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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron
Autoren: Leo Frobenius
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»Komm nur; ich will dir auch das Leben retten.« Die Tochter des Agellid sagte: »Ja, tue es; und wenn du mich jetzt nicht ohnmächtig machst, lasse ich dich töten.« Nach einiger Zeit war die Tochter des Agellid ohnmächtig. Als sie wieder zu sich kam, war ihr so schwindelig, daß sie nicht gehen konnte. Die Tochter des Agellid sagte: »Du hast gewonnen. Nimm die Puppe aus Gold und den Kasten mit Gold. Ich danke dir. Wenn mich nun mein Vater auch nicht verheiratet, so habe ich doch etwas, woran ich mit Freude zurückdenken kann. Hab' Dank.«
    Der Nsäni nahm die Puppe und den Kasten voll Gold. Er nahm von der Tochter des Agellid Abschied und ging zu seinen Brüdern. Er sagte: »Meine Brüder, wir haben an diesem Ort nun alle verdient. Wir wollen zusammen weitergehen und sehen, wo wir unser Geld nützlich anlegen können.« Die Brüder waren damit einverstanden. Sie packten das ihrige zusammen. Sie brachen auf und wanderten weit fort. Sie wanderten, bis sie an einen Kreuzweg kamen. An dem Kreuzweg nahmen sie voneinander Abschied und jeder ging seinen eigenen Weg.
    Nach einer langen Wanderung kam der Nsäni in eine große Stadt, in der war eine Frau die Tagellit (Fürstin, weibliche Form von Agellid). Die Fürstin war noch sehr jung. Sie hatte vor einiger Zeit einen Agellid zum Manne genommen, dieser war aber in der Hochzeitsnacht gestorben, und nun lebte die junge Tagellit als Witwe. Die Leute erzählten dem Nsäni viel von der Schönheit und Jugend der Tagellit.
    Der Nsäni hörte das alles und sagte bei sich: »Hier ist der beste Platz für mich. Hier werde ich bleiben.« Der Nsäni mietete sich ein Haus, das lag mit der Rückwand neben dem Hause der Tagellit. Als es Abend war, begann der Nsäni zu hämmern. Er hämmerte die ganze Nacht hindurch. Er hämmerte immer gegen die Mauer, hinter der auf der anderen Seite die junge Tagellit schlief. Die junge Tagellit konnte die ganze Nacht nicht schlafen.
    Die Tagellit rief am andern Morgen ihre alte Negerin und sagte zu ihr: »Gehe sogleich in das Haus auf der anderen Seite der Mauer und sieh zu, wer es gewagt hat, die ganze Nacht über so zu hämmern, daß ich nicht schlafen konnte. Ich will den Mann schlagen.« Die Negerin machte sich sogleich auf den Weg. Sie kam zu dem Nsäni. Als sie bei dem Nsäni eintrat, sah sie sogleich das goldene Huhn, das goldene Eier legen konnte. Die alte Negerin schlug die Hand vor den Mund und blieb sprachlos stehen.
    Der Nsäni begrüßte die Negerin und sagte: »Nun, meine Mutter, was führt dich hierher?« Die alte Negerin sagte: »Die junge Tagellit schickt mich; ich soll sehen, wer hier die ganze Nacht hindurch gehämmert hat, so daß sie nicht hat schlafen können.« Der Nsäni sagte: »Das habe ich getan. Ich habe in dieser Nacht das goldene Huhn gemacht, das goldene Eier legen kann. Solche Arbeiten kann man nicht bei Tage machen. Das muß ich nachts machen.« Die alte Negerin sagte: »Daß man solche Dinge überhaupt machen kann! Ich muß es der jungen Tagellit erzählen.«
    Die alte Negerin kam zu der jungen Tagellit zurück und erzählte ihr alles. Die alte Negerin sagte: »So etwas Schönes wie dieses goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, gibt es auf der ganzen Welt nicht. Das goldene Huhn gehört in dein Haus und in kein anderes. Aber es wird schwer sein, es dem Mann abzukaufen, denn er ist reicher, als du bist.« Die junge Tagellit wurde begierig auf den Besitz des goldenen Huhnes, das goldene Eier legen konnte, und sagte zu der alten Negerin: »So gehe zurück und frage den Mann, was er für das goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, haben will. Ich will es ihm abkaufen.« Die alte Negerin kam zu dem Nsäni zurück. Die alte Negerin sagte zu dem Nsäni: »Die junge Tagellit will dir das goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, abkaufen. Was willst du dafür bezahlt haben?« Der Nsäni sagte: »Das goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, ist mir für Gold nicht feil. Ich will es aber der jungen Tagellit schenken, wenn sie mir erlaubt, ihre Beine von den Zehen bis zu den Knien zu betrachten. Das ist alles. Erlaubt sie mir dies, so will ich ihr das goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, schenken.«
    Die alte Negerin kam zu der jungen Tagellit zurück und sagte: »Der Mann will dir das goldene Huhn, das goldene Eier legen kann, schenken, wenn du ihm erlaubst, deine Beine von den Zehen bis über die Knie zu betrachten.« Die junge Tagellit wurde wütend und rief: »Dies ist ein Unverschämter! Ich will ihn
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