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Das Schapdetten-Virus

Das Schapdetten-Virus

Titel: Das Schapdetten-Virus
Autoren: Juergen Kehrer
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sich im Außendienst sowieso als Niete erwiesen hatte, war es kein großer Verlust, dass er sich jetzt nur noch um Finanzen und Organisation kümmerte.
    Der zwergenwüchsige Adelige nahm am Kopfende des Tisches Platz und entnahm einer eleganten schwarzen Aktentasche einen Stapel Papiere, den er vor sich aufschichtete. Max war die rechte Hand von Sigi, die, zu meinem Leidwesen, große Stücke auf den graduierten Betriebswirt hielt.
    Kurz darauf rauschte Sigi Bach herein. Obwohl sie seit einigen Jahren auf die Vierzig zuging, sah sie immer noch ausgesprochen gut aus. Immerhin verbrachte sie eine Menge Zeit auf der Sonnenbank, sonst hätte das schlichte schwarze Kleid, das sie trug, nicht so blendend mit der gebräunten Haut harmoniert.
    »Einen schönen guten Morgen«, sie ließ ihren Blick in die Runde schweifen, »bevor ich zum hauptsächlichen Anlass unseres Treffens komme, muss ich leider ein Ereignis des gestrigen Abends erwähnen.«
    Ich setzte mich aufrechter hin.
    »Georg und Hjalmar, was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht, diesen Weiduschat krankenhausreif zu schlagen?«
    Koslowski zog den Kopf zwischen die Schultern. »Ich dachte, sie, ich meine Frau Weiduschat, hat das so gewollt.«
    »Außerdem«, beeilte ich mich hinzuzufügen, »sah es für uns so aus, als würde Herr Weiduschat eine bedrohliche Haltung einnehmen. Um unsere Mandantin zu schützen, mussten wir improvisieren.«
    »Soso, improvisieren.« Sigi funkelte uns durch ihre Fensterglasbrille wütend an. »Heute Morgen habe ich einen Anruf von Weiduschats Anwalt erhalten. Sein Mandant liegt noch im Krankenhaus, mit diversen Prellungen und Blutergüssen sowie einem angebrochenen Nasenbein. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass da eine saftige Schadensersatzklage auf uns zukommt. Ganz abgesehen davon, dass wir das Honorar von Frau Weiduschat in den Wind schreiben können.«
    »Sind wir nicht gegen so was versichert?«, fragte ich schüchtern. »Durch die Berufsvereinigung?«
    »Natürlich können wir Rechtsschutz in Anspruch nehmen«, sagte Sigi kalt. »Unabhängig von den finanziellen Fragen ist für mich viel gravierender, welchen Imageschaden wir durch diese Aktion davontragen. Ich möchte nicht, dass Security Check in den Ruf gerät, wild gewordene Schläger zu beschäftigen.« Sie wendete ihren hübsch frisierten Kopf in meine Richtung. »Gerade von dir, Georg, hätte ich mehr Einfühlungsvermögen in die Situation erwartet.«
    »Ihr habt euch ohne Ende blamiert«, setzte Liebstock-Blumenberg überflüssigerweise hinzu. Er kam sich besonders cool vor, wenn er diesen Sprachmüll absonderte.
    »Was ist eigentlich mit dem Schaden, den ich davongetragen habe?«, entgegnete ich. »Durch mehrere Fußtritte hat Frau Weiduschat meine Fortpflanzungsfähigkeit aufs Spiel gesetzt und mir außerdem eine Rippe angebrochen. Ich könnte mit ihrem Alki-Exmann das Krankenhauszimmer teilen, wenn mich die verdammte Pflicht nicht hierher geprügelt hätte.«
    Eine junge, sommersprossige Kollegin aus der Coesfelder Filiale kicherte.
    »Und das ist überhaupt nicht witzig«, blaffte ich hinüber.
    Die Sommersprossen verschwanden in einem satten Rosa.
    »Na und?«, konterte die Chefin. »Frau Weiduschat hat offensichtlich in Notwehr gehandelt. Ihr Mann hatte sein Erscheinen telefonisch angekündigt. Er beabsichtigte, den Streit beizulegen und um Verzeihung zu bitten. Und kaum steht er vor ihr, wird er von zwei brutalen Gestalten überfallen. Jeder Richter wird verstehen, dass die arme Frau ihren Mann retten wollte. Tut mir leid, Georg, du hast null Anspruch auf gar nichts. Wärt ihr beiden nicht langjährige, verdiente Mitarbeiter …« Sie ließ den Satz in der Schwebe. »Nun, beim Tagesordnungspunkt zwei kommen wir noch auf Konsequenzen zu sprechen.« Sie räusperte sich. »Womit wir beim Hauptthema des heutigen Vormittags wären. Wie ihr alle wisst oder doch zumindest vermuten konntet, ist die Geschäftsentwicklung nicht gerade positiv. Max, bitte!«
    Der Blaublütige verteilte die Papiere und rasselte Zahlenkolonnen herunter, Jahresbilanzen, Erlöse, Gewinne vor und nach Steuer, Entwicklungen der nachgefragten Dienstleistungen, diversifiziert und akkumuliert. Am Ende waren wir nicht schlauer als vorher.
    »Und das heißt?«, fragte ein vorwitziger Milchbart.
    »Das heißt«, sagte Max mit wichtiger Stimme, »dass es nicht so weitergehen kann wie bisher.«
    Betretenes Schweigen in der Runde.
    »Das war die schlechte Nachricht«, verkündete Sigi. »Jetzt
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