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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus
Autoren: Juergen Kehrer
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heißen sie wegen dieses eigentümlichen Haarwuchses am Kopf, der aussieht wie eine Kapuze. Ihr natürlicher Lebensraum ist Mittelamerika. Sie sind sehr geschickt im Laufen, Klettern und Springen. Ernähren sich von Kleintieren und Früchten. Sehen Sie den unheimlich langen, eingerollten Schwanz? Damit können sie balancieren, steuern und auch greifen. Recht intelligente und gesellige Kerlchen, die in den Bäumen des Regenwaldes leben. Früher waren sie bei Schaustellern und Zirkusleuten beliebt, weil sie leicht zähmbar und gelehrig sind. Andererseits haben sie auch eine unangenehme Eigenschaft, sie beschmieren sich nämlich gerne mit ihren eigenen Exkrementen.«
    »Was geschieht eigentlich mit ihnen?«, fragte ich. »Ich meine, zu welchem Zweck werden sie nach Deutschland importiert?«
    »Wir haben verschiedene Abnehmer: Universitäten, Forschungseinrichtungen, Pharma-Konzerne.«
    »Und was genau …«
    Hillen wurde ernst. »Ich weiß es nicht, und ich will’s auch gar nicht wissen. Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht verraten.«
    »Dann bringt man ihnen wohl nicht das Einmaleins bei oder lässt sie den Geschmack von verschiedenen Bananen testen?«
    »Nein. Bestimmt nicht.«
    Vereinzeltes Schnattern steigerte sich zu einem kakofonen Gesang.
    »Gehen wir«, entschied Hillen. »Sonst machen wir noch alle munter.«
    Der Rundgang endete im Wachbüro. Auf fünf Monitoren hatte man fast die gesamte Außenfläche im Blick. Im Moment standen nur zwei Pkws auf dem Parkplatz.
    »Die Aufnahmen werden vierundzwanzig Stunden gespeichert«, erläuterte Hillen. »Zwecks Identifizierung möglicher Eindringlinge. Die Kassetten sind gegen Diebstahl gesichert. Außerdem gibt es Sensoren an den Zäunen. Hier«, er zeigte auf ein mischpultähnliches Gerät, an dessen Kopfende sich ein Modell des Gebäudekomplexes befand, »können Sie erkennen, wo die Berührung erfolgt. Im entsprechenden Abschnitt leuchtet ein Lämpchen auf. Meistens handelt es sich um Kleintiere, Kaninchen, Ratten, Mäuse, die zufällig gegen den Zaun stoßen. Dann drücken Sie die Deaktivierungstaste. Ist es aber ein Mensch, der am Zaun rüttelt oder anderen Unfug treibt, haben Sie zwei Möglichkeiten. Erstens: Sie schalten die Außenlautsprecher ein. So. Und fordern ihn über dieses Mikrofon auf, sich schleunigst zu entfernen. Zweitens«, der Tierpfleger zog einen Hebel herunter, »können Sie ihm einen Stromstoß versetzen, variabel von fünf bis fünfzig Volt. Das ist zwar nicht gesundheitsgefährdend, aber ich möchte den sehen, der das lange aushält. Die Firma legt Wert darauf, dass Sie die Reihenfolge beachten: zuerst die Lautsprecherdurchsage, dann der Stromstoß. Wir wollen ja keinen unnötigen Ärger.«
    »Wunderbar«, sagte ich. »Wie oft haben Sie die Folteranlage schon zum Einsatz gebracht?«
    »Bis jetzt überhaupt noch nicht.«
    »Noch nie irgendwelche Probleme gehabt?«, erkundigte sich Koslowski.
    »Am Anfang schon.« Hillen strich sich über das stoppelige Kinn. »Die Schapdettener waren nicht gerade begeistert, als sie erfuhren, was wir hier machen. Es gab Flugblätter und zwei oder drei Sitzdemos vor dem Tor. Aber mit der Zeit haben sie sich daran gewöhnt.« Er schaute auf seine Armbanduhr. »So, das wäre fast alles. Im Prinzip könnten Sie die ganze Nacht hier sitzen und Fernsehen gucken. Um zu verhindern, dass Sie dabei einschlafen, hat sich die Firma eine kleine Erschwernis ausgedacht.« Er zog eine bedruckte DIN-A4-Seite aus der Tasche und legte sie auf das Pult. »Das ist der Kontrollgangplan. Er ändert sich täglich und wird vom Computer mit einem Zufallsprogramm entworfen. Auf diese Weise wird verhindert, dass böse Buben durch Beobachtung herausfinden, wann Sie erscheinen. Sollte ihnen das Unmögliche gelingen, nämlich ohne Berührung über den Zaun zu kommen.«
    »Scheint fast so, als ob der Goldkeller der Bundesbank leichter zu knacken sei«, sagte ich.
    »Zumindest vom Finanzminister.« Hillen lachte. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen noch die Kontrolluhren! Und dann nehme ich meinen verdienten Feierabend.«
    Während wir die Strecke abliefen, fragte ich, warum sich Arilson von unseren Vorgängern getrennt habe.
    Der Tierpfleger blinzelte, bevor er antwortete. »Es gab ein paar Unregelmäßigkeiten. Alkohol war im Spiel, da ist schon mal was zu Bruch gegangen. Und einer der Burschen hat sich an einem Affen vergriffen.«
    Ich schaute zu Koslowski. Aber das Gesicht meines Partners blieb ausdruckslos.
     
    Zehn
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