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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Ulf Schiewe
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vierschrötiger Muskelprotz namens Osbert, der seine flinken Augen überall zu haben schien.
    »Halt mir bloß diesen Kerl vom Leib«, sagte Gerlaine schon am ersten Tag, als ahnte sie etwas.
    »Wieso? Er tut dir doch nichts.«
    Sie sagte nichts weiter, bat mich nur, ihr einen Stock zu schneiden, auf den sie am Wegrand zeigte. Die Astknoten sollte ich lediglich abrunden, und am Ende meiner Schnitzerei war dabei mehr eine Waffe herausgekommen als ein Wanderstab. Diesen Knüppel behielt sie von nun an immer bei sich. Und auch ich hielt ein vorsichtiges Auge auf Osbert, denn ihre Ahnungen hatte ich schon zu schätzen gelernt.
    Der Erste, mit dem ich mich anfreundete, war ein sehniger Graubart, den sie Le-Vieux Reynard nannten, obwohl er nicht zu ermüden schien und sich flinker bewegte als so mancher Junge. Vielleicht war er auch gar nicht so alt, sondern nur früh ergraut. Jedenfalls war er schon zweimal im Mezzogiorno gewesen und kannte den Weg.
    »Wir werden der Rhone folgen und das große Gebirge umgehen«, meinte er. »Das ist zwar länger, aber man kommt schneller voran.«
    »Wie ist es da im Süden?«, wollte ich wissen.
    »Du wirst es bald selbst herausfinden«, grinste er.
    »Nun sag schon.«
    Er lächelte in sich hinein. »Einige haben dort ihr Glück gemacht. Nur, einfach ist es nicht. Mir jedenfalls ist es nicht gelungen.«
    »Und warum bist du dann wieder mitgekommen?«
    »Weil ich ein verdammter Narr bin«, lachte er. Dabei fiel mir die Zahnlücke im rechten Oberkiefer auf, angeblich die Erinnerung an eine besoffene Prügelei. Der Kerl habe mit einem Hammer zugeschlagen, meinte Reynard, es dann aber doch bereut.
    »Warum? Hat er sich entschuldigt?«
    »Dazu ist er nicht mehr gekommen«, grinste er und machte eine unmissverständliche Handbewegung.
    Auf dem langen Marsch waren mir die Männer unserer kleinen Gemeinschaft vertrauter geworden. Die Reiter unter uns kamen aus Familien mit Land und Namen, und doch standen auch die anderen ihnen in nichts nach. So jedenfalls sah es Robert. Schließlich waren wir jetzt alle gesetzlose Flüchtlinge und aufeinander angewiesen. Außerdem, was habe einen freien Normannen Rang oder Stellung zu kümmern, sagte er. Der Mann allein zähle. Eine Einstellung, die von allen geschätzt wurde.
    Den rothaarigen Rainulf habe ich schon erwähnt. Fäuste wie Bärentatzen hatte der Mann und ein Fass von Brustkorb. Es brauchte einiges, um ihn aus der Ruhe zu bringen, und wenn er sprach, ließ er nur Kluges hören, so dass ihm selten einer widersprach. Rainulf war Robert treu ergeben und ließ nichts auf ihn kommen. Und die Truppe hatte er fest im Griff.
    Der zweite Unterführer war Fulko. Der trug den besten Panzer von allen und war ein begnadeter Reiter, der jeden störrischen Gaul allein mit der Stimme zu zähmen wusste. Auch unter den Männern suchte er immer nach Ausgleich. Und doch hatte er schon oft seine Tapferkeit bewiesen, wie man hörte.
    Als verlässlichen Kameraden hatte ich auch Herman kennengelernt, einen erfahrenen Speerkämpfer mit einem verbeulten Schild. Das Stück hatte schon so manche Schlacht überlebt. Er konnte sich nicht von dem alten Ding trennen und besserte ihn immer wieder aus. »Schild und Speer und die Gefährten, das sind die einzigen Dinge, die zwischen dir und dem Tod stehen, Junge. Merk dir das«, pflegte er zu sagen.
    Ich gelobte, es nicht zu vergessen. Überhaupt sollten diese Männer zu meinen Lehrmeistern in den nächsten Jahren werden. Und bessere hätte ich mir kaum wünschen können, zumindest was das Kriegshandwerk betraf. In anderen Dingen waren sie außer Rainulf nicht immer die Klügsten.
    Da war zum Beispiel Thore, der mit dem Bogen sogar ein Eichhörnchen vom Ast schießen konnte. Seine Pfeile fertigte er selbst an, mit allergrößter Sorgfalt. Er war ein fröhlicher, gutaussehender Geselle, dem nichts die Laune zu verderben schien. Er gab viel auf sein Äußeres, besonders auf sein Haar, das ihm in strohblonden Flechten den Rücken hinabhing. Und in den Bart geflochten, trug er winzige Silberringe. Wenn sich jemand über seine Eitelkeit lustig machte, grinste er nur und meinte, sie seien doch nur neidisch, weil einem wie ihm die Weiber nachliefen. Es stimmte sogar, wie ich herausfinden sollte. Wenn auch nicht immer die allerhübschesten.
    Besonders beeindruckend war Rollo, ein Hüne von Kerl mit Schenkeln wie Baumstämme. Vielleicht hieß er so, weil er an den Rollo aus Tancreds Erzählungen erinnerte, den Urvater der Normandie. Seine
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