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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Ulf Schiewe
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verlangte, sie mitzunehmen, starrte er sie erstaunt an. Dann ließ er seinen Blick an ihr von oben bis unten wandern. An seinem Gesichtsausdruck konnte man erraten, was in ihm vorging. Ein hübsches Mädchen war sie allemal. Und doch schien sie nicht besonders verwöhnt zu sein. Sie hatte gute Schultern, einen geraden Rücken, und ihre Füße steckten in soliden Bundschuhen. Sie trug einfache, etwas verschlissene Männerkleider und hatte einen Ranzen auf dem Rücken, das dunkle Haar unter einem Tuch versteckt.
    »Kannst du kochen?«, fragte er.
    Sie nickte. »Ebenso gut wie nähen und flicken.«
    »Und dein Vater?«
    »Der kommt erst in drei Tagen zurück. Bis dahin sind wir weit weg von hier.«
    Sie blickte ihn ruhigen Auges an und ganz ohne Furcht. Ich glaube, Robert bewunderte ihren Schneid. Jedenfalls warf er mir einen belustigten Blick zu.
    »Du bist verantwortlich für sie, Gilbert. Nicht, dass sie unterwegs schlappmacht.«
    Dann lachte er schallend.
    Wenig später brachen wir auf.
    Das große Abenteuer hatte begonnen.

Der Wolf der Abruzzen
    N och vor dem Abmarsch hatte Robert uns seine Bedingungen klargemacht. Von jedem Einzelnen verlange er uneingeschränkte Treue und Gehorsam. Und ohne seinen ausdrücklichen Befehl dulde er weder Diebstahl noch Plünderei. Schließlich hätten wir anderes zu tun, als uns unterwegs mit wütenden Landbesitzern und Kastellanen herumzuschlagen. Dabei ließ er keinen Zweifel aufkommen, dass jeder Verstoß hart geahndet würde.
    »Wem das nicht passt, der soll besser hierbleiben«, sagte er. »Überlegt es euch gut, denn später gibt es kein Zurück.«
    Die Männer kannten ihn und wussten, dass er es ernst meinte, doch keiner von ihnen murrte. Besonders nicht unter dem strengen Blick eines rothaarigen Kerls mit gewaltigen Muskeln, der sich Rainulf nannte und wohl Roberts rechte Hand war. Das halbe Ohr hatte der Mann im Kampf verloren, schon sein Auftreten schüchterte ein, obwohl er wenig redete.
    »Sold kann ich keinen zahlen«, fuhr Robert fort, »und die Verpflegung ist knapp bemessen. Doch im Süden wird es reiche Beute geben, das verspreche ich. Bis dahin müssen wir den Gürtel enger schnallen. Je schneller wir ankommen, desto besser. Erwartet also keine gemütliche Reise. Wir werden marschieren, bis wir umfallen.«
    Und tatsächlich trieb er uns zu unbarmherzigen Gewaltmärschen an. Dabei verlangte er nicht mehr, als er selbst zu leisten bereit war. Wie alle in der Truppe gingen er und die fünf anderen Ritter zu Fuß. Pferde und Maultiere dienten einzig dazu, Gepäck und Waffen zu tragen, damit wir tagsüber schneller und länger marschieren konnten. Einzig meiner Gerlaine erlaubte er gelegentlich zu reiten, aber nur bis ihre Füße abgehärtet waren.
    Die ersten Tage waren eine Qual. Zum Glück blieb uns das sommerliche Wetter treu, denn die meisten hatten abends kaum noch Kraft, ihre einfachen Zeltplanen aufzustellen, und so mancher schlief schon vor dem Abendessen ein. Nicht, dass man viel verpasste, denn Kochen war zu viel verlangt, und außer dem harten, mitgebrachten Brot und ein wenig Käse gab es nichts.
    Was brachte diese Männer dazu, Robert zu folgen? Einem gesetzlosen Flüchtling, der mit zweiunddreißig Jahren noch nichts vorzuweisen hatte und der uns jetzt diesen Höllenmarsch in eine unsichere Zukunft abverlangte, ohne Aussicht auf Sold, nur mit einem vagen Versprechen auf Beute. Überhaupt, warum die Eile?
    Aber so war dieser Robert Guiscard. Hart mit sich selbst und anderen, immer mit einem Ziel vor Augen und erfüllt von ungeduldigem Tatendrang. Zuversichtlich und des Weges sicher marschierte er voran. Ein Blick aus seinen stahlgrauen Augen genügte meist, um jeden Zweifler verstummen zu lassen. Es war schwer zu erklären, aber ihm traute man alles zu. Wer mochte da zurückbleiben oder seinen Spott ertragen?
    Mit mir und Gerlaine und zwei Bauernburschen aus dem Dorf als Maultiertreiber waren wir ein bunt zusammengewürfelter Haufen von etwa fünfunddreißig, mehr schlecht als recht bewaffnet. Einige trugen noch Verbände, hätten sich aber lieber die Zunge abgebissen, als über Schmerzen zu klagen. Robert und die Ritter waren die Einzigen, die gut gerüstet waren und Kettenpanzer besaßen. Ich dagegen nannte nur ein langes Messer mein Eigen, das ich täglich schärfte und mit einem öligen Lappen säuberte, damit kein Rost ansetzte.
    Es waren auch ein paar Raufbolde darunter, denen man ungern im Dunkeln begegnet wäre. Ihr Sprachrohr war ein
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