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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01
Autoren: Alfred Bekker
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nicht die Gestade der Erfüllten Hoffnung sein können und wir unser eigentliches Ziel noch lange nicht erreicht haben. Aber vielleicht liegt dort auch gar nicht unsere Bestimmung. Vielleicht liegt sie hier. Kean, könnte das möglich sein?«
»Ich weiß es nicht«, murmelte er.
Andererseits musste er zugeben, dass die Schwangerschaft der Elbenkönigin ein deutlicher Hinweis des Schicksals war. Zumindest war er sich sicher, dass die Weisen unter den Elben dieses Ereignis so interpretieren würden. Zudem wusste der König, wie sehr sich ein großer Teil seines Volkes danach sehnte, die Reise endlich beenden zu können.
»Dürfen wir wirklich an einem guten Land vorbeisegeln, um eine ungewisse Reise fortzusetzen?«, fragte Ruwen. »Viele von uns bezweifeln inzwischen, dass es die Gestade der Erfüllten Hoffnung überhaupt gibt.«
König Keandir mochte darauf in diesem Moment nicht antworten. Er strich seiner geliebten Ruwen zärtlich über das Haar und sagte: »Warten wir erst einmal ab, was uns an Land erwartet. Vielleicht handelt es sich ja nur um einen aus dem Meer ragenden einsamen Felsen.«
Ruwen lächelte. Ihre Augen strahlten. »Ich werde verhindern müssen, dass du die empfindliche Seele unseres ungeborenen Kindes weiter mit Pessimismus belastest, geliebter Kean!«
»So?«
Ihre Züge nahmen einen Ausdruck von gespieltem Zorn an.
»Ja!«, sagte sie entschieden, und ehe er noch etwas erwidern konnte, verschloss sie ihm mit einem Kuss den Mund. Sowohl Merandil als auch der einäugige Prinz Sandrilas blickten dezent zur Seite.
Die Möwe umflatterte noch immer die Masten des Flaggschiffs. Etwas fiel vom Himmel und traf den messingfarbenen Helm Merandils. Die Ausscheidung des Vogels schmierte über die edlen Verzierungen.
»Das neue Land scheint Euch in besonderer Weise willkommen zu heißen, werter Merandil!«, stieß der einäugige Prinz Sandrilas in einem Anflug von Heiterkeit hervor.
Die ersten Schiffe erreichten die fremde Küste. Es gab überall flache Anfurten vor schmalen Sandstränden, an die sich zerklüftete Felshänge anschlossen.
Mehrere der Schiffe sammelten sich in einer Bucht, während die vielen anderen im Meer vor Anker gingen. Beiboote wurden zu Wasser gelassen. König Keandir stand am Heck einer dieser Barkassen und blickte immer wieder zurück zur
»Tharnawn«, wo Ruwen an der Reling stand und ihm nachsah. Er wäre gern bei ihr geblieben, aber von einem König der Elben erwartete man, dass er voranging, wenn die Schiffe vor
unbekannten Küsten ankerten. Keandir wusste sehr wohl, dass seine Autorität in dem Moment zu bröckeln beginnen würde, wenn er andere vorausschickte. Und wenn es später im Kronrat darum ging, ob es besser war, die Reise fortzusetzen oder sich in diesem unbekannten Land niederzulassen, musste sein Wort Gewicht bei den Ratsmitgliedern haben, wenn er ihre Entscheidung beeinflussen wollte.
Keandir gehörte mit einer Gruppe von zwanzig getreuen Elbenkriegern – darunter auch Prinz Sandrilas und der Hornbläser Merandil – zu den Ersten, die an Land gingen. Sie sprangen aus den Booten und zogen sie an den sandigen Strand.
Eine schroffe Felswand erhob sich nur etwa hundert Schritte vom Wasser entfernt. Und was sich den Elben dort offenbarte, verschlug ihnen schier den Atem.
Ein offenbar vor Urzeiten in den Fels gehauenes Relief ragte vor ihnen auf. Es zeigte in ungewöhnlicher künstlerischer Perfektion geflügelte affenartige Wesen, die mit Speeren und Dreizacken bewaffnet waren. Sie trugen nichts am Leib als ihr Fell, und ihre Gesichter wurden von mächtigen Hauern dominiert.
Der fratzenhafte Blick all dieser in den Stein gehauenen Figuren schien direkt auf die Ankömmlinge gerichtet zu sein. An diesem Eindruck änderten auch die unübersehbaren Spuren nichts, die Wind und Wetter über Zeitalter hinweg in dem Relief hinterlassen hatten. Ein Schauder erfasste Keandir beim Anblick dieser Hinterlassenschaften unbekannter Steinmetze.
»Wir sind offenbar nicht die Ersten, die dieses Land betreten«, stellte Merandil fest, der seinen Helm inzwischen mit Meerwasser vom Willkommensgruß der Möwe gereinigt hatte.
Der Vogel war ihnen gefolgt und kreiste erneut über ihren
Köpfen, was Prinz Sandrilas zu einer spitzen Bemerkung
veranlasste. »Ihr scheint eine treue Gefolgschaft gewonnen zu haben, mein lieber Merandil. Oder ist es am Ende nur der prahlerische Glanz Eures Helms, der Euch zu einer besonders attraktiven Zielscheibe macht?«
Die Möwe stieß plötzlich einen Schrei aus und
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