »Valdar. Was ist geschehen?«
    Da schlug der alte Mann die Augen auf, und Lacan zuckte zusammen. Die Pupillen waren weiß geworden wie Marmor. Valdar öffnete den Mund.
    »La… Lacan?«, stieß er mühsam hervor.
    »Ich bin hier, Valdar! Bleib ganz ruhig liegen. Ich lasse einen Heiler holen.«
    »Einen Heiler.« Valdar lachte leise. Es war kaum mehr als ein abgehacktes Ausatmen.
    »Was haben sie dir angetan?«, fragte Lacan.
    »Mir angetan?«, flüsterte Valdar. »Nichts.« Ein Lächeln stahl sich auf seine dünnen, blutleeren Lippen. »Sie sind nicht an mich herangekommen. Ich bin ein Zauberer, nicht wahr?«
    »Ja, das bist du.« Lacan blickte auf. Die halb verbrannten Körper in der Gasse bekamen mit einem Mal eine ganz neue Bedeutung. »Ich wusste gar nicht, dass so etwas möglich ist.«
    Er hörte, wie Sobrun und Nessa hinter ihn traten.
    »Ich muss mich entschuldigen«, sagte Valdar. »Ich fürchte, ich habe die Männer deines Vaters getötet. Ich habe es nicht gewusst.
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