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Das Rattenloch

Das Rattenloch

Titel: Das Rattenloch
Autoren: Jason Dark
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Ratten wissen auch, was gut schmeckt.«
    Sie lachte. Es klang wenig echt. Dann wischte sie über die Stirn, auf der einige Schweißtropfen lagen. »Ich werde meinem Mann sagen, dass er sich darum kümmern muss.«
    »Sie hatten schon öfter mit Ratten zu tun – oder?«
    »Hin und wieder«, gab sie mit einem schmerzlichen Lächeln zu. »Das ist die Natur. Man kann sie nicht ausrotten. Aber hier im Laden – da sind sie eigentlich nie gewesen.«
    Sie hatte versucht, es mit Überzeugung zu sagen, aber so recht konnte ich ihr nicht glauben. Ich hielt mich allerdings mit einem Kommentar zurück und bat um die Rechnung, die ich auch bekam. Versehen mit der Bitte, diesen Vorfall nicht unbedingt in die Welt zu tragen.
    »Ich werde mich hüten.«
    »Bitte, ziehen Sie die Flasche Whisky von der Summe ab. Das haben Sie sich auf den Schreck hin verdient.«
    Diesmal musste ich lachen. »Dabei weiß ich nicht, wer sich mehr erschreckt hat. Die Ratte oder ich.«
    »Spielt auch keine Rolle. Wir werden wieder Fallen aufstellen und Gift streuen.«
    »Wieder?«, fragte ich leise.
    Sie zuckte mit den Schultern und sagte: »Es ist nun mal so.«
    Ich winkte ab. »Machen Sie sich darüber nicht zu viele Gedanken, Madam. Ratten gibt es nicht nur auf dem Lande, sie breiten sich auch in der Großstadt aus. Da kann ich sogar London als ein großes Beispiel anführen.«
    »Auch in New York, nicht?«
    »Habe ich ebenfalls gehört.«
    »Schrecklich. Da denkt man, man wäre die Plage los, und dann passiert so was.«
    Ich hatte das Geld hervorgeholt und legte es auf die Theke. Es passte sogar, und ich bekam nichts mehr zurück. Aber die Besitzerin nagte betreten an ihrer Unterlippe. Ihr war das alles nicht sehr geheuer und unangenehm.
    »So, dann werde ich jetzt fahren und mich für einige Tage in die Einsamkeit zurückziehen. Und Sie brauchen keine Sorgen zu haben. Vor Ratten fürchte ich mich nicht.«
    »Klar, das ist so. Aber es ist schon unangenehm.«
    »Damit muss man leben.«
    Ich verließ den Laden und ließ eine sicherlich nachdenkliche Frau zurück. Allzu überrascht war sie mir nicht vorgekommen. Ich befand mich noch nicht lange in Gateside, und trotzdem war ich schon zweimal mit Ratten konfrontiert worden.
    Erst hatte mich das Mädchen darauf angesprochen, und nun hatte ich selbst eine gesehen. Das war nichts, über das ich lächeln konnte.
    War Gateside ein Rattennest?
    Ich konnte über diesen Vergleich nicht mal lachen. Aber irgendwie traf es zu.
    Bevor ich in den Range Rover stieg, schaute ich mich um. Es war noch nicht Mittag oder soeben, und am Himmel hatte sich eine helle Oktobersonne ausgebreitet, die allerdings nicht mehr die Kraft hatte wie noch vor ein paar Wochen. Sie sorgte für Helligkeit und nicht unbedingt für Wärme. Ihre Strahlen malten den kleinen Ort in der schottischen Einsamkeit an und gaben ihm einen fast kitschigen Touch, der nach Postkarte aussah.
    Hier war alles sauber und klar. Sogar die Rauchwolken aus den Kaminöffnungen sahen sauberer aus als in London. Das war natürlich Einbildung, aber mir kam es so vor.
    Im Ort sah ich nur wenige Menschen. Und wenn, dann standen sie zusammen und sprachen miteinander. Vielleicht über die Ratten? Gateside hatte ein Problem und die Umgebung ebenfalls. Es war bisher nur unter der Decke gehalten worden.
    Ich stieg ein.
    Wenig später hatte ich Gateside hinter mir gelassen und war von der Landschaft verschluckt worden...
    ***
    Allein sein. Seine eigenen Gedanken fließen lassen. Tief durchatmen. Keinen Lärm, keine Hektik und auch bereit sein, den Stress zu ignorieren.
    Dies alles kam mir während des Fahrens in den Sinn. Hier konnte die Seele wirklich baumeln, wenn man die entsprechende Bereitschaft mitbrachte und sich nicht scheute, eins zu werden mit der gewaltigen Natur.
    Die Berge in der nahen Umgebung waren nicht sehr hoch. Keine Alpen, aber sie waren bewaldet, und manche Täler verdienten durchaus den Begriff eng. Den Asphalt der Straße hatte ich längst verlassen. Ich fuhr nach Nordwesten und nahm dabei einen Weg, der unterschiedlich breit war. Meine Begleiter waren Espen, die kleine rote Herbstfrüchte trugen. Auch Fichten, Tannen und Birken. Letztere waren dabei, ihr Laub schon zu verlieren. Gelbbraun rieselten die kleinen Blätter dem Boden entgegen, der immer ein wenig feucht war.
    Ich musste des Öfteren um Felsnasen herumfahren, in denen sich dicke Baumwurzeln festkrallten. An der linken Seite tauchte hin und wieder ein Bach auf. Das musste der Creek sein, von
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