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Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug
Autoren: Arthur W. Upfield
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lachte ihm zu, als der Wagen sich in Bewegung setzte, und erwiderte seinen Gruß mit einem kurzen Winken.
    Zwanzig Minuten später hatten sie die Ebene hinter sich gelassen und durchführen einen Wald verkrüppelter Bäume. Hier bot der nackte Boden keine Nahrung für das Vieh, doch in Trockenzeiten lieferte das Laub der Bäume wertvolles Futter. Einige Kilometer durch diesen struppigen Wald, dann führte der Weg durch weites, zerfurchtes Sandgebiet, das kreuz und quer von Wasserläufen durchzogen war, kahl bis auf weit auseinanderstehende, durstgeplagte Coolibah–Bäume und hier und dort Flecken von Bültgras. Ein erstaunlicher Ort, Werkstatt des Windkönigs, der die Sandhügel in bizarre Formen gemeißelt hatte, eine wahre Hölle, wenn im November und März die heißen Westwinde bliesen.
    Fast hundert Kilometer von zu Hause entfernt, hielten sie im schwarzen Schatten dreier kräftiger Bäume, um Mittagsrast zu machen. Elizabeth stellte den niedrigen Klapptisch neben dem Trittbrett des Wagens auf, deckte ihn mit belegten Broten, Keksen und Tongeschirr, das ihr Vater nie mitnahm, wenn er allein unterwegs war. Da reichte ihm seine Provianttasche mit Blechbecher und Fleischermesser, Brot und Wurst, Tee und Zucker. Weder seine Frau noch – später – seine Tochter hatten ihn dazu bringen können, die Gewohnheiten seiner Jugend, als er noch Viehhüter und dann Aufseher gewesen war, zu ändern.
    »Ah, sieht gut aus«, bemerkte er vergnügt. »Ein richtiges Festmahl.«
    »Natürlich«, bestätigte Elizabeth mit Nachdruck. »Du erwartest doch nicht, daß ich mit einem Brotkanten und Pökelfleisch zufrieden bin?«
    »Nein, nein, ich weiß. Ich hab’ allerdings meine Zweifel, ob diese hochherrschaftlichen Mahlzeiten so gesund sind. Mir ist aufgefallen, daß ich in letzter Zeit immer mal wieder Verdauungsbeschwerden habe. Die hatte ich nie, als ich noch von schlichtem Brot und Pökelfleisch lebte.«
    »Kann schon sein, Dad. Aber du hast die Verdauungsbeschwerden heute, weil du früher nur von diesem Zeug gelebt hast«, konterte sie lachend. »Bitte schenk mir den Tee ein, ehe er pechschwarz wird.«
    Nettlefold war glücklich, weil seine Tochter bei ihm war, und sie war glücklich, weil er es war. Elizabeth liebte den Busch nicht wie ihr Vater. Sie hatte seinem lockenden Reiz, dem ihr Vater hoffnungslos verfallen war, widerstanden und war dagegen gefeit. Paradoxerweise jedoch mochte sie auch die Stadt nicht.
    Nach dem Essen gab er ihr galant Feuer für ihre Zigarette und begann dann, seine Pfeife im Mund, die Sachen einzupacken. Sie sah ihm unter halb gesenkten Lidern dabei zu und sagte sich, was für ein wunderbarer Mann ihr Vater in seiner Einfachheit und Großzügigkeit war. Es war ausgemacht, daß sie, wenn sie über Land fuhren, sein Gast war – Gast in seinem Landhaus, wie er sagte – und keinerlei Arbeiten zu übernehmen brauchte.
    Dann ging es weiter, durch das Tor auf die riesige Emu Lake–Koppel, ein umzäuntes Gebiet von achtzehn Quadratmeilen. Das Gras, das zwei Jahre lang ungestört hatte wachsen können, lag wie brauner Hafer unter der Sonne. Wie zackige dunkle Inseln ragten Gruppen von Büschen und Sträuchern aus dem welligen Grasland in die Höhe. Es gab hier, auf diesem geschützten Stück Land viele Känguruhs, und als die Reisenden sich einem Rohrbrunnen näherten, wurden sie von einer riesigen Schar Papageien begrüßt.
    Alle vierundzwanzig Stunden sprudelten über drei Millionen Liter heißes Wasser aus dem artesischen Brunnen und strömten durch einen extra dafür angelegten Kanal weiter ins Land. Vor Jahren, als der Brunnen gebohrt worden war, um die zwischen zwei undurchlässigen Schichten fließenden Wasserreserven anzuzapfen, hatte der Ausstoß nahezu fünf Millionen Liter in vierundzwanzig Stunden betragen.
    Jahraus, jahrein, bei Tag wie bei Nacht sprudelte der heiße Strom durch das Metallrohr und ergoß sich in den Kanal, dessen Ränder weiß waren von Sodaschaum. So heiß war das Wasser, so alkalihaltig, daß das Vieh in der Nähe des Bohrlochs gar nicht trinken konnte.
    Nettlefold fuhr eine ganze Strecke am Kanal entlang, ehe er auf einen alten, nur schwach erkennbaren Pfad abbog, der nach Norden führte. Etwa zehn Minuten nachdem sie den Kanal verlassen hatten, gelangten sie aus dichtem Gehölz auf den ausgetrockneten, völlig platten Grund einer seichten Senke, die der Koppel den Namen gegeben hatte. Die Ufer dieses wasserlosen Sees waren aus weißem, betonhartem Lehm, der sich wie ein
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