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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01
Autoren: Alfred Bekker
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Härte seiner Gesichtszüge für einen Moment vollkommen auf.
Ruwen stand an der Reling der »Tharnawn« und blickte hinaus zum Strand, der im dichten Nebel verborgen war. Sie fühlte, dass Keandir in Gedanken bei ihr war. Ihre Sinne vernahmen den Hauch seiner Stimme.
»Kean!«, murmelte sie.
Die »Tharnawn«, das königliche Flaggschiff, war mit einigen anderen in der Bucht vor Anker gegangen. Doch von dem Festland vor ihr konnte Ruwen nur die schroffen Felsen sehen, die sich aus dem Nebel erhoben. Den Blick auf den Strand
verwehrten dichte graue Schwaden, und so konnte sie auch ihren geliebten Keandir nicht entdecken.
Doch er sprach in diesem Moment zu ihr, und obwohl sie die Worte mit ihren Ohren nicht vernahm, wusste sie, dass es eine Botschaft voller Liebe und Zuneigung war, die er ihr übermittelte.
Ein Lächeln huschte über ihr zartes Gesicht. Sie strich sich das ebenholzschwarze Haar zurück. Doch plötzlich stutzte sie. Lauschte. Starrte angestrengt in die Ferne und suchte mit den Blicken die Felsen der Küste ab.
»Kean, geh nicht!«, sagte sie so laut, dass sich einer der
Elbenkrieger zu ihr umdrehte.
Die Stimme Keandirs, die sie vernahm, wurde überdeckt von einem Chor gehässigen Raunens.
»Was bedrückt Euch, Ruwen?«, fragte eine weibliche Stimme in ihrer Nähe. Es war Nathranwen, die Heilerin. »Ihr seht vollkommen verstört aus. Dabei hättet Ihr allen Grund, Euch zu freuen.«
»Das tue ich auch.«
»Und was ist mit dem König?«
»Er freut sich ebenso wie ich.«
»Dann solltet Ihr Euer Glück genießen. Denn es ist nicht nur Euer Glück, sondern das Glück des ganzen Volks der Elben; die Geburt eines Königskindes wird alle mit neuer Hoffnung und Kraft erfüllen.«
Ruwen deutete zur Küste. »Ich glaubte, etwas gehört zu haben. Etwas Bedrohliches, Böses, das auf meinen geliebten Keandir lauert.«
»Hört Ihr es immer noch?«
Ruwen schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Dunkle Ahnungen und feine Sinne sind Segen und Fluch unseres Volkes zugleich, Ruwen. In diesem Fall solltet Ihr vielleicht einfach darauf vertrauen, dass es das Schicksal im
Moment wirklich sehr gut mit Euch meint. Oft genug sind es die bösen Ahnungen selbst, die ihre eigene Erfüllung erst verursachen.«
»Meint Ihr?«
»Ja.«
»Dann will ich hoffen, dass Ihr recht behaltet.«
2
GEFLÜGELTE BESTIEN
    König Keandirs Gruppe brach auf. Einen Moment lang war ihm, als würde ihn die Stimme seiner geliebten Ruwen vor irgendetwas warnen wollen. Er lauschte, aber alles, was er hörte, war das Geraune jener Geschöpfe, die an dieser Küste lebten.
Der Elbenkönig und seine vier Begleiter gingen ein Stück den schmalen Strand entlang. Er bestand aus grobem Sand und wurde in Richtung der Klippen immer steiniger. Dann entdeckten sie einen Pfad, der hinauf in das Gebirge führte. Immer höher und höher ging es. Die Vegetation war spärlich und karg. Farblose Dornenbüsche hatten sich mit ihren Wurzeln in die Felswände geklammert, und hier und dort wuchsen ein paar widerstandsfähige Gräser. Der Geruch der Moose, die einige der Felsbrocken überzogen, erinnerte an eine Totengruft. Ansonsten überwog kahles Gestein.
Der Pfad stieg rasch an und führte anschließend durch eine spaltartige Schlucht, die aussah, als habe ein übermütiger Riese versucht, mit einer gigantischen Streitaxt den Berg zu spalten. Am Ende dieser Schlucht begann ein weiterer sehr steiler Aufstieg. Über einen schmalen Grad setzte die Gruppe ihren Weg fort, bis sie schließlich ein Hochplateau erreichte.
Keandir trat an den Rand des Plateaus und blickte hinaus auf das Meer. Aber von den über tausend Elbenschiffen, die auf die Anfurten zusteuerten, war nichts zu sehen. Ein undurchdringlicher grauer Schleier aus dichtem Nebel hing über dem Wasser, soweit das Auge reichte.
»Das ist kein gewöhnlicher Nebel, in den wir geraten sind«, meinte : Keandir.
»Ihr vermutet dahinter Zauberei?«, fragte Malagond der
Bogenschütze ebenso verwundert wie erschrocken.
»Ja, irgendeine böse Form von Magie muss es wohl sein«, brummte Branagorn.
Malagond, der seinen Bogen auf dem Rücken trug, sagte:
»Dann muss dieses Land das Zentrum dieser bösen Magie sein.«
»Das wollen wir nicht hoffen«, murmelte Keandir.
Der raschelnde Schlag scharfer Lederschwingen ließ sie herumfahren. Malagond griff instinktiv zu seinem Bogen, und mit einer blitzschnellen Bewegung zog er einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn an die Sehne.
Ein geflügelter Affe stürzte sich von einem Felsvorsprung und
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