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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib
Autoren: Julius Wolff
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die Schmach und Schande von mir abzuwenden.
    Die Folge ihres und meines unüberwindlichen Widerstandes gegen den ruchlosen Verrat Dornhubers war, daß der Unmensch uns beide nun noch niederträchtiger behandelte, ich kann wohl sagen mißhandelte. Das hielt meine arme Mutter nicht mehr lange aus; sie siechte trotz meiner sorgsamsten Pflege zusehends dahin, und in diesem Frühjahr starb sie, wie zu Tode gemartert.«
    Die mit Tränen Kämpfende brach ab und versank in schmerzliches Sinnen. Auch Madlen, aufs tiefste erschüttert, konnte kein Wort hervorbringen.
    »Von da ab,« fing Trudi wieder an, »wurde mir Haus und Hof zu einer wahren Hölle, ich hatte keine ruhige Stunde mehr. Pankraz hetzte seinen nichtsnutzigen Jungen gegen mich auf, daß er mich unablässig quälte und ärgerte und mir tagtäglich allerhand Schabernack und böse Streiche spielte. Der Meier kam öfter, bat und lockte und versprach mir viel Gutes und Schönes. Mein Stiefvater schalt, drohte und peinigte mich so grausam, daß es nicht mehr zu ertragen war. Ich blieb jedoch fest und ließ mich durch nichts zum Nachgeben bewegen. Aber auch mit meiner Kraft ging es zu Ende, und von Verzweiflung getrieben wollte ich mich in die Tauber stürzen. Da kam mir zu meinem Heile plötzlich ins Gedächtnis, was mir meine Mutter einst von Euch gesagt hatte; ich entsann mich Eures Namens und Wohnortes, und mir dämmerte ein Schimmer von Hoffnung auf. Schnell war mein Entschluß gefaßt. Ich hatte noch einen wohlverwahrten Sparpfennig von meiner Mutter, steckte ihn zu mir, schnürte mein Bündel und entfloh eines Nachts, um in meiner Not und Bedrängnis bei euch, meinen einzigen Verwandten, Schutz und Zuflucht zu suchen. Und da bin ich nun, und – und nun wißt Ihr alles, Base Madlen!« schloß sie, erschöpft von dem langen Bericht ihres traurigen Schicksals.
    Madlen zog sie in ihre Arme. »Sei getrost, mein Herzenskind!« sprach sie mit innigem Tone. »Du bleibst bei uns, nicht als dienende Magd, sondern als unsere liebe Tochter, die es nicht schlecht bei uns haben soll und von heut an nennst du mich du! verstanden? Aber nun sage mir noch,« fuhr sie nach einer kleinen Pause fort, »wie du dich hergefunden und ob du als einsam Fahrende unterwegs nicht Anfechtungen und Widerwärtigkeiten zu bestehen gehabt hast.«
    »Mir ist Gott sei Dank! nichts Arges begegnet,« erwiderte Trudi, »aber sechs Tage habe ich zu der Wanderung gebraucht und traf überall gute Menschen, die sich meiner erbarmten, weil sie mir wohl meine Kümmernis und Hilflosigkeit vom Gesichte lasen. Über Amorbach kam ich durch ein Stück Odenwald nach Eberbach am Neckar und kehrte dort in einem Gasthof ein, wo sie zufällig Wäsche hatten. Ich half dabei den ganzen nächsten Tag, um mir damit vielleicht mein Nachtlager zu verdienen, und abends machte mir die Wirtin den Vorschlag, ganz bei ihr zu bleiben, weil sie mich gut verwenden könnte. Ich wäre gern darauf eingegangen und hätte dann euch nicht zur Last zu fallen brauchen, aber es war mir noch nicht weit genug von Gamburg, und ich fürchtete, der Meier könnte mir nachsetzen, mich aufgreifen und mit Gewalt wieder nach Hause oder gar auf den Klosterhof schleppen; darum lehnte ich das Anerbieten dankend ab. Am nächsten Morgen verschaffte mir die Frau, die kein Geld von mir annahm, vielmehr mir noch einen reichlichen Imbiß als Wegzehrung mitgab, eine Schiffsgelegenheit nach Heidelberg, und ich fuhr auf dem Neckar durch das schöne Tal mit den vielen Burgen, die mir die Schifferfrau alle bei Namen nannte. Von Heidelberg ging ich wieder zu Fuß und kam an den Rhein, den mächtigen Strom mit Staunen betrachtend und froh, euch nun schon so nahe zu sein, denn da drüben am anderen Ufer lag ja die Pfalz, meiner lieben Mutter Heimatland. Vom Dorfe Rheinhausen ließ ich mich nach Speyer übersetzen und fühlte mich in der großen Stadt mit den von Menschen wimmelnden Straßen recht verlassen. Da begegneten mir zwei Brigittenschwestern, die ich nach einer bescheidenen Herberge fragte. Sie nahmen mich aber mit in ihr Stiftshaus, wo ich gute Unterkunft fand, für die ich nicht einmal etwas bezahlen durfte. Der Weg von Speyer nach Neustadt und von da über Deidesheim hierher nach Wachenheim war nicht zu verfehlen, und hier vor dem Tore fand ich gestern abend den Kaschper, der mich auf meine Bitte zu euch führte. Aber nun, Base Madlen, wenn ich hier bleiben soll, so müßt ihr mir auch was zu schaffen geben, denn ich will hier nicht faulenzen, habe zwei
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