Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
Pärchen. Mrs. Curtis saß allein an ihrem Pult, und ich ging hier allein vor mich hin. Was für ein großer Triumph wäre es doch gewesen, diese lispelnden Lippen zu küssen und diese prachtvollen Beine auseinander zu drängeln, während sich Hitler ganz Europa krallte und seinen Blick gierig auf London richtete …
    Ich lief eine Weile herum, dann ging ich in Richtung Turnhalle, um meinen Spind auszuräumen. Keine Rumpfbeugen mehr für mich. Dauernd redeten sie davon, wie gut und sauber der Geruch von frischem Schweiß sei. Sie mussten immer eine Entschuldigung dafür suchen. Keiner redete je davon, wie gut und sauber der Geruch von frischer Scheiße war. Dabei war doch nichts so erhebend wie ein anständiger Bierschiss nachdem man in der Nacht zuvor zwanzig oder fünfundzwanzig Glas geleert hatte. Ein solcher Bierschiss verbreitete einen Geruch, der sich gut anderthalb Stunden hielt. Er machte einem bewusst, dass man richtig lebendig war.
    Ich schloss meinen Spind auf, nahm Trainingsanzug und Turnschuhe heraus und warf sie in die Mülltonne. Und zwei leere Weinflaschen hinterher. Dem nächsten, der meinen Spind bekommen würde, wünschte ich viel Glück. Vielleicht brachte er es einmal zum Bürgermeister von Boise, Idaho. Ich machte das Vorhängeschloss ab und warf es ebenfalls in den Müll. Seine Zahlenkombination hatte ich nie gemocht: 1-2-1-1-2. Das verlangte einem geistig nicht viel ab. Die Hausnummer meiner Eltern war 2122. Alles so kleinkariert. Im R. O.T.C. war es auch nur bis vier gegangen: »Links-zwo-drei-vier, links-zwo-drei-vier!« Vielleicht würde ich mich eines Tages mal auf fünf verbessern…
    Ich verließ die Turnhalle und nahm eine Abkürzung zwischen den Sportplätzen. Auf dem einen Feld spielten sie gerade Touch-Football. Ich machte einen Bogen um den Platz. Da hörte ich Baldy rufen: »Hey, Hank!« Ich sah nach oben. Er saß mit Monty Ballard auf der Tribüne. Mit Ballard war nicht viel los. Das einzig Gute an ihm war, dass er nur den Mund aufmachte, wenn er etwas gefragt wurde. Ich fragte ihn nie etwas. Er besah sich nur das Leben, sah durch seine schmutzig-gelben Haarsträhnen und sehnte sich danach, einmal Biologe zu werden. Ich winkte ihnen zu und ging weiter. »Komm rauf, Hank!« schrie Baldy. »Es ist wichtig!« Ich ging zu ihnen hinauf. »Was ist denn?« »Hock dich hin. Sieh dir mal den bulligen Kerl da im Trainingsanzug an.«
    Ich schaute aufs Feld. Es gab nur einen, der im Trainingsanzug war. Er trug Rennschuhe mit Spikes. Er war nicht groß, aber sehr kräftig gebaut. Erstaunlicher Bizeps, gewaltige Schultern, Stiernacken, kurze stämmige Beine. Sein Haar war schwarz, sein Gesicht fast platt, er hatte einen kleinen Mund, nicht viel Nase, und wo seine Augen saßen, musste man raten. »Hey«, sagte ich, »von dem hab ich schon gehört.« »Schau ihm mal zu«, sagte Baldy.
    Sie hatten vier Spieler in jeder Mannschaft. Der Ball kam nach hinten, und der Quarterback büchste seitwärts aus, um einen Pass zu werfen. King Kong jr. spielte Verteidiger, ungefähr in Halfback-Position. Einer der Angreifer lief weit nach vorn, ein anderer kurz. Der Center blockte ab. King Kong jr. senkte die Schultern und rannte auf den Kerl zu, der Short spielte. Er hechtete ihm mit der Schulter in die Magengrube und schleuderte ihn zu Boden. Dann drehte er sich um und trottete davon. Der Spieler, der weit nach vorne gelaufen war, bekam den Pass und machte einen Touchdown. »Siehst du?« sagte Baldy. »King Kong …«
    »King Kong spielt überhaupt nicht Football. Er sucht sich nur in jedem Spiel einen Kerl raus und rammt ihn in den Boden.«
    »Man kann keinen umrennen, eh er den Ball gefangen hat«, sagte ich. »Das ist gegen die
Regeln.«
»Wer soll ihm das beibringen?« fragte Baldy.
»Wie wär’s mit dir?« fragte ich Ballard.
»Nee«, sagte Ballard.
    Das Team von King Kong machte den Kick-Off, und er konnte jetzt legal blocken. Er nahm sich den kleinsten Kerl auf dem Feld vor und hebelte ihn so brutal um, dass sich der Bursche mit dem Kopf zwischen den Beinen überschlug. Der Kleine kam nur mühsam wieder hoch. »Dieser King Kong ist nicht normal«, sagte ich. »Wie hat der je die Aufnahmeprüfung geschafft?« »Hier gibt’s doch keine.«
    King Kongs Mannschaft nahm Aufstellung. Joe Stapen war der beste Spieler im gegnerischen Team. Er wollte einmal Psychiater werden. Er war ein sehniger Kerl von einsvierundachtzig und ein Draufgänger. Stapen und King Kong gingen aufeinander los. Stapen hielt sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher