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Das Programm

Titel: Das Programm
Autoren: Michael Ridpath
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Niederungen gen Westen jagten. Der Zug rührte sich nicht vom Fleck. Einen Augenblick lang klatschten vereinzelte Regentropfen schwer gegen die Wagenfenster, dann schien eine Wasserwand gegen das Glas zu schlagen. Der schwere Eisenbahnwagen schwankte im Sturm.
    Wütend und enttäuscht starrte Chris in den Regen. Der Zug würde Verspätung haben. Keine Chance mehr, dass er vor Eric und Megan in den Pub kam. Was würde Eric ihr antun? Chris konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihr was passierte. Aber wenn sie ihm alles erzählte, was Chris entdeckt hatte, blieb Eric dann noch eine andere Wahl?
    Es sei denn … Es sei denn, Eric hatte vor, sie zu verführen. Bestimmt würde sie das nicht zulassen. Chris wusste nicht, ob es Instinkt oder Eifersucht war, aber er befürchtete, dass es doch geschehen könnte. Einen Augenblick lang war der Gedanke für Chris fast genauso schrecklich wie die Furcht, dass sie sterben könnte.
    Aus seinen sorgenvollen Gedanken riss ihn eine Ansage in der Lautsprecheranlage des Zuges. Es gebe ein Problem an einem Bahnübergang unmittelbar vor ihnen, aber der Zug werde in Kürze weiterfahren.
    Er tat es nicht.

8
    Megan war noch fast einen halben Kilometer vom Fort St. George entfernt, als der Regen losprasselte. Sie sah den Pub am Fluss, inmitten der weitläufigen Anlagen von Midsummer Common und Jesus Green. Als der Regen sich in einen Wolkenbruch verwandelte, setzte sie ihren Weg im Laufschritt fort, war aber völlig durchnässt, als sie den Pub erreichte.
    Das Lokal war fast leer. Keine Spur von Eric. Sie blickte auf die Uhr: zehn Minuten zu früh. Sie holte sich einen halben Liter Bitter und setzte sich in einen kleinen Raum mit einem Kamin, der in einer Ecke glühte. Sie nieste, als sie sich das feuchte Haar aus den Augen strich.
    Der Gedanke, Eric zu sehen, machte sie nervös, aber sie war auch voller Erwartung. Zwar hatte sie keine Ahnung, was sie ihm sagen sollte, aber sie wusste, was sie in Erfahrung bringen wollte: ob ihre Zukunft in irgendeiner Weise etwas mit der seinen zu tun hätte. Irgendwie wusste sie, dass sie es heute Abend herausfinden würde.
    Sie hörte, wie die Tür des Pubs laut ins Schloss fiel, und einen Augenblick später schaute Eric um die Ecke. Das Wasser tropfte ihm von Haar, Nase und Kleidern. Sie lächelte ihm zu. Er trat zu ihr, küsste sie auf die Wange und brachte einen Hauch von Kälte, Wind und Regen mit. Nach ein paar Worten der Begrüßung ging er, um sich auch ein Bier zu holen. Eine Minute später saß er ihr gegenüber, neben dem Kamin.
    »Grässliches Wetter«, sagte er schaudernd.
    »Man gewöhnt sich dran.«
    »Woher kommt der Wind? Aus der Arktis?«
    »Wahrscheinlich.«
    Lange und ausführlich widmete sich Eric seinem Bierglas. »Ist die Geschichte mit Ian nicht unglaublich?«, fragte er schließlich.
    »Entsetzlich.«
    »Erst Lenka und jetzt er.« Eric schüttelte den Kopf. »Und dieses Messer auf deinem Kopfkissen. Das Ganze ist so grauenhaft.«
    »Wohl wahr.«
    »Ich mach mir Sorgen um dich, Megan. Und ich finde es bedenklich, dass Chris zur Polizei geht. Ich meine, egal, wer dahinter steckt, er wird bestimmt keine Ruhe geben. Bitte, pass auf dich auf.«
    Scheu lächelte Megan ihm zu. »Mach ich«, sagte sie. Nervös nahm sie einen kleinen Schluck von ihrem Bier. Es war an der Zeit, ihn zu fragen. Sie musste es tun, wenn sie seiner jemals wieder sicher sein wollte. »Chris denkt, du hast Ian umgebracht. Und Lenka. Und Alex übrigens auch.«
    Eric schloss die Augen. Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich dachte, Chris würde mich besser kennen.«
    »Hast du es getan?«, fragte Megan und blickte ihm in die Augen.
    »Wie kannst du das fragen?«, sagte er.
    »Hast du?«, wiederholte sie.
    Eric hielt ihren Blick fest. »Nein«, sagte er kaum hörbar. »Nein, ich habe sie nicht umgebracht.«
    Einige Sekunden lang saßen sie da und blickten sich stumm an. Megan wurde von den Erinnerungen an die Zeit überwältigt, als sie Eric so bedingungslos liebte.
    »Glaubst du mir?«, fragte er schließlich und blickte sie immer noch unverwandt an.
    »Ja«, sagte sie. »Ja.«
    Eric lächelte. »Gut. Aber warum glaubt Chris, dass ich sie umgebracht habe? Und wie um Gottes willen soll ich Alex umgebracht haben? Wenn überhaupt jemand, dann hat Duncan es getan, oder?«
    Megan erklärte ihm ausführlich, wie Chris die Sache sah. Als sie fertig war, machte Eric ein nachdenkliches Gesicht.
    »Aber er hat doch überhaupt keine Indizien. Das sind doch reine
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