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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus
Autoren: Juergen Kehrer
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Kleinholz. Da klingelte ein Telefon. Der Gorilla stutzte, schob den Tisch zur Seite und entdeckte das Schnurlose auf dem Boden.
    »Wie geht es dir?«, fragte Imke.
    Ich räusperte mir die Stimmbänder frei. »Mir geht es gut. Und dir?«
    »Danke der Nachfrage.« Nachdem unsere Beziehung ihren Zenit überschritten hatte, waren die Unterhaltungen zwischen Imke und mir so kommunikativ wie Pokerrunden unter Berufszockern. »Du liegst noch im Bett? Ist jemand bei dir?«
    »Warte! Ich schau mal nach. Nein, der Gorilla ist verschwunden.«
    Sie deutete ein Lachen an. »Seit wann treibst du’s mit Gorillas?«
    »Sie kommen einfach zu mir. Ich kann nichts dafür.«
    »Und was ist mit anderen Frauen? Du trauerst mir doch nicht immer noch nach?« Der spöttische Unterton war nicht zu überhören.
    »In meinem Alter müsste ich einem Singleklub beitreten, um jemanden kennenzulernen. Und du weißt ja, wie sehr ich Vereinsmeierei hasse.«
    »Es wird schon wieder, Georg! Ein Mann in den besten Jahren sollte die Hoffnung nicht aufgeben.«
    »Ja«, sagte ich, »es ist meine feste Überzeugung, dass sich im Leben Hochs und Tiefs abwechseln. Die einen haben die Hochs, die anderen die Tiefs.«
    Sie hatte die Plauderei satt und kam zum Geschäftlichen: »Ich möchte mit Chris ein paar Tage verreisen. Dummerweise ist meine Mutter krank geworden und kann sich nicht um das Kind kümmern. Deshalb wollte ich dich bitten, Sarah übers Wochenende zu dir zu nehmen.«
    Ich antwortete, dass ich das im Prinzip gerne tun würde, in den nächsten Nächten allerdings arbeiten müsse und mir der Zeitpunkt äußerst ungelegen komme. Darauf fragte sie mich, warum ich mich bei der Scheidung so intensiv um eine Beteiligung am Sorgerecht bemüht hätte, und schon waren wir wieder in unserem üblichen, gereizten Tonfall. Da ich mich für eine längere Auseinandersetzung zu müde fühlte, versprach ich, mir etwas einfallen zu lassen.
    Anschließend rief ich Sigi an und bat sie, bei Max ein gutes Wort für mich einzulegen, damit er für die Nachtschichten am Wochenende einen anderen einplante. Sie sagte, sie werde es versuchen.
    Dann legte ich mich wieder hin und schlief noch ein paar Stunden.
     
    Als Koslowski und ich um achtzehn Uhr beim Arilson -Affenhaus in Schapdetten ankamen, warteten unsere Kollegen schon ungeduldig auf uns. Tagsüber war nichts vorgefallen, und sie wollten so schnell wie möglich nach Hause.
    Bis auf Hillen hatten die Tierpfleger das Affenhaus bereits verlassen. Der Obertierpfleger hängte gerade seinen grauen Kittel in den Spind und fischte einen cremefarbenen Blouson heraus.
    Ich erzählte ihm, was ich letzte Nacht beobachtet hatte: »Ist Ihnen auch aufgefallen, dass einige Tiere in Raum C krank sind? Ich habe zwar keine Ahnung von Affen, aber es scheint mir eine Erkältung oder so was zu sein.«
    »Ach das«, sagte Hillen, »das ist nichts weiter. Eine kleine Grippe, nehme ich an. Sehen Sie, die Affen sind durch die lange Reise geschwächt. Da fangen sie sich leichter was ein. Wir päppeln sie dann hier wieder auf.« Er merkte, dass mich seine Antwort nicht befriedigte. »Morgen kommt sowieso der Tierarzt. Ich werde ihn darauf aufmerksam machen. Kümmern Sie sich darum, dass niemand einbricht, den Rest erledigen wir.«
     
    Und wieder wurde es eine lange Nacht. Sie kam mir noch länger vor als die erste. Der Reiz des Neuen war vorbei, die Monitore und die ewig gleichen Rundgänge und Kontrollchecks boten keine Abwechslung. Nicht einmal ein Motorradpärchen störte unseren Kampf gegen die Müdigkeit.
    Irgendwann, die Sonne war längst untergegangen und ich hatte meinen Kontrollgang absolviert, schlenderte ich durch den nahezu dunklen Flur. An der Decke brannte die Nachtbeleuchtung, meine Schritte hallten auf dem Steinfußboden.
    Ich öffnete die Tür zu Raum C. Etwas war hier anders als in den übrigen Affenräumen. Ich konnte nicht genau sagen, was. Die Atmosphäre vielleicht. Die Affen wirkten unruhiger und unzufriedener. Ich blieb in der Mitte stehen und schaute mich um. Die Zahl der kranken Tiere hatte eindeutig zugenommen. Mindestens zehn schnieften und röchelten, einige hatten rote, verquollene Augen.
    Ich ging näher an einen Käfig heran. Ein Kapuziner-Männchen saß in der hinteren Ecke und guckte mich böse an. Plötzlich machte es einen Satz nach vorne, ein langer, dünner Arm schnellte durch die Gitterstäbe. Im letzten Moment riss ich den Kopf zurück, die Krallen griffen ins Leere.
     
    Koslowski biss in sein
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