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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron
Autoren: Leo Frobenius
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hörte, daß der Nsäni im Hause war, ließ sie sogleich ein gutes Essen herrichten und sandte dies durch ihre Dienerin hinüber.
    Die Dienerin brachte das Essen in die Kammer des Nsäni, setzte die Schüsseln nieder und sagte: »Dies sendet dir die junge Frau des Agellid; genieße es!« Der Nsäni sah die Dienerin nicht an und zuckte nur mit den Achseln. Die Dienerin sagte: »Ja, willst du dies denn nicht essen?« Der Nsäni sagte nichts und schüttelte nur die Achseln. Darauf nahm die Dienerin das Essen wieder auf, ging fort und kehrte mit den Schüsseln zur jungen Frau des Agellid zurück. Die Dienerin sagte: »Der Mann will nicht essen. Er hat mich nicht einmal von der Seite angesehen.«
    Die junge Frau des Agellid nahm der Dienerin die Schüsseln ab und sagte: »Ich will dem Mann selbst das Essen bringen.« Die junge Frau des Agellid trat in die Kammer des Nsäni. Als der Nsäni die junge Frau des Agellid sah, lachte er ihr entgegen und grüßte sie. Die junge Frau des Agellid sagte: »Warum willst du denn nichts genießen? Wenn du ein tüchtiger Nsäni bist, mußt du doch viel essen; sonst taugt doch deine Arbeit nichts.« Der Nsäni sagte: »Ich will schon genießen, was mir angenehm ist. Aber ich bin es nicht gewöhnt, von einer Dienerin bedient zu werden. Das Essen allein genügt nicht für meinen Beruf.« Die junge Frau des Agellid sagte: »Du bist also ein Nsäni?« Der Nsäni sagte: »Gewiß bin ich ein Nsäni!« Die junge Frau des Agellid sagte: »Und wie steht es mit deiner Arbeit? Kann man dir ein wertvolles Schmuckstück anvertrauen?« Der Nsäni sagte: »Versuche es und du wirst acht Tage lang vor Erstaunen darüber, daß du bislang nicht wußtest, was du Herrliches an dir hast, nicht zur Besinnung kommen.«
    Die junge Frau des Agellid sagte: »Wenn es so ist, mein Nsäni, so zeige nur gleich einmal, was du kannst.« Der Nsäni sagte: »Lege dich hin und hole noch einmal tief Atem.« Die junge Frau des Agellid legte sich auf das Lager. Der Nsäni legte sich neben ihr nieder. Nach einiger Zeit war die junge Frau des Agellid ohnmächtig. Als sie aus der Ohnmacht erwachte, sagte sie: »Mein Nsäni, bleibe recht lange bei meinem Mann. Denn mein Mann ist alt und gebrechlich.« Der Nsäni sagte: »Das wird nicht gehen, denn ich habe noch anderweitige Aufträge zu erfüllen.« Die junge Frau des Agellid sagte: »Ich habe eine goldene Henne, die legt goldene Eier. Die will ich dir schenken, wenn du noch einen Monat lang an meinem Schmuck arbeitest. Außerdem will ich dir noch dreihundert Duro in Gold schenken. Aber, ich bitte dich, bleibe noch einen Monat lang bei mir.«
    Der Nsäni willigte ein. Er blieb einen Monat lang bei der jungen Frau des Agellid. Die junge Frau des Agellid lag während dieses Monats meistenteils in Ohnmacht. Als der Monat verstrichen war, schenkte sie dem Nsäni die goldene Henne und die dreihundert Duro in Gold. Der Nsäni nahm von ihr Abschied und ging zu seinen Brüdern. Die beiden Brüder sagten zu dem Nsäni: »Wir wollen hier nicht länger bleiben. Wir haben hier gutes Essen, aber der Agellid gibt uns kein Geld.« Der Nsäni sagte: »Ich habe meine Arbeit hier auch vollendet. Mir ist es also recht, wenn wir weitergehen!« Die drei Brüder machten sich auf den Weg und kamen nach einer langen Wanderung zu dem Ort eines anderen Agellid. Der Nsäni ging zu dem Agellid und sagte: »Wir sind drei Brüder, die haben Vater und Mutter verloren und suchen nun ein Haus, in dem sie ihr Essen erhalten. Wir bitten dich deshalb: gib uns Arbeit!« Der Agellid sagte: »Welche Arbeit könnt ihr denn?« Der Nsäni sagte: »Mein einer Bruder ist Holzschnitzer, mein zweiter Bruder ist Maurer. Ich aber bin ein Nsäni, der sein Geschäft ebensogut versteht, wie meine Brüder das ihrige.« Der Agellid sagte: »Einen Maurer und einen Holzschnitzer kann ich gut gebrauchen. Was ich mit einem Nsäni anfangen soll, weiß ich nicht so recht.« Der Agellid wußte nämlich nicht, was ein Nsäni ist. Der Nsäni lachte und sagte: »Du weißt nicht, was du mit einem Nsäni anfangen sollst? Nun, du hast doch eine Frau?« Der Agellid sagte: »Gewiß habe ich eine; sie ist aber eine alte Frau und läßt mir keine Ruhe. Wenn das so weiter geht, wird sie mich noch vorzeitig ins Grab bringen.«
    Der Nsäni sagte: »Wenn es so steht, so komme ich dir nur um so gelegener, ohne daß du es weißt. So frage nur deine Frau, ob sie Arbeit für einen Nsäni hat. Wenn du mir aber hundert Duro in Gold gibst, so will ich dafür
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