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Bullet Catcher: Jack (German Edition)

Bullet Catcher: Jack (German Edition)

Titel: Bullet Catcher: Jack (German Edition)
Autoren: Roxanne St. Claire
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Prolog
    Camille-Griffin-Graham-Strafvollzugsanstalt
    Columbia, South Carolina
    1984
    Eileen Staffords Zellentür sprang scheppernd auf. Es war halb sieben Uhr morgens. Sie blinzelte schlaftrunken und drehte sich auf ihrer Pritsche herum. Vor ihr stand der Wärter, den alle Insassen nur »Böser Blick« nannten, und starrte aus seinen schwarzen Augen auf sie herab.
    Einen kurzen, irren Moment lang rechnete Eileen damit, in die Freiheit entlassen zu werden.
    Miss Stafford, die Gerichte des Staates South Carolina haben Ihren Fall noch einmal eingehend untersucht und sind zu der Erkenntnis gelangt, dass …
    Ihre Fantasie endete mit dem Einrasten der Handschellen, die sich um ihre schmalen Gelenke schlossen. Böser Blick führte sie am Ellbogen nach draußen. Die Hoffnung zerstob an diesem Ort ebenso schnell wie die Tagträume, die sie am Leben erhielten.
    Schweigend schritten sie durch einen schwach beleuchteten Flur auf einen Schalter zu, wo Böser Blick dem Wärter etwas zumurmelte, das dieser mit Überraschung quittierte. Dann öffnete sich die Außentür; kühle Herbstluft umfing Eileen und drang über ihren gefesselten Handgelenken in die Ärmel ihres grauen Overalls.
    Erneut keimte Hoffnung in ihr auf. Vielleicht hatte endlich jemand herausgefunden, wer Wanda Sloane wirklich ermordet hatte. Warum sonst sollte man sie um diese Uhrzeit aus dem Schlaf reißen? Vielleicht war ein neuer Hinweis aufgetaucht, oder ein Zeuge hatte ausgesagt.
    Hastig schlurfte sie mit ihren viel zu großen Pantoffeln über den betonierten Weg, und doch fiel es ihr schwer, mit Böser Blick Schritt zu halten, während sie im trüben Dämmerlicht einen trostlos grauen Bau nach dem anderen passierten.
    Vor einem eingezäunten Grundstück blieben sie schließlich stehen. Der Bungalow war frisch gestrichen, die Fenster blitzten und rundherum wuchsen Sträucher und Büsche. Das musste das Büro des Anstaltsleiters sein.
    Entgegen jeglicher Vernunft verspürte sie wieder Hoffnung in sich aufkeimen. Vielleicht hatte eines der Mädchen …
    Nein. Sie hatte ihre Töchter für immer verloren, drei Samen, vom Wind davongetragen, und sie konnte nur noch beten, dass die Mädchen mit ihren sieben Jahren ein behütetes Leben lebten und nie erfuhren, was die Frau, die ihnen das Leben geschenkt hatte, einst getan hatte, und warum.
    Ihr Begleiter hämmerte gegen die Tür. Eileens Herz raste.
    Sie sah ihn verstohlen von der Seite an. »Was … was ist denn los?«
    Sein Blick war voller Verachtung. »Besuch.«
    Sie hatte nie Besuch. So gut wie nie.
    Vielleicht ein Verteidiger? Ein richtiger Verteidiger, nicht so einer wie der Versager, den sie für den Prozess bestochen und danach für immer aus Charleston verbannt hatten?
    Die Tür wurde von einem Mann geöffnet, den sie noch nie gesehen hatte. Er war klein und untersetzt und trug eine Brille auf seiner pockennarbigen Nase.
    »Sie können jetzt gehen«, sagte er zu Böser Blick und winkte Eileen ins Haus. »Und Sie gehen hier rein.«
    Eileen blickte sich in dem leeren Eingangsraum um. Es gab weder einen Empfangsschalter noch Wärter noch andere Gefängnisinsassen. Nur Linoleum auf dem Fußboden und vier Türen.
    Sie machte ein paar Schritte auf die Tür zu, die der Mann ihr zugewiesen hatte, und warf im Vorbeigehen einen raschen Blick in einen der anderen Räume. Er enthielt nichts weiter als eine Doppelpritsche mit zerwühlten Laken.
    Oh Gott, ein Zimmer für Familienbesuche! Ihr Magen ballte sich vor Furcht zusammen, und sie fühlte sich benommen.
    »Los, da rein«, sagte der Mann. »Er wartet schon auf Sie.«
    »Tut mir leid, ich …«
    »Rein jetzt in das verdammte Zimmer und Klappe halten! Er wartet auf Sie.«
    Konnte es sein, dass tatsächlich er hierhergekommen war und diesen Mann bestochen hatte, um Sex mit ihr zu haben? Nachdem er dafür gesorgt hatte, dass sie für einen Mord büßte, den er begangen hatte?
    Natürlich konnte das sein. Er war zu allem fähig.
    Wortlos ging sie auf die Tür zu und hob ihre gefesselten Hände, um den Knauf zu drehen. Quietschend öffnete sich die Tür. Dahinter wurde abermals eine Doppelpritsche sichtbar – sie war leer. Eileen trat in den Raum, den Blick auf den Linoleumboden gerichtet.
    »Hallo, Leenie.«
    Er war es nicht selbst. Doch diesen Mann hasste sie beinahe genauso wie ihn. Sie sah auf und blickte in nussbraune Augen unter buschigen Brauen, die Augen, welche sie während ihres Prozesses hassen gelernt hatte. Im Zeugenstand hatte er eine Lüge nach der
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