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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte
Autoren: Steven Erikson
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Schwertgriffe.
    Baudin, der lachende Baudin, seine Nase war von einem gut gezielten Ziegel zerschmettert worden, Steine prallten von ihm ab, seine Sklaventunika hing ihm blut- und schleimverschmiert in Fetzen vom Leib. Er packte jeden, der in seine Reichweite geriet, drehte, bog und zerbrach ihn. Er verlangsamte seinen Schritt nur dann, wenn weiter vorne etwas geschah, wenn sich zwischen den Soldaten eine Lücke bildete – oder wenn Lady Gaesen strauchelte. Dann packte er sie nicht besonders sanft unter den Achseln und schob sie vorwärts, wobei er ohne Unterlass fluchte.
    Eine Woge der Furcht eilte ihm voraus, und etwas von dem Entsetzen, das der Mob verbreitete, schwappte wieder in die Menge zurück. Die Zahl der Angreifer nahm ab, obwohl noch immer Ziegel flogen wie ein pausenloses Sperrfeuer, von denen einige trafen, die meisten jedoch fehlgingen.
    Der Marsch durch die Stadt dauerte an. In Felisins Ohren dröhnte es schmerzhaft. Sie hörte alles nur durch einen alles überlagernden Lärmschleier hindurch, doch ihre Augen sahen klar – und viel zu oft sah sie Bilder, die sie niemals wieder vergessen würde.
    Die Tore waren schon in Sicht, als sich die bisher größte Bresche in den Reihen der Soldaten auftat. Die Soldaten schienen förmlich wegzuschmelzen, und eine Woge schrecklicher Begierde schwappte über die Straße, hüllte die Gefangenen ein.
    Felisin konnte Heborics geknurrte Worte kaum verstehen, obwohl er sich ganz dicht hinter ihr befand und sie immer weiterschob. »Jetzt ist es also so weit.«
    Baudin brüllte auf. Körper drängten heran, Hände zerrten, Nägel fetzten. Die letzten kümmerlichen Reste ihrer Kleidung wurden Felisin heruntergerissen. Eine Hand schloss sich um eine Strähne ihres Haares, zerrte wild, riss ihr den Kopf herum, wollte ihr das Genick brechen. Sie hörte einen Aufschrei und begriff, dass sie selbst diejenige war, die da schrie. Ein tierisches Knurren ertönte hinter ihr, und sie spürte, wie die Hand wie in Krämpfen zuckte und dann losließ. Noch mehr Geschrei gellte in ihren Ohren.
    Eine starke Bewegung erfasste die Gefangenen, zog an ihnen oder schob sie – sie konnte es nicht genau ausmachen –, und Heborics Gesicht geriet in ihr Blickfeld; er spuckte blutige Hautfetzen aus. Plötzlich war um Baudin herum viel Platz. Er stand zusammengeduckt da, und ein Strom von Hafenarbeiterflüchen sprudelte pausenlos von seinen blutig geschlagenen Lippen. Der Mob hatte ihm das rechte Ohr abgerissen, und zusammen mit der Ohrmuschel auch Haare und einen Fetzen Haut und Fleisch. Sein Schläfenknochen glänzte feucht. Rings um ihn lagen zerschmetterte Leiber, von denen sich nur noch wenige bewegten. Zu seinen Füßen hockte Lady Gaesen. Baudin hatte sie an den Haaren gepackt, zog sie ein Stück hoch, sodass man ihr Gesicht sehen konnte. Einen Augenblick lang schien alles zu erstarren, schien die ganze Welt nur noch aus dieser einzigen Szene zu bestehen.
    Baudin bleckte die Zähne und lachte. »Ich bin kein winselnder Adliger«, grollte er und starrte dabei die Menge an. »Was wollt ihr? Wollt ihr das Blut einer Adligen?«
    Der Mob kreischte auf, streckte gierig die Hände aus. Baudin lachte erneut. »Wir gehen da durch, hört ihr mich?« Er streckte sich, zog dabei Lady Gaesens Kopf in die Höhe.
    Felisin vermochte nicht zu sagen, ob die alte Frau bei Bewusstsein war. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesichtsausdruck friedlich, fast jugendlich, unter all dem Dreck und den Wunden. Vielleicht war sie tot. Felisin betete, dass dem wirklich so war. Gleich würde etwas geschehen, etwas, das diesen Albtraum zu einem einzigen Bild verdichten würde. Gespannte Erwartung lag in der Luft.
    »Sie gehört euch!«, kreischte Baudin. Er griff mit der zweiten Hand nach dem Kinn der Lady, drehte ihren Kopf herum. Das Genick brach und der Körper sackte zuckend in sich zusammen. Baudin schlang die Kette einmal um ihren Hals. Er zog sie stramm, und dann begann er zu sägen. Blut spritzte auf, ließ die Kette wie einen zerfetzten Schal aussehen.
    Felisin starrte entsetzt auf die Szene.
    »Fener, erbarme dich«, keuchte Heboric.
    Die Menge schwieg wie betäubt, wich trotz ihres Blutdurstes langsam zurück. Ein Soldat tauchte auf; er trug keinen Helm, und sein Gesicht war bleich. Die Augen fest auf Baudin gerichtet, blieb er dicht vor ihm stehen. Hinter ihm blitzten die glänzenden, spitzen Helme und die blankgezogenen Schwerter der Roten Klingen über der Menge auf, als die Reiter sich langsam einen Weg
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