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Das Schwebebahn-Komplott

Das Schwebebahn-Komplott

Titel: Das Schwebebahn-Komplott
Autoren: Andreas Schmidt
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der rote Sportwagen über die Kreuzung, direkt auf die
Vohwinkler Straße zu. Die Wagenhalle der Schwebebahn
gähnte über der Straße und erinnerte Heike an das
weit aufgerissene Maul eines überdimensionalen Krokodils. Als
sie an der Endstation vorbeibrausten, erkannte Heike eine Gruppe
von Menschen, die sich unter dem eisernen Tor der Wagenhalle
versammelt hatte. Heike kam nicht dazu, sich Gedanken über die
Leute an der Station zu machen. Sie hatte andere Sorgen.
    Die Zornesadern
pochten an Gembowskys Schläfen. Es war unvorstellbar für
ihn, eine Schlappe hinnehmen zu müssen.
    Insgeheim hatte er
sich schon auf eine heiße Nacht mit der Blondine von der
Wupperwelle gefreut. Sicherlich wäre später, nach dem
offiziellen Teil des Abends noch etwas mit ihr gelaufen. Sie war
ein steiler Feger, hatte eine tolle Figur und einen sinnlichen
Schmollmund. Nur selten hatte eine Frau eine Einladung in die
luxuriöse Villa am Stadtrand von Solingen
abgelehnt.
    Nur diese Radiotante
machte Zicken.
    Der Traum von einer
heißen Nacht mit der Journalistin war wie eine Seifenblase
geplatzt. Mühsam unterdrückte er einen Seufzer,
während er das Cabrio an den Straßenrand lenkte. An der
großen Bushaltestelle kam der BMW zum Stillstand. Klaus
Gembowsky drehte das Radio leiser. Wütend beugte er sich nach
rechts und stieß die Beifahrertür auf. Dabei
berührte er Heike, spürte ihre warme Haut unter dem
dünnen Stoff des Sommerkleides. Er ermahnte sich, jetzt nur
keine Schwäche zu zeigen. ›Es gibt tausend andere
Frauen, und sie alle können dir gehören, alter
Junge‹, machte er sich selber Mut. Dennoch kochte er vor
Wut. Mit einem Klaus Gembowsky legte man sich besser nicht an. Das
roch nach Ärger. Er würde eine Niederlage nicht so
einfach hinnehmen.
    »Bitte«,
rief er und machte auf cool, als er nach draußen deutete.
»Du hast es selbst so gewollt.«
    Heike hatte bereits
einen Fuß auf den Bürgersteig gesetzt. Sie warf ihm
einen vernichtenden Blick zu und strich sich eine Strähne aus
der Stirn.
    »Vielen
Dank«, erwiderte sie schnippisch und stieg aus. »Auf
ein Wiedersehen kann ich wohl verzichten.« Mit einem
tausendfach geübten Augenaufschlag warf sie die Wagentür
hinter sich zu und wandte sich zum Gehen.
    Das Getriebe krachte,
als Gembowsky einen Gang einlegte und die Kupplung kommen
ließ. »Zicke!«, rief er wütend, bevor er
einem Golf die Vorfahrt nahm und sich den Zorn des Fahrers zuzog.
Das Hupen des altersschwachen VW überhörte er
weltmännisch. In einem beängstigenden Tempo jagte er
weiter über die Vohwinkler Straße in Richtung Haan. Es
stank nach verbranntem Gummi. 
    »Wichser!«, rief Heike
ihm nach und beobachtete, wie Gembowsky nach rechts über die
lange Eisenbahnbrücke verschwand.
    *
    Als sie auf den
Taxistand zumarschierte, fiel ihr wieder die Menschenmenge vor der
Wagenhalle der Schwebebahn auf. Sie blieb stehen und runzelte die
Stirn. Ihre berufliche Neugier war erwacht. Heike schlenderte am
Taxistand vorbei und gesellte sich zu der bunt gemischten Gruppe.
Der Besitzer des kleinen Kiosk am Fuß der gewaltigen
Stahlkonstruktion beugte sich weit aus seinem
Büdchen.
    »Ist etwas
passiert?«, fragte Heike den dunkelhaarigen Mann mit dem
imposanten Schnurrbart. Der Kioskbesitzer, augenscheinlich ein
Türke, legte den Kopf schräg und kehrte die
Handflächen nach oben. »Ein Mann ist gestorben. In der
Schwebebahn. Einfach so - tot.«
    Damit hatte die
Reporterin ihr unerfreuliches Treffen mit Gembowsky schon wieder
vergessen. Ihr Jagdinstinkt war erwacht. Eine Leiche im
berühmten Wuppertaler Wahrzeichen?
    Sie roch eine
heiße Story.
    Heike strich sich das
Kleid glatt und wühlte aufgeregt in ihrer Handtasche herum.
Sie kramte ihr Handy hervor und tippte eine Nummer ein. Sie war
Radioreporterin und als solche immer stand by für den Job.
Immer am Ball, wenn etwas in der Stadt geschah, immer auf der Jagd
nach einer heißen Sensation. Im Telefon herrschte
Stille.
    Absolute
Stille.
    Mit einem Stirnrunzeln
blickte Heike auf das Display ihres Handys. Das Ding war aus -
hatte sich einfach so abgeschaltet.
    »Oh nein«,
seufzte sie und ließ es in ihrer Tasche verschwinden.
»Der Akku ist leer. Ausgerechnet jetzt.
Mist.«
    Plötzlich trieb
die Menschenmenge auseinander. Heike reckte den Kopf, dann sah sie
den Grund für die Unruhe. Ein dunkelblauer Opel Omega rollte
auf den kleinen Platz vor dem Tor.
    Heike Göbel
kannte das unauffällig lackierte Fahrzeug.
    »Kripo?«,
fragte sie sich selbst und
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