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Das schoenste Maedchen der Welt

Das schoenste Maedchen der Welt

Titel: Das schoenste Maedchen der Welt
Autoren: Jo Hanns Roesler
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stand? Dann würde er alle Not vergessen und weiterleben. Denn er durfte nicht sterben, es ist so wenig Liebe unter den Männern.
    Die Tür war angelehnt. Als Christine eintrat, sah sie eine junge Dame, die sich verlegen aus dem Arm eines Mannes löste. Ist sie also doch gekommen, dachte Christine.
    „Sie wünschen?“
    „Herr Moll?“ fragte Christine.
    „Ja.“
    „Ich freue mich, daß Ingeborg gekommen ist —“
    Sie lächelte befangen dem andern Mädchen zu.
    „Ich heiße nicht Ingeborg“, erwiderte die Kleine, „ich fand einen Brief auf einer Bank im Stadtpark an Ingeborg. Ich wollte, daß Hanns weiterlebt.“
    „Was? Sie auch?“
    Christine riß ihren Brief auf, hielt ihn der anderen vor die Augen. „Den gleichen Brief?“ fragte sie.
    „Wörtlich der gleiche Brief.“
    Der junge Mann stand verlegen zwischen den Frauen. Ängstlich sah er nach der Tür. Würde noch ein dritter Brief auftauchen? Sonst kam doch stets nur eine Frau auf die fünf gleichen Briefe, die er im Frühling täglich auf die Bänke im Stadtpark verteilte!
    Das Mädchen begann zu weinen.
    „Ich wollte ihn doch nur trösten — er tat mir doch so leid!“
    „Hoffentlich haben Sie ihn noch nicht getröstet, Kind.“
    „Ich bin erst fünf Minuten hier.“
    „Kommen Sie!“
    Christine legte ihren Arm um die andere und verließ, ohne den jungen Mann eines Blickes zu würdigen, das Zimmer.

    *

    Als sie die Treppe hinunterstiegen, begegneten sie einer jungen Dame, die aufgeregt mit einem Brief in der Hand die Treppe hinauf lief.
    „Wollen Sie zu Herrn Moll?“ fragte Christine.
    „Ja.“
    „Wegen Ingeborg?“
    „Ja. Woher wissen Sie —?“
    „Zu spät!“ sagte Christine.
    „Ist er tot?“
    Christine nahm ihren Arm und führte sie auf die
    Straße.
    „Er ist gestorben“, sagte sie, „er war ein junger Mann ohne Herz.“

Der Knopf

    Otto läßt sich nicht gern für dumm verkaufen. Wer täte das auch gern? Aber es gibt Leute, die davon leben! Solche Leute wohnen beispielsweise in Humpeach in USA. Da ist die ganze Gemeinde so. Und als nun Otto auf seiner Weltreise nach Humpeach kam...
    Otto stieg in Humpeach ab. Der Ort hatte nur ein Hotel. Dort schlug Otto sein Zelt auf. Die Kunde, daß ein Fremder im Hotel abgestiegen war, verbreitete sich blitzschnell. Am Abend war die kleine Gaststube gerappelt voll. Sogar der Sheriff war da, der Apotheker und der Tierarzt. Alle wendeten Otto bei seinem Eintritt ein freundliches Gesicht zu, und auch Otto machte ihnen ein freundliches Gesicht. Was Wunder, wenn nach kurzer Zeit alles ein Herz und eine Seele war? Man ließ Otto hochleben, Otto ließ die Gemeinde hochleben.
    „Und unseren Ortszauberer dazu!“ rief der Tierarzt dazwischen.
    Otto horchte auf.
    „Ihr habt hier einen Zauberer?“ fragte er.
    Der Sheriff nickte stolz:
    „Und was für einen! Einen richtigen Tausendsassa! Er macht die tollsten Dinge! Wollen Sie ihn kennenlernen? Hier ist er.“
    Ein kleines Männlein zwängte sich durch die Reihen. Er war hager wie ein Zwirnsfaden, und der kleine Kopf saß ihm auf dem Hals wie eine eingetrocknete Zitrone.
    „ Okkay , sag dem Herrn guten Tag!“ befahl der Sheriff.
    „Guten Tag, mein Herr!“
    „ Okkay , sag dem Herrn, was du kannst!“
    „Ich kann alles, mein Herr.“
    Otto 6ah belustigt auf den komischen Knaben.
    „Das ist natürlich alles Humbug, nicht wahr?“
    Die ganze Gemeinde protestierte heftig.
    „Nein, nein!“ rief der Apotheker, „ Okkay kann wirklich zaubern! Okkay soll eine Probe seiner Kunst geben!“
    „Da wäre ich gespannt!“
    „Was wollen der Herr sehen?“ begann das Männlein, „Zauberei an Menschen oder Zauberei an Dingen oder Zauberei an beiden zugleich? Machen wir Zauberei an beiden zugleich. Einverstanden?“
    Otto nickte:
    „Einverstanden!“
    Das Männlein setzte sich in Positur.
    „Beginnen wir! Sie haben einen schönen Rock an, Herr! Sie werden hinausgehen, Herr, ich werde Sie nicht anrühren, ich werde im Saale bleiben, und Sie werden wieder hereinkommen und haben keinen Knopf mehr am Anzug. Zauberei!“
    Otto schüttelte den Kopf.
    „Das ist ja alles Unsinn!“
    „Wetten wir?“
    „Das ist unmöglich! Das gibt es ja nicht! Ich soll dann keinen Knopf mehr am Anzug haben?“
    „Wetten wir?“
    Otto winkte ab:
    „Da halte ich jede Wette!“
    „Also gut — zehn Dollar!“
    „Hundert, wenn ihr wollt!“ rief Otto.
    Jetzt mengte sich wieder der Tierarzt ein:
    „Ich halte auch hundert gegen Sie!“
    „Gemacht!“ rief Otto,
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