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Das Schlangennest

Das Schlangennest

Titel: Das Schlangennest
Autoren: Anne Alexander
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schwarzes Kleid und eine ebenfalls schwarze Strickjacke. Mit ausgebreiteten Armen ging sie Daphne entgegen.
    "Wie gut, daß Sie gekommen sind", sagte sie und zog die junge Frau impulsiv an sich. "Es ist alles so furchtbar. Erst mein Bruder, jetzt Laura. Ich bin völlig außer mir."
    "Es tut mir leid wegen Ihres Bruders, Claudine", fühlte sich Daphne gezwungen zu sagen. Die herzliche Begrüßung überraschte sie. Richards Schwester, Claudine Forest, hatte niemals einen Hehl daraus gemacht, daß sie sie nicht leiden konnte. "Wie geht es den Kindern?" fragte sie. "Wissen Robert und Joyce, daß Laura verhaftet wurde?"
    "Mein Sohn hat es ihnen dummerweise gesagt", erwiderte Mrs. Forest. "Earl meinte, es hätte keinen Sinn, den Kindern die Wah rheit zu verschweigen. Zudem hat zumindest Robert mitbekommen, daß seine Stiefmutter verdächtigt wird, Richard ermordet zu haben."
    "Und was glauben Sie, Claudine?" Daphne blickte der Frau ins Gesicht.
    "Ehrlich gesagt, ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll", bekannte die Schwester des Ermordeten und ergriff den Arm der jungen Frau. "Aber jetzt kommen Sie erst einmal herein." Sie drehte sich halb um. "Thomson, sorgen Sie bitte dafür, daß das Gepäck von Miß Baker ins Grüne Zimmer gebracht wird." Lächelnd wandte sie sich wieder Daphne zu. "Sie werden doch sicher ein paar Tage bleiben?"
    "So lange es nötig ist", antwortete Daphne.
    "Guten Abend, Miß Baker", grüßte der Butler hoheitsvoll.
    Die junge Frau begnügte sich mit einem knappen Nicken, dann betrat sie hinter Claudine Forest die verwinkelte Halle des Herre nhauses. Der Raum war so groß, daß die Wandlampen ihn nur notdürftig erhellen konnten. Ihr Licht warf lange Schatten auf den mit alten Steinplatten bedeckten Boden. Laura hatte ihr erzählt, daß die Steine aus den Ruinen einer Abtei stammten, die im Mittelalters in Flammen aufgegangen war.
    "Das nenn' ich eine Überraschung!" Aus dem Hintergrund der Halle kam ihnen ein großer, blonder Mann entgegen, dem man schon auf den ersten Blick ansah, daß es sich um Claudines Sohn handeln mußte. "Sie hätten sich wenigstens vorher anmelden kö nnen", bemerkte er zornig.
    "Earl, bitte." Claudine berührte Daphnes Schulter. "Sie dürfen es Earl nicht übelnehmen, daß er Sie so unfreundlich begrüßt. Er hat sehr an meinem Bruder gehangen."
    "Was ich nur zu gut verstehen kann. Immerhin hat sich mein verstorbener Schwager ihm gegenüber sehr grüßzügig verhalten", bemerkte die junge Frau. Sie dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Richard hatte seinem Neffen vor einigen Jahren die Verwaltung des riesigen Besitzes übertragen. Laura war überzeugt gewesen, daß Earl seinen Onkel betrog.
    Earls Lippen umhuschte ein spöttisches Lächeln. "Habe ich jemals abgestritten, daß mein Onkel ein großzügiger Mann gew esen ist? Er..."
    "Tante Daphne!" Robert Hammond stürzte die Treppe hinu nter. Jubelnd warf er sich in die Arme der jungen Frau. "Ich habe so gehofft, daß du kommst", bekannte er und schlang die Arme um ihren Nacken. "Wo warst du so lange?" Vorwurfsvoll sah er sie an.
    "Ich war krank, Bobby", erwiderte Daphne und küßte ihren Stie fneffen auf beide Wangen. "Wo ist Joyce?"
    Robert ließ sie los. Er wandte sich der Treppe zu. "Komm, Jo yce!" rief er dem kleinen Mädchen zu, das sehr langsam die Stufen hinunterstieg. "Du freust dich doch auch, daß Tante Daphne jetzt bei uns ist. Nun wird Mommy auch bald wieder nach Hause kommen."
    Stirnrunzelnd beobachtete Daphne ihre Nichte. Es war keine drei Monate her, daß sie Joyce zuletzt gesehen hatte. Damals war die Kleine ein wahres Energiebündel gewesen, das keine zwei Minuten ruhig bleiben konnte. Das Kind, das jetzt die Stufen hi nunterstieg, schien um Jahre gealtert. Sein hübsches Gesichtchen wirkte grau und eingefallen, seine Augen schienen starr auf etwas zu blicken, das außer ihm niemand sehen konnte.
    "Was ist mir ihr?" flüsterte sie erschrocken Claudine zu.
    "Joyce steht noch unter Schock", erwiderte die Schwester des Ermordeten. "Du weißt, wie sehr sie an ihrem Vater gehangen hat. Seit Richards Tod hat sie kein Wort gesprochen."
    Daphne breitete die Arme aus. "Komm, Lovely", lockte sie. "Ich habe mich so auf dich und Bobby g efreut."
    Für den Bruchteil einer Sekunde verlor Joyces Blick seine Leblosigkeit. So etwas wie Freude strahlte in ihren Augen auf, doch dann war es wieder vorbei. Teilnahmslos ließ sie sich von ihrer Tante in die Arme nehmen.
    "Um diese Zeit habt ihr hier unten
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