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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)
Autoren: F.E. Higgins
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als die von Jeremiah Ratchet genommen hätte? Was, wenn Ma und Pa …
    Schluss!, rief ich mich selbst zur Ordnung. Schluss damit. Sonst würde ich mich ja ewig im Kreis drehen.
    Ich kam zu der Überzeugung, dass alles genau so hatte kommen sollen, wie es gekommen war. Es war nicht Glück, es sollte so sein.

    Weiter vorn im Saal sah ich Mr Jellico, wie er von Joe das Schwarze Buch der Geheimnisse entgegennahm – dieses Buch, in das ich die Geständnisse der Leute aus Pagus Parvus geschrieben hatte – und es in ein Regal schob. Als ich noch einmal hinsah, hätte ich nicht mehr sagen können, wo es stand. Joe winkte mich zu sich.
    »Nun, was meinst du?«, fragte er.
    »Unglaublich«, flüsterte ich. »So was habe ich noch nie gesehen. Es … es macht mir fast Angst.«
    »Das habe ich auch gedacht, als ich zum ersten Mal hierherkam«, sagte Mr Jellico wehmütig. »Aber das ist lange, lange her.«
    »Lembart hält hier alles wunderbar in Ordnung«, sagte Joe.
    »Ich tu mein Bestes«, sagte Mr Jellico bescheiden. Dann ging er und ließ uns allein.
    Joe wandte sich mir zu, und er sah jetzt sehr ernst aus. »Ich möchte dir etwas geben, Ludlow«, sagte er. »Das heißt, falls du es haben willst.«
    Er fasste unter seinen Umhang und reichte mir ein schwarzes Buch, ledergebunden und mit einem roten Seidenbandzwischen den Seiten. Es war noch unbeschrieben, doch in der rechten unteren Ecke auf dem Einband sah ich die goldenen Buchstaben:

LF
    »Ein Schwarzes Buch? Ein eigenes für mich?« Mir wurde schwindlig.
    »Es ist kein leichtes Leben«, sagte Joe nachdenklich. »Ich glaube, du weißt das, aber es hat seine Vorzüge. Wenn du dieses Leben nicht führen magst, ist jetzt Zeit, es zu sagen.«
    Ich brachte kein Wort heraus, konnte Joe nur anstarren mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen. Was hatte das alles zu bedeuten?
    »Du würdest nicht sofort damit anfangen, natürlich nicht«, fuhr er fort. »Aber eines Tages. Und bis dahin bin ich immer da, um dir zu helfen.«
    Endlich brachte ich über die Lippen: »Heißt das, Ihr fragt mich, ob ich ein Geheimnis-Pfandleiher sein will?«
    »Nicht ein , sondern der Geheimnis-Pfandleiher«, erwiderte er. »Habe ich eine gute Wahl getroffen, Ludlow? Wirst du es können, was meinst du?«
    Mir fiel inzwischen das Atmen schwer. Die Zunge schien wie festgeklebt an meinem Gaumen. Dieser Augenblick war der bedeutungsvollste in meinem Leben, und ausgerechnet jetzt ließ mich mein Körper im Stich. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, atmete tief ein und versuchte, das Hämmern gegen meine Rippen unter Kontrolle zu bekommen. »Aber …aber wie kann ich das?«, stotterte ich. »Ich habe doch keine Erfahrung. Was weiß ich denn von alldem?«
    »Genug«, sagte er lächelnd. »Und was die Erfahrung angeht, nun, keiner kann wissen, was die drei Schwestern für uns spinnen, aber wenn die Zeit reif ist, wirst du es spüren.«
    Die drei Schwestern, dachte ich, und langsam fing ich an zu begreifen, warum ihr Bild in dem Bodenmosaik dargestellt war. In diesem Raum ging es nicht nur um Geheimnisse, es ging um Schicksal. Und Joe, dieser große Mann mit dem wilden Haarschopf, war ein Werkzeug des Schicksals. Er war der Schlüssel zu meiner Zukunft. Seine Stimme schnitt in meine Gedanken.
    »Solange du glaubst, du wirst es können«, sagte er, »gibt es keinen Grund, dass es nicht auch so kommen wird.«
    »Ich glaube, dass ich es kann«, sagte ich endlich mit etwas mehr Bestimmtheit.
    Joe klopfte mir auf die Schulter. »Das ist alles, was ich hören wollte«, sagte er. »Jetzt will ich dich nur noch eines fragen.«
    Wir gingen wieder zum Tisch, und ich spürte ein unsichtbares Band zwischen uns, das vorher nicht da gewesen war. Es gab mir Sicherheit und bewirkte, dass ich beim Gehen den Kopf hoch und den Rücken gerade hielt. Er setzte sich auf den einen Stuhl, ich auf einen anderen. Aus seinem Ranzen nahm er den Schnaps und zwei Gläser. Er goss gleich viel in jedes Glas und reichte mir eins.
    »Trink.«
    Ich musste lachen. »Ich hab mal gedacht, es könnte vergiftet sein«, gestand ich.
    Joe sah mich belustigt an, als ich von dem Schnaps nippte. Das brennende Getränk wärmte mir die Kehle, ich musste husten. Wieder fuhr Joe mit der Hand in seine Tasche und kramte Tinte und Feder heraus. Automatisch griff ich danach, aber er hielt die Sachen zurück.
    »Ich schreibe«, sagte er.
    Ich war irritiert. »Aber wer soll uns denn hier sein Geheimnis erzählen?«
    Joe, der noch immer mein Buch in der Hand
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