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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte
Autoren: Steven Erikson
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Priester.
    »Nein.«
    »Was findest du dann so erheiternd?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich hatte erwartet, mich in guter Gesellschaft wieder zu finden... Wie wäre es damit als typischem, hochnäsigem Gedanken? Das ist doch die Haltung, die die Bauern unbedingt niederreißen wollten, das ist das Öl, mit dem die Imperatrix die Flamme entfacht hat...
    »Kind!«
    Die Stimme gehörte einer älteren Frau, sie klang noch immer hochmütig, doch es schwang auch eine verzweifelte Sehnsucht in ihr mit. Felisin schloss kurz die Augen, dann streckte sie sich und schaute an dem Schläger vorbei die hagere alte Frau an. Sie trug nur ein zerrissenes, blutverschmiertes Nachtgewand. Und es ist zweifellos adliges Blut. »Lady Gaesen.«
    Die alte Frau streckte eine zitternde Hand aus. »Ja! Die Frau von Lord Hilrac! Ich bin Lady Gaesen...« Die Worte erweckten beinahe den Anschein, als hätte sie vergessen, wer sie war; doch jetzt runzelte sie unter dem abbröckelnden Make-up, das ihre Falten überdecken sollte, die Stirn und starrte Felisin aus blutunterlaufenen Augen an. »Ich kenne dich«, zischte sie. »Du bist vom Haus Paran, die jüngste Tochter... Felisin!«
    Felisin wurde kalt. Sie drehte sich weg, blickte starr geradeaus, hinaus auf den Hof, wo die Wachen auf ihre Piken gelehnt herumstanden; sie verscheuchten die letzten Fliegen, während Feldflaschen mit Bier von einer Hand zur anderen wanderten. Ein Karren war angekommen, um das Maultier abzuholen. Vier ascheverschmierte Männer kletterten herunter, Seile und Haken in den Händen. Jenseits der Mauern, die den Ring umgaben, erhoben sich Untas bemalte Türme und Kuppeln. Sie sehnte sich nach den schattigen Straßen, die sich zwischen ihnen erstreckten, sehnte sich nach dem verwöhnten Leben, das sie noch eine Woche zuvor geführt hatte, nach Sebrys, der ihr raue Befehle zubrüllte, während sie ihre Lieblingsstute ritt. Und wenn sie aufblickte, während sie die Stute eine schwierige, exakte Wendung vollführen ließ, würde sie die Reihe grünblättriger Bleibäume sehen, die den Reitplatz von den Weinbergen der Familie trennte.
    Der Schläger neben ihr stieß ein Grunzen aus. »Bei den Füßen des Vermummten, das Miststück hat ja so was wie Humor.«
    Welches Miststück?, fragte sich Felisin, doch sie schaffte es, ihren kalten Gesichtsausdruck beizubehalten, auch als die Erinnerungen und mit ihnen der Trost, den sie boten, vergingen.
    Der Ex-Priester regte sich. »Eine Art schwesterliche Kabbelei, was?« Er machte eine kurze Pause und fügte dann trocken hinzu: »Kommt mir aber ein bisschen übertrieben vor.«
    Der Schläger grunzte erneut und beugte sich vor, sodass sein Schatten auf Felisin fiel. »Du bist ein ausgestoßener Priester, stimmt's? Das sieht mir aber gar nicht nach der Imperatrix aus, irgendwelchen Tempeln 'nen Gefallen zu tun.«
    »Das hat sie auch nicht getan. Ich habe meine Frömmigkeit schon vor langer Zeit verloren. Ich bin mir sicher, der Imperatrix hätte es besser gefallen, wenn ich im Kloster geblieben wäre.«
    »Als ob sie das irgendwie kümmern würde«, sagte der Schläger höhnisch, als er sich wieder zurücklehnte.
    »Du musst mit ihr sprechen, Felisin!« Lady Gaesens Stimme war atemlos. »Einen Appell an sie richten! Ich habe reiche Freunde ...«
    Das Grunzen des Schlägers wurde zu einem Bellen. »Deine reichen Freunde wirst du weiter vorne in der Reihe finden, alte Hexe!«
    Felisin schüttelte nur den Kopf. Es ist Monate her, dass wir miteinander gesprochen haben. Noch nicht einmal, als Vater gestorben ist...
    Stille senkte sich herab, zog sich in die Länge, wurde fast schon wieder so lastend wie die Stille, die vor diesem Geschwätz geherrscht hatte. Doch dann räusperte sich der Ex-Priester und spuckte aus. »Es hat keinen Sinn, bei einer Frau nach Erlösung zu suchen, die nur Befehle befolgt, Lady. Da spielt es auch keine Rolle, dass sie die Schwester von diesem Mädchen hier ist«, murmelte er.
    Felisin zuckte zusammen, warf dann dem Ex-Priester einen finsteren Blick zu. »Du wagst es ...«
    »Er wagt gar nichts«, sagte der Schläger mit grollender Stimme. »Vergiss, was in deinem Blut ist oder was du glaubst, was drin ist. Dies ist das Werk der Imperatrix. Vielleicht glaubst du, dass dies etwas Persönliches ist, vielleicht musst du das auch glauben, so, wie du bist...«
    »Wie ich bin?« Felisin lachte rau. »Welchem Haus gehörst du an?«
    Der Schläger grinste. »Dem Haus der Schande. Was ist dabei? Deines sieht mindestens genauso
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