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Das Schlangennest

Das Schlangennest

Titel: Das Schlangennest
Autoren: Anne Alexander
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du..."
    "Du kannst es, Laura", fiel ihr Daphne ins Wort. "Ich bin in Paris. Natürlich kehre ich mit der ersten Maschine nach England zurück, aber trotzdem kann ich nicht vor dem späten Nachmittag bei dir sein. Bis dahin mußt du ohne mich auskommen." Die junge Frau dachte nach. "Nachdem du die Polizei angerufen hast, versuche euren Anwalt zu erreichen. Dann..."
    "Sie werden alle behaupten, ich hätte Richard umgebracht", flüsterte ihre Schwester. "Du kennst die Familie doch. Mich haben sie noch nie leiden mögen. Besonders Claudine hat mir das Leben stets zur Hölle gemacht. Sie kam dazu, als ich mich gestern abend mit Richard stritt. Mortimer haßt mich auch, von Isabel ganz zu schweigen."
    "Du wirst es schaffen, Laura."
    "Ich könnte die Bibliothek abschließen und mit dem Anruf bei der Polizei warten, bis du bei mir bist", überlegte die junge Frau laut.
    "Laura, das geht nicht."
    "Schon gut. Es war nur eine Idee." Lauras Stimme klang so mutlos, daß es ihrer Schwester ins Herz schnitt. "Bitte, komm so schnell wie möglich. Bitte." Bevor Daphne ihr noch antworten konnte, hatte sie bereits aufg elegt.
    "Laura! Laura!" Resignierend ließ die junge Frau den Hörer auf die Gabel fallen. Sie machte sich große Sorgen um ihre Schwester. Mit ihren dreißig Jahren war Laura zwar sechs Jahre älter als sie, aber von jeher war sie die Stärkere und Vernünftigere gewesen. Wann immer Schwierigkeiten auftauchten, flüchtete sich Laura in eine Traumwelt. Es gelang ihr einfach nicht, dem Leben mit off enen Augen entgegenzutreten.
    Daphne wählte die Nummer der Rezeption und bat den Nach tportier, für sie einen Flug nach London zu buchen, dann stand sie auf und packte ihre beiden Koffer. Sie wußte, daß ihr Chef alles andere als begeistert sein würde, wenn sie Hals über Kopf Paris verließ, aber in diesem Fall ging ihre Schwester vor. Sie konnte Laura schließlich nicht im Stich lassen.
    Nachdem sie alles erledigt hatte, setzte sich die junge Frau in den weichen Sessel am Fenster ihres Hotelzimmers und blickte auf das nächtliche Paris hinunter. Ihre Gedanken glitten in die Ve rgangenheit zurück. Laura und Richard Hammond hatten vor zehn Jahren geheiratet. Schon damals hatte sie nicht allzuviel für den Mann ihrer Schwester übriggehabt und ihm mißtraut. Aber Sir Richard hatte Laura das Blaue vom Himmel herunter versprochen und sie derart umworben, daß es ihr vorgekommen sein mußte, als würde sie an seiner Seite im ewigen Glück leben.
    Die Wirklichkeit hatte anders ausgesehen. Schon kurz nach der Hochzeit hatte Laura feststellen müssen, daß sich fünfundzwanzig Jahre Altersunterschied nicht so einfach überbrücken ließen und sie zudem auf Hammond Hall, dem Stammsitz der Familie ihres Mannes, keineswegs willkommen war. Man behandelte sie selbst jetzt noch wie einen Eindringling und warf ihr insgeheim vor, Richard nur seines Geldes wegen gehe iratet zu haben.
    Daphne blickte zur Uhr. Selten war ihr eine Nacht so lang e rschienen. Sie wünschte sich nichts sehnlichster, als jetzt an der Seite ihrer Schwester zu sein. Laura brauchte sie, hatte sie stets gebraucht.
    Die junge Frau stand auf und ging zum Telefon. Sie wählte die Nummer von Hammond Hall, aber am anderen Ende der Leitung meldete sich niemand. Resignierend kehrte sie zu ihrem Sessel zurück, um auf den Mo rgen zu warten.
     
    2.
    Nach einem hastigen Frühstück saß Daphne kurz nach sechs in dem Taxi, das sie zum Flughafen Orly bringen sollte. Trotz der frühen Morgenstunde hatte sie bereits ihren Chef in London erre ichen können. Mr. Lancaster war sofort mit ihrer Rückkehr nach England einverstanden gewesen. Er wollte sich selbst mit den Pariser Geschäftspartnern in Verbindung setzen, um die Verhandlungen, die sie während der letzten Tage in seinem Namen geführt hatte, zu verschieben.
    Daphne hatte während der letzten Stunden noch zweimal ve rsucht, ihre Schwester zu erreichen, aber jedesmal war sie nicht nach Hammond Hall durchgekommen. Sie verstand nicht, daß Laura nicht noch einmal angerufen hatte und befürchtete das Schlimmste. Hoffentlich hatte ihre Schwester der Polizei nichts von Maud Willis erzählt. Niemand würde ihr abnehmen, daß der Geist einer Toten ihren Mann ermordet hatte.
    Mit geschlossenen Augen lehnte sich die junge Frau zurück, um darüber nachzudenken, was sie über Maud Willis wußte. Sie befanden sich noch immer in der Pariser Innenstadt. Die Straßen waren bereits um diese Tageszeit total verstopft. Das Taxi kam fast
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