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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus
Autoren: Juergen Kehrer
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ihren Verflossenen aus seiner Lethargie. Mit schnellen Bewegungen näherte er sich der Tür.
    »Scheiße«, sagte Koslowski.
    Blitzschnell waren wir aus dem Auto.
    »Gehen Sie ins Haus!«, schrie ich. Aber die Frau blieb wie hypnotisiert stehen. Jetzt war Weiduschat nur noch zwei Meter von ihr entfernt.
    Koslowski nahm die Abkürzung über zwei Jägerzäune, ich sprintete den Bürgersteig entlang.
    Weiduschat hatte sie erreicht, hob die Fäuste. Im nächsten Moment würde er zuschlagen.
    Dass es nicht dazu kam, lag an Koslowski, der ihn einfach über den Haufen rannte. Mit der Wucht seiner hundertzehn Kilo rammte er den einen Kopf kleineren Frauenquäler in das Geranienbeet. Bevor Weiduschat wusste, wie ihm geschah, hockte Koslowski schon über ihm und verpasste ihm einen Faustschlag in den Magen.
    Frau Weiduschat schrie auf.
    »Es ist alles in Ordnung«, rief ich ihr atemlos zu. »Sie können völlig unbesorgt sein. Wir haben die Situation unter Kontrolle.«
    Ein trockenes Klatschen, das eine gurgelnde Antwort hervorrief, bestätigte die Richtigkeit meiner Annahme.
    »Idioten!« Ihr Gesicht verzerrte sich. »Was soll denn das? Seid ihr verrückt?«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Weiduschat mit halb verdautem Bier die Geranien düngte.
    »Er hat mich um Verzeihung gebeten. Ihr habt alles kaputt gemacht.«
    »Was?«
    Ihre Oberlippe zitterte, aus den Augen sprühte Wut. Zu spät bemerkte ich den spitzen schwarzen Schuh, der hochschnellte und mich zwischen den Beinen traf. Ein wahnsinniger Schmerz, der allein Männern vorbehalten ist, explodierte in meinem Körper und paralysierte mich. Ohne zu wissen, wie ich dort hingekommen war, lag ich neben Weiduschat. Außerdem befanden sich in meinem Blickfeld zwei nackte Beine und der Saum eines rosaroten Bademantels. Ich spürte zwar nichts, doch das knackende Geräusch, das der Tritt in meiner linken Brustseite verursachte, verhieß nichts Gutes. Durch eine dicke Watte aus Schmerz hörte ich eine Frauenstimme »Norbert, Norbert« jammern.

II
     
     
    Eigentlich hätte ich ein paar Tage krankfeiern sollen. Die Rippe war zwar nicht gebrochen, sondern, wie eine Röntgenaufnahme ergab, nur angebrochen, trotzdem schmerzte meine ganze linke Seite, und mit dem engen Verband, den man in der Uni-Klinik um meine Brust gewickelt hatte, fühlte ich mich wie eine halb fertige Mumie.
    Auf der anderen Seite hatte Sigi Bach, die Chefin und Alleinbesitzerin der Security Check GmbH , für heute eine Betriebsversammlung angesetzt. Die Geschäfte der Sec Check liefen in letzter Zeit nicht besonders. Die Aufträge nahmen ab, viele Unternehmen sparten, wo sie nur konnten. Und da war es, bilanzmäßig gesehen, unter Umständen günstiger, einem Angestellten kleine Diebstähle durchgehen zu lassen als eine aufwendige detektivische Untersuchung zu finanzieren. Auch schien es die Leute immer weniger zu interessieren, was ihre Ehepartner trieben, wenn diese, soweit weiblich, angeblich nur mit einer Freundin im Kino waren, oder, männliche Variante, mit den Kumpels ein paar Biere schluckten. Entweder ein Ausdruck sinkender Moral oder mangelnder Zahlungsfähigkeit. Letztere wiederum bescherte uns den einzigen Geschäftsbereich, der Zuwächse zu verzeichnen hatte: Liquiditätsprüfungen und Suche nach versteckten Vermögenswerten. Gar mancher Bauunternehmer und Anwalt, der auf einer fünf- oder sechsstelligen Forderung saß, hätte zu gern von der verschwiegenen Ferienwohnung in Holland oder dem beim Onkel geparkten Luxusschlitten eines Schuldners erfahren.
    Insgesamt aber waren die Aussichten trübe, und ich wollte die schlechten Nachrichten lieber aus erster Hand erfahren als mir zu Hause eine mittelschwere Depression einfangen. Also schleppte ich mich mit zusammengebissenen Zähnen zum Konferenzraum der Sec Check am Prinzipalmarkt.
     
    Nach und nach trudelten rund zwanzig Detektivinnen und Detektive ein. Auch von den Außenstellen in Coesfeld, Burgsteinfurt und Borken waren die meisten der dort Beschäftigten angereist.
    Die Stimmung war, wie nicht anders zu erwarten, ziemlich gedrückt. Hinter vorgehaltener Hand wurde von betriebsbedingten Kündigungen geredet. Natürlich fielen keine Namen, aber die skeptischen Blicke, mit denen mich einige Kollegen musterten, gaben mir zu denken.
    Als Max von Liebstock-Blumenberg hereinhumpelte, verstummten die Gespräche. Bei einer missglückten Aktion in einem Landbordell hatte er sich einen Beinschuss eingefangen, und seitdem trug er eine Prothese. Da er
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